13 - Wo kein Zeuge ist
soll eigentlich nach Hause fahren und sich ausruhen, aber Mr. St. James glaubt, dass er vielleicht irgendwann im Laufe des Tages hierher kommt. Er wusste nicht genau, wann.«
»Er kommt zurück zur Arbeit?« Das konnte Nkata einfach nicht glauben.
Harriman schüttelte den Kopf. »Wenn er herkommt, glaubt Mr. St. James, wird er zum Büro des Assistant Commissioner gehen. Er glaubt, irgendwer sollte ...« Sie zögerte, ihre Stimme klang unsicher. Sie hob eine Hand an die Lippen und fuhr entschlossener fort: »Er glaubt, irgendwer sollte bereitstehen, um sich um ihn zu kümmern, wenn er herkommt, Detective Sergeant.«
Barbara Havers saß untätig im Verhörzimmer der Polizeiwache Holmes Street, während der Anwalt, der die Interessen von Barry Minshall vertrat, geholt wurde. Ein mitfühlender Constable am Empfang hatte nur einen Blick auf sie geworfen und gefragt: »Mit oder ohne Milch?«, als sie eintrat.
Jetzt saß sie vor ihrem Kaffee - mit Milch -, die Hände um den Becher gelegt, der die Form einer Karikatur des Prinzen von Wales hatte. Sie trank, ohne wirklich etwas von dem Gebräu zu schmecken. Ihre Zunge sagte ihr »heiß und bitter«. Das war alles. Sie starrte auf ihre Hände, erkannte, wie weiß die Knöchel waren, und bemühte sich, den Griff um die Tasse zu lockern. Sie hatte die Information nicht erhalten, die sie wollte, und es gefiel ihr nicht, im Dunkeln zu tappen.
Sie hatte Simon und Deborah St. James zu einem Zeitpunkt angerufen, da sie hoffen konnte, sie nicht aus dem Bett zu werfen. Doch sie erreichte nur ihren Anrufbeantworter und vermutete, dass die beiden das Krankenhaus entweder gar nicht verlassen hatten oder vor Tagesanbruch dorthin zurückgekehrt waren, um auf Neuigkeiten über Helen zu warten. Deborahs Vater war auch nicht da. Barbara sagte sich, dass er vermutlich den Hund spazieren führte. Sie hatte aufgelegt, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Sie hatten Besseres zu tun, als sie anzurufen und ihr die Neuigkeiten mitzuteilen, die sie auch auf anderem Weg in Erfahrung bringen konnte.
Doch ein Anruf im Krankenhaus erwies sich als noch sinnloser. Handys durften innerhalb der Klinik nicht benutzt werden, also blieb ihr nichts anderes übrig, als sich mit dem Schwesternzimmer verbinden zu lassen, wo sie keinerlei Informationen bekam. Lady Ashertons Zustand sei unverändert, sagte man ihr. Was das heiße, wollte sie wissen. Und wie stand es mit dem Baby? Sie bekam keine Antwort. Ein Zögern, ein Rascheln von Papier und dann: Man bedaure, aber man sei nicht autorisiert ... Barbara hatte aufgelegt und die mitfühlende Stimme einfach abgeschnitten, vor allem, weil sie so mitfühlend klang.
Sie hatte sich gesagt, dass Arbeit das beste Schmerzmittel sei, also hatte sie ihre Sachen zusammengesucht und ihren Bungalow verlassen. Dann sah sie jedoch, dass in der Erdgeschosswohnung des Vorderhauses die Lichter brannten. Sie hielt nicht inne, um nachzudenken. Als sie hinter den Vorhängen der Glastür eine Bewegung wahrnahm, änderte sie den Kurs und ging dorthin. Sie klopfte an, denn sie wusste nur, dass sie etwas brauchte, und dieses Etwas war wirklicher Kontakt mit einem menschlichen Wesen, und sei er noch so kurz.
Taymullah Azhar kam an die Tür, in der einen Hand einen Schnellhefter, in der anderen einen Aktenkoffer. Irgendwo hinter ihm in der Wohnung lief Wasser, und Hadiyyah sang - ein wenig schief, aber was machte das schon: »Sometimes we'll sigh, sometimes we'll cry ...« Buddy Holly, erkannte Barbara. Hadiyyah sang »True Love Ways«. Barbara hätte heulen können.
Azhar sagte: »Barbara. Wie schön, Sie zu sehen. Ich bin ja so froh ... Stimmt etwas nicht?« Er stellte den Aktenkoffer ab und legte den Hefter darauf. Bis er sich ihr wieder zuwandte, hatte Barbara es geschafft, sich zusammenzunehmen. Möglicherweise weiß er es noch nicht, dachte sie. Wenn er noch keine Zeitung gelesen, weder Radio noch Fernsehnachrichten eingeschaltet hatte ...
Sie konnte sich nicht dazu durchringen, über Helen zu sprechen. Stattdessen sagte sie: »Viel Arbeit. Eine schlimme Nacht. Nicht viel geschlafen.« Das Friedensgeschenk fiel ihr ein, das sie gekauft hatte, und sie durchwühlte ihre Tasche, bis sie es gefunden hatte: Der Fünf-Pfund-Noten-Trick für Hadiyyah. Verblüffe deine Freunde. Erstaune deine Familie. »Ich hab das hier für Hadiyyah mitgebracht. Ich hab mir gedacht, vielleicht möchte sie's mal ausprobieren. Man braucht einen Fünf-Pfund-Schein dafür. Wenn Sie einen hätten ... Sie
Weitere Kostenlose Bücher