1300 - Die Templerin
Probleme. Er hatte Konstanza ja nackt gesehen. Er kannte jeden Flecken an ihrem Körper. Die Haut war so rein, so weich und so glatt gewesen, und sie hatte keine Spuren einer schrecklichen Folter gezeigt. Genau das bereitete ihm Kopfzerbrechen. Es hätte nicht sein können oder sollen. Er hätte die Spuren sehen müssen. So schnell konnte nichts heilen.
Ob sie letztendlich doch eine Tochter des Teufels war und voll unter seinem Einfluss stand?
Egal. Es machte nichts, denn er würde ihr den Teufel schon austreiben, das hatte er sich fest vorgenommen…
***
Die Schreie der jungen Nonne klangen Konstanza noch in den Ohren. Die Frau war schlimm bestraft worden, weil sie etwas aus der Küche gestohlen hatte, um ihren Hunger zu stillen. Da kannte die Oberin kein Pardon. Sie selbst hatte sie geschlagen und anschließend in die Dunkelzelle gesperrt, wo sie Wasser bekam, jedoch keine feste Nahrung, und das über mehrere Tage hinweg.
Das Leben im Kloster war hart.
Beten und arbeiten. Bis weit in den Abend hinein, und das im Licht der Talgleuchten.
Wer keinen Dienst in dem kleinen Garten hatte, in dem nicht sehr viel wuchs, der musste das Haus säubern, die schweren Töpfe und Pfannen putzen, die Küche reinigen, den Abtritt ebenfalls, oder durfte, wenn er Glück hatte, in die Nähstube, um dort die Gewänder der hohen Herren anzufertigen.
Die lagen später in den weichen Betten. Für die Nonnen aber gab es nur Lager. Jede hatte zwar ihre winzige Kammer mit dem Lukenfenster, aber es war immer kalt, und das Feuer brannte nur dort, wo das Essen zubereitet wurde oder in der großen Halle hinter dem Eingang. Dort befand sich auch die Kemenate der Oberin, die Alfa hieß, und es in ihrem Raum immer warm hatte, weil die Wärme des Feuers durch die Wand bis in ihren Raum hineinfloss.
Sie war eine harte, strenge Person und die Einzige, die das Kloster verlassen konnte, wann sie wollte.
Das alles hatte Konstanza herausgefunden. Sie hatte sich in den letzten vier Wochen sehr zurückgehalten und sich nur geduckt.
Einen Kontakt zu den Mitschwestern hatte sie kaum bekommen.
Manche mieden sie direkt, es war möglich, dass sie ihr ihre Schönheit neideten, denn sie war äußerlich gesehen wirklich die Perle unter den Frauen.
Auch glaubte Konstanza, dass viele nur auf einen Fehler ihrerseits warteten, aber den hatte sie nicht begangen und sich immer gefügt. Aber lange würde das nicht gut gehen. Sie hatte die anderen Schwestern tuscheln hören, und irgendwann würde man sie reinlegen, damit sie auch eine Strafe erhielt.
Den Tag über hatte sie in der Küche arbeiten müssen. Danach hatte sie sich in die Kapelle gequält, was für sie am Schlimmsten gewesen war. Nur mühsam hatte sie durchgehalten und wäre am liebsten schreiend aus dem Raum gelaufen, aber das hätte schlimme Konsequenzen für sie gehabt. Sie wäre wieder eingesperrt worden, und zum zweiten Mal hätte sie der Großinquisitor nicht retten können.
Überhaupt hatte er sein Versprechen bisher nicht eingelöst. Er war in den Wochen nicht gekommen. Er hatte ihr auch keine Botschaft zukommen lassen, und sie rechnete damit, dass er sie vergessen hatte. Es wäre so schön gewesen, aber recht daran glauben konnte sie nicht, und so wartete sie weiterhin auf ihn, denn erst danach wollte sie versuchen, das Kloster zu einer anderen Stätte zu machen.
Dann würde die Qual in der Kapelle aufhören. Dann würde eine andere Macht hier herrschen, und sie sah die Oberin schon tot und in ihrem Blut auf dem kalten Steinboden liegen.
Konstanza wusste genau, was sie ihrem Herrn und Meister schuldig war. Baphomet hatte sie bisher beschützt. Er hatte dafür gesorgt, dass ihr der perfekte Körper geblieben war, und ihre Dankbarkeit war endlos. Sie würde ihm einen Ehrenplatz auf dieser Welt zuweisen, denn man sollte ihm in diesem Kloster zu Diensten sein.
Wieder lag eine dieser langen und kalten Nächte vor ihr. Wieder lag sie auf der harten Pritsche. Sie konnte das schmale Fenster sehen, und in diesem Ausschnitt zeichnete sich die Dunkelheit des Himmels ab, an dem nur wenige Sterne zu sehen waren.
Sie funkelten wie ferne Punkte, und Konstanza fragte sich, was hinter ihnen lag. Noch mehr Sterne? Oder das Nichts?
Diese Gedanken trieben sie in den Schlaf, der nur kurz war, denn sie schreckte hoch, als jemand die Tür ihrer Zelle aufzerrte.
Im Licht der kleinen Talgleuchte stand eine düstere Gestalt auf der Schwelle. Beim zweiten Hinschauen erkannte sie Alfa, die Oberin, die sie
Weitere Kostenlose Bücher