1300 - Die Templerin
dass er mit seinen Gedanken ganz woanders war.
Bernado stieg in seine graue Unterkleidung, die lächerlich an ihm aussah, aber die Frau hütete sich vor einer Bemerkung. Sie wollte auf keinen Fall etwas provozieren, das die Vorstellungen des Mannes in eine andere Richtung hätte treiben können.
Das Anziehen musste ihm wohl peinlich sein. Erst als er seine Kappe wieder aufgesetzt hatte, drehte er sich ihr wieder zu.
Konstanza saß noch auf dem gleichen Fleck. Sie hatte den Oberkörper zurückgedrückt und stützte sich mit den Händen an den ausgestreckten Armen auf. Ihr Kleid hatte sie bewusst nicht übergestreift, denn sie wollte, dass er ihren Körper noch mal sah.
Er schaute sie jetzt an.
Konstanza lächelte. »Erinnerst du dich daran, dass du mir etwas versprochen hast?«
Der Inquisitor tat so, als müsste er nachdenken. »Was willst du von mir haben?«
»Meine Freiheit.«
»Ah ja.«
»Du erinnerst dich?«
Er nickte sehr langsam. »Ja«, gab er schließlich zu, »da ist etwas gewesen.«
»Wunderbar, darauf freue ich mich. Dann… dann … bin ich jetzt endlich frei?«
Wieder schaute der Mann auf ihre Brüste. Diesmal mit etwas teilnahmslosen Blicken, und er schüttelte den Kopf.
»Nicht?«
»Doch, ich werde dich freigeben. Aber du wirst in ein Kloster kommen, verstehst du?«
Konstanza lachte plötzlich auf. »Das wollte ich doch. Und ich möchte, dass du mich besuchst, wann immer du willst. Ich würde mich sehr darüber freuen.«
Das Grinsen konnte der Großinquisitor nicht zurückhalten. »Ja, das werde ich tun. Ich komme des öfteren, um im Kloster nach dem Rechten zu schauen, und du wirst bereit sein.«
»Ich schwöre es!«
»Dann ziehe dir wieder dein Kleid über. Heute Abend noch werde ich dich überstellen lassen.«
»Danke, danke.« Sie legte die Hände gegeneinander und schaute den Mann bittend an. »Ich bin dir so dankbar, denn der Teufel steckt noch immer in mir. Man muss mich schon öfter besuchen, um ihn mir auszutreiben. Das wollte ich dir noch sagen.«
»Es ist gut.« Er drehte sich um und ging zur Tür. Das kalte Lächeln auf dem Gesicht der Frau sah er nicht. Er hörte auch nicht das geflüsterte Wort, das ihren Mund verließ.
»Baphomet…«
Der Großinquisitor öffnete die Tür. Die Flamme an der Fackel hatte das Pech fast gefressen, und sie gab nur noch schwaches Licht ab. Bevor er die Tür wieder hinter sich schloss, warf er einen letzten Blick zurück in das Verlies.
Konstanza zog sich an. Sie stand auf den Füßen. Ein letztes Mal schaffte er es, einen Blick auf den unbekleideten Körper zu werfen.
Und wieder spielten die Hormone in ihm verrückt. Er hätte sich sofort auf sie stürzen können, aber in diesem Fall musste er sich zusammenreißen, es gab für ihn noch andere Zeiten, bessere, denn der Teufel musste noch oft ausgetrieben werden.
Niemand sah ihn, als er den Weg wieder zurückging. Die Luft stank noch immer und war verbraucht. Das störte ihn in diesem Fall nicht, denn er dachte an die Zukunft, die für ihn eine ganz andere sein würde.
Lorenzo erwartete ihn am Ausgang. Der oberste Folterknecht flüsterte: »Und wann wird sie glühen?«
»Sie wird nicht sterben.«
Lorenzo riss Mund und Augen weit auf. Er sah aus wie ein erstaunter Frosch. »Habe ich Exzellenz richtig verstanden? Sie wird nicht am heutigen Abend sterben?«
»Nein!«
»Soll sie noch länger im Verlies bleiben?«
»Nein. Sie wird freigelassen und in ein Kloster gebracht. Das ist ein Befehl. Heute noch, denn sie hat Buße gezeigt. Ich konnte ihre Seele retten. Sie will büßen und zu den frommen Frauen gehen, wo sie auch ihr ganzes Leben bleiben möchte.«
Der Folterknecht bekam den Mund nicht mehr zu. Das war absolut neu für ihn. Das hatte er noch nie erlebt. Erst recht nicht bei Don Bernado, dem Großinquisitor. Was war nur in ihn gefahren?
Nach den Gründen traute sich Lorenzo nicht zu fragen. Er musste es hinnehmen, nickte und erklärte, dass alles so ablaufen würde, wie es der Großinquisitor befohlen hatte.
»Ich werde dir noch Bescheid geben lassen.« Mehr sagte Bernado nicht. Er ließ den Folterknecht stehen und entfernte sich aus dem Turm.
Auf dem Weg zur Kutsche dachte er über sein Erlebnis nach. Er fühlte sich so gut. Als richtiger Mann. Er hatte viel versäumt, aber das würde er nachholen.
Auch als er in der Kutsche saß, die über den Gefängnishof gezogen wurde, wollten die Bilder nicht weichen. Immer wieder kehrten sie zurück. Doch etwas bereitete ihm leichte
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