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130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen

130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen

Titel: 130 - Das Mädchen mit den Monsteraugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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über der linken Brust herunter. Im Hemd selbst waren zahlreiche Löcher, durch die die blanke Haut schimmerte.
    »Ich sehe fürchterlich aus, ich weiß ...« Ihre weibliche Eitelkeit drang durch, und sie wußte selbst nicht, wie sie in einem solchen Augenblick dazu kam, das verschrumpelte Nachthemd glattzustreichen. »Ich hatte einen Unfall .«
    Er konnte sein Lächeln nur mühsam verbergen. »Im Nachthemd ?« sagte er verschmitzt.
    »Ich bin völlig normal. Bitte, das müssen Sie mir glauben. Ich bin vielleicht ein wenig durcheinander. Es ... es gab eine Szene mit meinem Mann ... wir haben uns schrecklich gestritten ... Er hat mich bedroht... Da bin ich aus dem Haus gelaufen, so wie ich war... Ich war völlig kopflos. Ich bin einfach losgefahren, weg von der Straße und querfeldein, weil ich nicht wollte, daß er mich mit dem anderen Wagen verfolgt und vielleicht einholt...« Sie bekam die Story aus Halbwahrheit und Erfindung gut zusammen, ohne zu stocken. Sie konnte alles erzählen, wie es wirklich war. Nur die Sache mit dem Mord mußte sie weglassen, um sich nicht bloßzustellen, aber auch um dem Fremden nicht vor den Kopf zu stoßen, der sich so rührend um sie gekümmert und ihr mit großer Wahrscheinlichkeit das Leben gerettet hatte. »In meinem Zorn habe ich nicht auf die Richtung geachtet... Ich fuhr kreuz und quer durch die Landschaft und fand die Piste nicht mehr. Ich bin wahrscheinlich stundenlang im Kreis gefahren, bis das Benzin alle war. Da mußte ich wohl oder übel laufen. Es fing an dunkel zu werden. Ich trat mir fast die Füße wund, in der Hoffnung, auf einen Eingeborenen zu stoßen .. . oder auf eine Siedlung. Ich weiß nicht mal, wo ich bin.
    »Ich kann es Ihnen auf der Karte zeigen ... Übrigens mein Name ist Hein Kilian .«
    »Angenehm. Vivian Mail.«
    Er holte die Karte aus dem Wohnmobil und zeigte ihr die Stelle, an der sie sich befanden. Dann deutete er hinter den Wohnwagen, und die Frau folgte mit ihrem Blick dem ausgestreckten Finger. »Fünf Meter von hier entfernt verläuft die Piste. Sie führt direkt in das Eingeborenendorf Vuluvulu. Das wollte ich mir morgen bei Tagesbeginn mal ansehen und vielleicht einige Zeit bleiben, um das Leben dieser Menschen zu studieren .«
    Er war Student der Anthropologie, und so war es verständlich, daß er sich für die Aborigines interessierte, die dem Urwelttypus am nächsten kamen und noch steinzeitliche Riten und Kulte betrieben, die noch Nomaden waren und an denen die Zivilisation spurlos vorübergegangen zu sein schien.
    Vivian Mail konnte nicht fassen, daß sie so nahe an Vuluvulu und damit an dem Ort war, wo sie in der Talsenke den Mercury abgestellt hatte.
    Sie erfuhr von dem Deutschen, daß er einen dreimonatigen Trip quer durch den australischen Kontinent plante. Er war im Hafen von Sydney vor drei Wochen mit einem Frachter eingetroffen. Das Wohnmobil hatte er sich dort gemietet und komplett eingerichtet. Nach zehn Tagen Stadtbesichtigung von Sydney lenkte er sein Gefährt tiefer ins Landesinnere. Er wollte die Wüste durchqueren und bis zum äußersten Norden fahren.
    Vivian Mail aß von dem inzwischen leider zu dunkel und zu lang gebratenen Steak. Sie kaute wie auf einem Stück Kautschuk, aber trotzdem schmeckte ihr das Fleisch, eine Scheibe trockenes Brot dazu, danach einen Whisky, und sie fühlte sich wie neugeboren.
    Bis nach Whisinggale waren es acht Meilen, nur eine weiter nordwestlich, mehr den Bergen zu, lag schon Vuluvulu.
    Der Frau kam eine phantastische Idee.
    »Ich möchte Ihnen nicht auf die Nerven fallen, Hein«, sagte sie unvermittelt. »Sie haben schon viel für mich getan . ..«
    »Was habe ich schon getan für Sie, Vivian? Ich habe Ihnen Wasser gereicht, das war alles .«
    »Ich fürchte, es wird unverschämt klingen, wenn ich Sie bitte, mich für zwei oder drei Tage mitreisen zu lassen ?«
    Er hob die Augenbrauen. »Ich hätte nie erwartet, jemals in den Genuß solch charmanter Gesellschaft zu kommen, Vivian. Wenn Sie Ihrem schrecklichen Mann noch eine Zeitlang entfliehen möchten, schließen Sie sich mir bitte an. Ich kann bestimmt ’ne Menge von Ihnen lernen. Sie wissen viel von diesem Land . .. Gleich morgen könnten wir Ihnen in Whisinggale etwas zum Anziehen besorgen. Ich erledige das für Sie, da brauchen Sie sich gar nicht in den Geschäften sehen zu lassen .«
    »Sie sind großartig, Hein !« Vivian Mail war begeistert. Der junge Mann gefiel ihr. Mit dem konnte man Pferde stehlen. »Okay, so machen wir’s auch.

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