1304 - Die Voodoo-Gräfin
Kopf. Sie glaubte daran, einen blutigen Schwamm zu sehen, den jemand gegen die Tür genagelt hatte.
Nein, das war kein Nagel. Es war etwas anderes genommen worden. Eine Nadel stach mit dem rückwärtigen Ende aus der zuckenden Masse hervor. Die Nadel glänzte auch nicht, denn sie war nicht aus Stahl, sondern aus Holz.
Trotz des Schocks stieg Neugierde in der Tierärztin hoch. Sie traute sich etwas näher an die Nadel heran, um sie besser sehen zu können, als sie bemerkte, dass jemand die Tür weiter aufziehen wollte. Sie entdeckte die schmale Kinderhand und wusste sofort Bescheid.
»Nicht, Carlotta!«
»Aber warum nicht?«
Max stellte sich vor den breiten Spalt. Carlotta schaute sie aus großen Augen an. Sie befand sich noch im Haus. Ihr Mund stand offen. Sie wollte eine Frage stellen, aber der Blick der Tierärztin sorgte dafür, dass sie dazu nicht kam.
»Du musst mir einen Gefallen tun.« Maxine versuchte ihrer Stimme einen sicheren Klang zu geben.
»Welchen denn?«
»Bleib du hier im Haus! Geh am besten in dein Zimmer. Dort kannst du auf mich warten.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Du wartest dort auf mich, bis ich zu dir komme. Dann reden wir weiter.«
Carlotta war zwar ein »gehorsames« Kind, aber sie hatte auch ihren eigenen Kopf.
»Bitte, Max, so was sagst du doch nicht einfach nur so. Da ist was passiert – oder?«
Die Tierärztin nickte. Es hatte keinen Sinn, Carlotta anlügen zu wollen. »Ja, meine Kleine, das ist wahr. Es ist etwas passiert. Ich möchte dir das ersparen. Akzeptiert?«
»Muss ich das?«
»Ja!«
Carlotta und ihre Ziehmutter kannten sich gut. Das Vogelmädchen wusste sehr gut, wann es einen Rückzieher zu machen hatte.
Es schaute noch einmal in die Augen der Frau, hob die Schultern und flüsterte: »Aber ich lege mich nicht ins Bett.«
»Das brauchst du auch nicht. Bleib nur in deinem Zimmer. Aber bleib es auch wirklich und fliege nicht weg.«
Carlotta hob nur die Schultern. Sie nickte nicht, sie stimmte auch anders nicht zu. Sie drehte sich um und ging mit langsamen Schritten durch den Flur. Dabei schlug sie tatsächlich die Richtung zu ihrem Zimmer ein. Dort öffnete sie eine Tür und tauchte weg.
Maxine Wells blieb noch für einige Sekunden stehen. Ihrer Meinung nach hatte sie alles richtig gemacht. Ob Carlotta allerdings auf sie hören würde, wusste sie nicht. Da Vogelmädchen hatte einen bestimmten Riecher für Gefahren. Wenn die eintraten, dann war auch sie nicht zu halten, das wusste Maxine. Sie konnte nur hoffen, dass dem Kind nichts passierte.
Sie ging wieder nach draußen.
Es war eine irrwitzige Hoffnung in ihr gewesen, dass jemand das Herz von der Tür abgenommen haben könnte. Leider erfüllte sich diese Hoffnung nicht. Das Herz war noch da, und auch die ungewöhnliche Holznadel steckte darin und mit der Spitze in der Tür.
Sie hatte sich die Nadel genauer anschauen wollen, war jedoch durch Carlotta gestört worden und nahm sich diese Aufgabe erneut vor. Sie ging davon aus, dass diese Nadel etwas zu bedeuten haben musste.
Maxine brauchte sie nicht erst anzufassen, um zu erkennen, dass sie tatsächlich aus Holz bestand. Vorn lief sie spitz zu. An ihrem Ende wurde sie breiter, und zwar so breit, dass sogar die dort aufgemalten Zeichen zu erkennen waren.
Um sie genau erkennen zu können, hätte sie eine Lupe zur Hand nehmen müssen. So aber beugte sie sich vor und schaute genau hin.
Zwar stand sie im Licht, aber letztendlich war es leider zu schwach.
Außerdem hatte sie sich nie mit Voodoo beschäftigt und konnte damit nichts anfangen.
Wie ging es weiter?
Eine Antwort fand sie nicht, aber es würde weitergehen, da war sie sich sicher.
Es lag an ihr, etwas zu unternehmen. Sie musste die Holznadel aus dem Holz ziehen und auch das Herz entfernen. Ein Schauer rann über ihren Rücken, als sie daran dachte, es anzufassen, selbst als Ärztin schreckte sie davor zurück. Es war etwas anderes, ob sie sich um ein verletztes Tier kümmerte oder sich mit einem menschlichen Herz beschäftigte.
Sie zuckte zusammen. Sie schüttelte sich. Sie musste schlucken.
Aber sie wollte auch den Tatsachen ins Auge sehen.
In ihrer Praxis lagen genügend Instrumente mit denen sie das Herz anfassen konnte. Sie brauchte es nicht mit den Händen zu tun und wollte sich abwenden, um eine Zange zu holen, als sie mitten in der Bewegung stoppte.
Etwas war ihr aufgefallen.
Maxine konnte nicht erklären, was es war, doch in ihrer Nähe hatte sich die Normalität verändert, und
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