1304 - Die Voodoo-Gräfin
Atem ging lauter und hektischer. Der Wind biss auch in ihre Augen, aus denen kalte Tränen rannen.
Hoffentlich war der Frau nichts passiert. Darauf wetten würde sie nicht, denn die Gräfin war jemand, der keinen Ungehorsam vertrug.
Carlotta blieb hinter dem Auto, jedoch in sicherer Entfernung.
Eine Höhe von fünf Metern hielt sie für richtig. Die Landschaft war noch stiller und einsamer geworden. Es gab keine Orte mehr, die sie überflog, nur wellige Hügel und lichte Wälder. Dazwischen lagen die kleinen Gewässer wie tote Augen. Wenige Straßen durchzogen das Gelände. Nur auf einer bewegte sich ein Fahrzeug, und das war eben der Geländewagen, den sie verfolgte.
Carlotta hatte sich nicht gemerkt, an welcher Stelle sie Helen Pride gerettet hatte. Weit konnte es nicht mehr sein, und dann würde sie bald auf die Festung sehen.
So war es denn auch.
Zuerst nahm sie nur den schwarzen Umriss wahr, der hochragte.
Der Wagen unter ihr fuhr jetzt über eine Serpentinenstraße auf sein Ziel zu.
Das Vogelmädchen änderte die Richtung. Es schlug einen Bogen, gewann an Höhe, spürte die Kälte wieder wie böse Schläge an der Haut und rieb mit beiden Händen darüber hinweg, während sie zugleich nach einem geeigneten Landeplatz suchte.
Der normale Erdboden reichte ihr nicht. Sie wollte einen Platz haben, von dem aus sie die Gegend beobachten konnte, und das war eben diese verdammte Festung.
Dort landete sie auf dem Gemäuer über dem Eingang. Zwischen zwei Fenstern und auf einem recht breiten Sims blieb sie hocken, so gedreht, dass sie den Eingangsbereich beobachten konnte. Der Wind erfasste sie nicht mehr so stark. Das Mauerwerk hielt ihn ab, und endlich konnte sie durchatmen.
Die Gräfin fuhr die letzten Meter und hielt den Wagen dann vor dem Eingang an.
Carlotta konnte sich denken, was passierte, aber sie wollte es mit eigenen Augen sehen.
Das Licht der Scheinwerfer erlosch. Die Fahrertür wurde geöffnet, und die Gräfin stieg aus. Sie benahm sich völlig normal. Nichts wies auf eine besondere Vorsicht hin, denn hier war ihr Gebiet.
Hier fühlte sie sich sicher.
Als sie die Heckklappe geöffnet hatte, verließen die beiden Doggen das Fahrzeug. Sie wuchteten ihre Körper in die Kälte, aber sie blieben nicht ruhig, sondern liefen bellend und knurrend hin und her. Sie ließen sich auch nicht durch irgendwelche Befehle aufhalten und taten, was sie wollten. Ihr Ziel war die alte Festung. In der Nähe des Eingangs sprangen sie am Mauerwerk in die Höhe. Sie bellten wieder. Das ebenfalls aus den Kehlen dringende Knurren wehte als Schall an der Mauer hoch und erreichte auch Carlotta.
Das Vogelmädchen ahnte, was das Verhalten der Tiere zu bedeuten hatte. Die Doggen witterten, dass sich eine fremde Person in der Nähe aufhielt, deren Geruch sie noch in ihren Nasen spürten, denn sie waren nahe bei der Frau gewesen, als sie von Carlotta gerettet worden war.
Sie hatte damit gerechnet, dass die Gräfin die Wagentür erneut öffnen würde, um Maxine ins Freie zu holen, doch das geschah nicht. Der Gräfin fiel das Verhalten der Hunde auf, das wohl nicht zu dem Üblichen passte.
Sie befahl ihnen etwas. Sie machten weiter. Dann ging sie hin.
Auch jetzt noch sprangen die Doggen an der Mauer hoch und kratzten über das Gestein hinweg.
Erst als Alexandra sie anschrie, ließen sie von der Mauer ab, knurrten jedoch weiter und hielten die Köpfe nach oben gestreckt.
»Was ist denn dort?«, fuhr die Gräfin sie an. »Da schlafen höchstens Vögel.«
Auch sie schaute hin, und Carlotta presste sich noch enger gegen das kalte Gestein.
Ein gewisses Misstrauen blieb bei der dunkelhaarigen Frau bestehen. Es hielt sie allerdings nicht von ihrer weiteren Tätigkeit ab.
Sie öffnete die hintere Tür an der rechten Seite, tauchte in den Wagen ein und zog den Frauenkörper hervor.
Carlotta hatte ihre Position wieder leicht verändert. Sie schaute von ihrem Sims aus in die Tiefe und bekam mit, dass ihre Ziehmutter auf die Füße gestellt wurde. Von allein konnte sie sich nicht halten. Sie sackte sofort wieder zusammen, aber sie hatte dabei gestöhnt.
Genau das ließ Carlotta lächeln.
Maxine war nicht tot. Nur bewusstlos, aber auch dieser Vorgang war bald vorbei. Ihr fiel ein Stein vom Herzen. Ihr war, als würde sie eine Eingebung bekommen, denn auf einmal wusste sie, dass es auch so bleiben würde. Die Gräfin hatte bestimmt nicht vor, Maxine so schnell zu töten. Sie war in ihren Händen ein ideales Pfand.
Es dauerte
Weitere Kostenlose Bücher