13 - Wo kein Zeuge ist
fassen, rasch erholen, und dann werden sie sich auf ihn stürzen wie Fliegen auf einen faulen Apfel. Aber in der Zwischenzeit haben wir in vier Mordfällen zu ermitteln, und zwar gründlich, und das werden wir nicht schaffen ohne die Kooperation genau der Mordkommissionen, die Sie als bigott und korrupt bloßstellen wollen. Verstehen Sie das?«
Nkata dachte darüber nach. Schließlich sagte er: »Ich will wirklich beteiligt werden an dieser Sache. Ich habe nicht die Absicht, Hilliers Lakai bei diesen Pressekonferenzen zu sein.«
»Verstanden und genehmigt«, erwiderte Lynley. »Sie sind jetzt Detective Sergeant. Das wird niemand vergessen. Machen wir uns an die Arbeit.«
Die Einsatzzentrale war unweit von Lynleys Büro eingerichtet worden. Dort saßen bereits uniformierte Police Constables an Computern und erfassten die Informationen, die als Reaktion auf Lynleys Anfrage aus den Polizeiwachen, in deren Revier die früheren Opfer gefunden worden waren, hereinkamen. Tatortfotos waren an große Tafeln geheftet worden, andere enthielten Einsatzpläne mit den Namen der Teammitglieder und den Identifikationsnummern der Ermittlungsarbeiten, die ihnen zugeteilt waren. Die Techniker hatten drei Videostationen aufgebaut, sodass irgendjemand die Aufzeichnungen aller relevanten Überwachungskameras auswerten konnte - wo und falls es sie im Bereich der Fundorte gab. Die dazugehörigen Kabel schlängelten sich über den Fußboden. Die Telefone klingelten bereits. Lynleys langjähriger Kollege Detective Inspector John Stewart und zwei Detective Constables nahmen die Anrufe entgegen. Stewart saß bereits an einem auffallend aufgeräumten Schreibtisch.
Barbara Havers war dabei, Computerausdrucke mit einem gelben Marker zu bearbeiten, als Lynley und Nkata hereinkamen. Neben ihr standen eine geöffnete Schachtel Mr. Kipling-Erdbeermarmeladenkekse und eine Tasse Kaffee, die sie mit einer Grimasse leerte, gefolgt von: »Verdammter Mist. Kalt.« Dann sah sie sehnsüchtig auf die Packung Players, die halb unter einem Stapel Ausdrucke versteckt lag.
»Denken Sie nicht mal dran«, riet Lynley. »Was haben Sie von SO5 bekommen?«
Sie legte den Marker beiseite und massierte ihre Schultermuskeln. »Das sollten wir der Presse lieber vorenthalten.«
»Das fängt ja gut an«, kommentierte Lynley. »Lassen Sie hören.«
»Die Datenbanken der jugendlichen Straftäter und vermissten Personen ergeben für die letzten drei Monate eine Trefferzahl von eintausendfünfhundertvierundsiebzig.«
»Verdammt.« Lynley nahm ihr die Ausdrucke ab und blätterte sie ungeduldig durch. Am anderen Ende des Raums beendete DI Stewart ein Telefonat und vervollständigte seine Notizen.
»Wenn Sie mich fragen, hat sich nicht viel geändert, seit die Presse der Abteilung SO5 zum letzten Mal die Hölle heiß gemacht hat, weil sie ihre Daten nicht aktualisieren«, meinte Barbara. »Man sollte doch annehmen, sie wollen nicht schon wieder eine Torte ins Gesicht.«
»Das sollte man meinen«, stimmte Lynley zu. Die Namen vermisster Kinder wurden routinemäßig in das Computersystem eingegeben. Aber oft kam es vor, dass der Name nicht gelöscht wurde, wenn das Kind wieder gefunden worden war. Auch wurden sie nicht zwangsläufig gelöscht, wenn die Vermissten als jugendliche Straftäter oder unter Vormundschaft der Jugendämter wieder auftauchten. Die Rechte wusste nicht, was die Linke tat, und nicht selten hatte diese Ineffizienz der Vermisstenabteilung in der Vergangenheit Ermittlungen beinahe völlig zum Stillstand gebracht.
»Ich sehe schon Ihrem Gesicht an, was Sie sagen werden, Sir, aber das hier kann ich unmöglich allein schaffen. Über fünfzehnhundert Namen? Bis ich die alle durchgeackert habe, hat dieser Kerl« - sie wies zu den Fotos an der Tafel -»seine nächsten sieben Opfer erledigt.«
»Wir besorgen Ihnen Verstärkung«, versprach Lynley. Er wandte sich an Stewart: »John? Beschaff uns mehr Leute hierfür. Die Hälfte soll sich ans Telefon hängen und herausfinden, ob diese Kinder hier inzwischen wieder aufgetaucht sind, die andere Hälfte soll die Vermisstenlisten mit den Opfern vergleichen und versuchen, eine Zuordnung zustande zu bringen. Jeder noch so geringen Chance, die Leichen zu identifizieren, muss nachgegangen werden. Was sagt die Sitte zu dem jüngsten Opfer? Hat Theobald's Road uns irgendwelche Informationen über den Jungen in St. George's Gardens gegeben? Oder Kings Cross? Und wie steht es mit Tolpuddle Street?«
DI Stewart griff nach
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