1302 - Schicksalspunkt Terraner-Tor
Flugaggregat herbei, begleitet von zwei plump wirkenden Robotern, deren Lähmwaffen allerdings eine deutliche Sprache redeten.
„Wir bleiben nicht lange", sagte Bartod und steckte ihm eine Handvoll Münzmarken zu.
Der Aufseher schnappte sich die Münzmarken mit den drei Scheren der linken Hand, sagte mit einer „Reibeisenstimme" etwas wie „spätestens am Abend müßt ihr fort sein" und zog sich zurück. Seine Roboter folgten ihm.
Bartod und ich stiegen aus, gingen zu dem Rand des Parkplatzes, der dem Festgelände zugewandt war, und beobachteten das bunte, ausgelassene Treiben schräg unter uns.
Bartod deutete mit einem Arm in den Eingang des in die Berge führenden Tales hinein, das südlich der Ebene begann und sich schräg nach links erstreckte.
„Dort wird diese Nacht, rund drei Stunden vor Sonnenaufgang, der ernste Teil des Festes anfangen", erläuterte er. „Viele tausend Pilger werden sich da versammeln, um ins Tal zu ziehen, an dessen Ende sich das Denkmal ESTARTUS befindet. Auch die Würdenträger des pailliarischen Staates werden dabei sein, sowie Kodexwahrer Dokroed mit Gefolge. Kurz vor Sonnenaufgang findet dann eine Musik- und Lichterschau statt, die nach Art der Darstellung des Heraldischen Siegels am Terraner-Tor den sogenannten Fortschritt der pailliarischen Zivilisation seit der Ankunft der Somer dokumentiert."
Er schwieg eine Weile, dann stieß er schrill hervor: „Eine bombastische Lügenschau zur Verdummung des Volkes ist das! ESTARTU strafe die Ewigen Krieger und ihre Kodexwahrer!"
Überrascht sah ich ihn von der Seite an. Gefühlsausbrüche hatte ich bis jetzt bei Bartod noch nicht erlebt. Mir waren sogar schon Zweifel daran gekommen, ob er überhaupt mit ganzem Herzen der Sache der Hajasi Amani diente. Offensichtlich waren diese Zweifel unberechtigt gewesen. Bartod schien die Ewigen Krieger und ihre Gefolgsleute und Diener zutiefst zu hassen.
„Warum bist du auf Pailliar, einer fremden Welt?" erkundigte ich mich behutsam, um vielleicht etwas über die Gründe von ihm zu erfahren, die ihn die Ewigen Krieger und ihre Gefolgsleute so sehr hassen ließen.
„Ich betreibe in Pailkad ein kleines Geschäft für Haushalts- und Kommunikationsgeräte", antwortete er.
Das war sicher die Wahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit.
„Und du arbeitest in der Hajasi Amani", stellte ich fest, um etwas mehr an Informationen aus ihm herauszulocken.
Doch außer einem kargen „ja" bekam ich nichts weiter aus ihm heraus. Ich ließ ihn in Ruhe. Sicher hatte Bartod seine Gründe, darüber zu schweigen, warum er ausgerechnet von Som nach Pailliar ausgewandert war und hier in der Widerstandsorganisation gegen die Somer um Dokroed arbeitete. Wer weiß, was er durchgemacht hatte.
Ich blickte über den riesigen Rummelplatz hinweg - und plötzlich war mir der ganze Umtrieb zuwider.
„Laß uns zurückfahren!" sagte ich zu Bartod.
5.
Ich schaltete mein einjustiertes Armband-Funkgerät ein, als der Melder kaum hörbar zirpte.
„Nugu an Kemarddon!" wisperte die vertraute Stimme Gorguds. „Ich komme auf dein Angebot von gestern zurück und kaufe die Ware. Ist es richtig, daß das Sortiment aus einer Kepaukad Rumun, einer Kepaukad Sranz und elf Kepaukad Varzi besteht?"
„Das ist richtig", bestätigte ich aufatmend.
Natürlich ging es bei unserem Gespräch nicht um Kaufen und Verkaufen. Wir hatten unsere Texte auswendig gelernt wie die Schauspieler an Bühnen, nur daß sie nicht die Bedeutung besaßen, die ein eventueller Mithörer aus ihnen herauslesen würde.
Im Klartext lautete Gorguds Nachricht folgendermaßen: „Gorgud an Perry! Es ist soweit. Der Trupp, der sich dem Terraner-Tor nähert, besteht aus Kodexwahrer Dokroed, einer Terranerin und elf bewaffneten Shant-Trägern."
Mein Herz schlug schneller.
Die Terranerin konnte einfach niemand anders sein als meine Tochter Eirene!
Sie war schon ganz nahe!
Ich spürte, wie meine Handflächen feucht wurden. Plötzlich bekam ich Angst. Nicht um mich, denn ich war, wie man unter Kämpfern sagte, die ihre Feuerproben zur Genüge bestanden hatten, schon so oft „gestorben", daß ich dann, wenn es ernst wurde, alle Ängste vergaß. Aber die Angst um Eirene vermochte ich nicht zu unterdrücken. Sie würde zweifellos in Gefahr sein, wenn wir losschlugen.
Eine gewisse Beruhigung war für mich die relativ kleine Eskorte, die sie und Dokroed begleitete. Wahrscheinlich rechnete der Kodexwahrer nicht damit, daß jemand bei Nacht und Nebel versuchen
Weitere Kostenlose Bücher