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13 - Wo kein Zeuge ist

13 - Wo kein Zeuge ist

Titel: 13 - Wo kein Zeuge ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Details als dieses gab, die sie auf den Titelseiten der Boulevardblätter hätten ausschlachten können. Und Lynley wusste, wie die Medien funktionierten: Sie kämen niemals auf die Idee, ein grässliches Detail zurückzuhalten, wenn die Chance bestand, damit die Auflage um weitere zweihunderttausend zu erhöhen. Es sprach also vieles dafür, dass sie noch kein grässliches Detail in Erfahrung gebracht hatten, woraus man den Schluss ziehen durfte, dass dieser Mord keine Nachahmung der früheren Morde war, sondern der Letzte in einer Reihe, die alle die Handschrift desselben Mörders trugen.
    Das war die Person, die sie finden mussten, und zwar schnell. Denn Lynley war durchaus in der Lage, die psychologischen Folgerungen aus allem, was Hamish Robson ihnen heute Morgen über den Täter gesagt hatte, zu ziehen: Der Mörder war seinem letzten Opfer mit Verachtung begegnet und hatte keinerlei Reue empfunden, also hatte eine Eskalation eingesetzt.

9
    Nkata gelang es, das Gebäude an der Victoria Street zu verlassen, ohne Hillier in die Arme zu laufen. Er hatte eine SMS von Hilliers Sekretärin auf dem Handy, die besagte, dass ›Sir David eine Besprechung vor der nächsten Pressekonferenz‹ wünsche, aber er beschloss, sie zu ignorieren. Hillier wollte sich in etwa so dringend mit ihm besprechen wie er eine ordentliche Dosis Ebola-Viren abbekommen wollte, und das war eine Tatsache, die Nkata bei jedem Zusammentreffen mit Hillier zwischen den Zeilen gelesen hatte. Er war es leid, der Alibibulle zu sein, der bei den Pressekonferenzen an den richtigen Stellen nickte und als Beweis dafür herhielt, dass Minderheiten bei Scotland Yard Chancengleichheit genossen. Er wusste, wenn er bei dieser Propaganda noch lange mitspielte, würde er seinen Beruf, seine Kollegen und sich selbst irgendwann hassen. Das war niemandem gegenüber fair. Also flüchtete er im Anschluss an die Besprechung in der Einsatzzentrale aus dem Scotland-Yard-Gebäude. Ambra-Öl war seine Ausrede.
    Er fuhr über den Fluss nach Gabriel's Wharf, einem asphaltierten Karree am Ufer auf halbem Weg zwischen zwei der Brücken, die die Themse überspannten - Waterloo und Blackfriars. Es war ein Platz für Sommerwetter, ohne jegliche Überdachung. Trotz der bunten Lichterketten, die kreuz und quer gespannt waren und sogar jetzt bereits brannten, obwohl noch Tag war, fand sich auf Gabriel's Wharf im Winter wenig Publikum. Kein einziger Kunde war im Fahrrad- und Inlineverleih, und auch wenn einige wenige an den kleinen, schäbigen Galerien entlangschlenderten, die den Platz säumten, lagen die übrigen Läden nahezu verlassen da. Restaurants und Imbissstände, die im Sommer die Nachfrage nach Crepes, Pizza, Sandwiches, Folienkartoffeln und Eis sicher kaum befriedigen konnten, fanden jetzt keinerlei Interesse.
    Nkata entdeckte Crystal Moon zwischen zwei Schnellimbissen: Crepes zur Linken und Sandwiches rechts. Das Geschäft lag an der Ostseite des Platzes, wo die Läden und Galerien vor einer Reihe Mietshäuser standen. Die Obergeschosse dieser Häuser waren vor langer Zeit mit Fenstern bemalt worden, die so unterschiedlich waren, dass man beim Betrachten das Gefühl bekam, zu Fuß durch Europa zu eilen. Fenster des georgianischen London wichen binnen vier Schritten dem Pariser Rokoko, was wiederum von der venezianischen Renaissance abgelöst wurde. Es war unbestreitbar ausgefallen und passte somit zu Gabriel's Wharf an sich.
    Crystal Moon verströmte einen etwas wunderlichen Charme, lockte den Besucher durch einen Perlenvorhang ins Innere, der das Bild einer Galaxie unter einem grünen Halbmondkäse zeigte. Nkata kämpfte sich hindurch und öffnete die Tür dahinter. Er rechnete damit, von einer Hippiebraut in langen Wallegewändern begrüßt zu werden, die sich Aphrodite oder irgendetwas in der Art nannte, in Wirklichkeit aber Kylie aus Essex war. Stattdessen sah er eine großmütterliche Frau auf einem hohen Hocker an der Kasse sitzen. Sie trug ein zartrosa Twinset mit einer Kette aus violetten Glasperlen, und sie blätterte in einer Illustrierten. Ein Räucherstäbchen, das neben ihr in einer Schale brannte, erfüllte die Luft mir Jasminduft.
    Nkata nickte, trat aber nicht gleich zu ihr, sondern er verschaffte sich einen Überblick über das Angebot. Kristalle dominierten wie zu erwarten: Sie hingen an Schnüren, verzierten kleine Lampenschirme, waren in Kerzenhalter eingelassen oder lagen lose in kleinen Körben. Aber ebenso gab es Räucherstäbchen, Tarotkarten,

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