1304 - Die Voodoo-Gräfin
eine Entscheidung bekommen?«
»Du willst mich bei dir haben, wie?«
»Genau das ist es.«
Mir fiel wieder ein, dass ich nie grundlos nach Dundee gefahren war. Da hatte es immer Ärger gegeben, und es war nun mal mein Job, die Mächte der Finsternis zu bekämpfen. Diese Voodoo-Gräfin schien mir dort etwas aufgebaut zu haben, das nicht zu akzeptieren war, und schon jetzt stand mein Entschluss fest. Hier in London war ich seit zwei Tagen »arbeitslos« gewesen. Das blutgierige Disco-Trio war von uns ausgeschaltet worden, und auch Justine Cavallo hatte sich nicht mehr blicken lassen. Sie hatte sich ebenso schnell zurückgezogen wie sie klammheimlich erschienen war, ohne jedoch von uns gesehen worden zu sein. Nur Bill Conollys Frau Sheila hatte sie gesehen.
»Hast du dich entschieden?«, fragte Maxine. In ihrer Stimme lag durchaus eine gewisse Spannung.
»Das habe ich.«
»Jetzt bin ich gespannt.«
»Wenn du willst, kannst du uns am Flughafen abholen.«
Sie lachte. »He, super. Und du hast in der Mehrzahl gesprochen.«
»Ich werde versuchen, Suko mitzubringen.«
»Die erste Maschine?«
»Wenn sie nicht ausgebucht ist.«
»Okay, ich warte dann.« Sie atmete noch mal schwer und hörbar für mich. »Danke, John, da fällt mir ein Stein vom Herzen. Ich bin davon überzeugt, dass ihr den Flug nicht umsonst antreten werdet.«
»Wir werden sehen.«
Das Gespräch mitten in der Nacht war beendet. Ich blieb einige Sekunden im Bett sitzen, wischte über mein Gesicht und streifte die gespreizten Hände durchs Haar. Auch jetzt fühlte ich mich noch leicht benebelt, aber mein Gehirn begann schon wieder zu arbeiten.
Wenn ich Suko mitnehmen wollte, musste er Bescheid wissen.
Ich konnte ihn anrufen oder auch nach nebenan gehen und ihn aus dem Bett klingeln.
Ich entschied mich für den Anruf.
Er meldete sich mit einer wesentlich frischeren Stimme als ich, auch wenn er eine bestimmte Frage stellte.
»Gibt es Probleme?«
»Sie deuten sich an.«
»Wo?«
»In Dundee.«
Suko bekam von mir die Erklärungen und war sofort bereit, mit nach Schottland zu fliegen.
»Stark«, sagte ich.
»Ich bestelle dann die Tickets im Internet.«
»Gut. Sollte nichts mehr frei sein, ruf mich an. Ansonsten mache ich mich noch mal lang.«
»Ja, gute Nacht.«
Ich musste grinsen. Gut würde die Nacht nicht werden, das stand für mich fest. Ich ging in die Küche und trank ein Glas Wasser.
Dabei schaute ich durchs Fenster. Es war kalt in London. Der Winter bewies mal wieder, dass auch im Februar mit ihm zu rechnen war. Es schneite nicht. Der Himmel war klar, und die Temperaturen lagen jenseits der Frostgrenze.
Als ich auf die Uhr schaute, war es eine halbe Stunde nach Mitternacht. Mir war der Anruf viel später vorgekommen. Das mochte an meinem ersten Tiefschlaf gelegen haben, der bestimmt nicht mehr zurückkehren würde…
***
Der Hörer lag wieder auf dem Apparat. Trotzdem hielt Maxine Wells die Augen noch für eine Weile geschlossen. Sie dachte über das Gespräch mit ihrem Freund John Sinclair nach und war erfreut darüber, dass der Geisterjäger sie nicht abgewiesen hatte. Aber so war John nun mal. Wenn man ihn von einer Sache überzeugt hatte, konnte man sich auch hundertprozentig auf ihn verlassen.
Sie öffnete die Augen wieder, als sich ein feines Lächeln um ihre Lippen gelegt hatte. Das Arbeitszimmer war in weichen Lichtschein getaucht. Es war ein Raum, der nicht zum Bereich der Praxis gehörte, sondern zum Wohnhaus. Hier saß Maxine oft und schrieb Erlebnisse und Gedanken in ein Tagebuch. Sie war auch jemand, der über das Leben nachdachte. Das hatte sie schon als junges Mädchen getan. Nachdem sie das Erlebnis mit ihrer Schwester gehabt hatte, die zu einer Rattenfrau geworden war, kümmerte sie sich noch intensiver darum, und so waren diese Tagebücher ein Spiegel ihrer Seele und ihrer Gedankenweit. Wobei die realen Ereignisse nicht vernachlässigt wurden.
Es tat ihr gut, dass John Sinclair zugestimmt hatte. Zwar kannte sie diese seltsame Gräfin nicht, doch nach allem, was sie von ihr gehört hatte, musste sie nicht nur eine bemerkenswerte, sondern auch eine gefährliche Frau sein, die ihren eigenen Interessen nachging und andere Menschen dafür einspannte.
Eine gefährliche Frau, die sich ganz in der Nähe und trotzdem in der Einsamkeit ein Refugium errichtet hatte, in das sie keinem anderen Menschen Einblick gewährte, und zwar aus guten Gründen.
Sie zog da etwas durch, das auf einer gefährlichen Basis
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