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1306 - Hexenbalg

1306 - Hexenbalg

Titel: 1306 - Hexenbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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und schaute auf den kleinen Körper. Der lag jetzt starr in der anderen Haltung, noch immer mit den angewinkelten Armen und Beinen.
    Thamm versuchte es. Er sprach Edita an. Seine Stimme drang als raues Flüstern über die Lippen.
    »Los, dreh dich wieder um. Ich will sehen, dass du dich bewegen kannst. Das ist doch der Fall – oder?«
    Das hässliche Baby rührte sich nicht.
    »Mach schon. Du kannst es doch!«
    Warten. Noch nervöser werden. Schwitzen, obwohl es in diesem Haus nicht überwarm war.
    Ja, jetzt passierte es. Zumindest sah er das Zucken der kleinen Arme. Wenig später auch das der kleinen Beine. Alle vier Glieder streckten sich und wurden wieder angezogen, als wäre Edita dabei, gymnastische Übungen zu machen.
    Sie dehnte die Glieder. Sie wollte die alte Starre loswerden, um sich wieder so bewegen zu können wie im Mutterleib. Das schaffte sie tatsächlich.
    Sie drehte sich zur Seite. Mit der linken Faust stützte sie sich ab.
    Sie gab sich Schwung – und rollte sich herum, sodass sie wenige Sekunden später wieder die alte Rückenposition eingenommen hatte.
    »Du kannst es«, flüsterte Thamm, »verdammt, du kannst es. Du bist das Wunder. Du hast die Kraft…«
    Plötzlich brach es aus ihm hervor. Er hatte sich so lange zurückhalten müssen, jetzt aber ließ er seinen Gefühlen freien Lauf. Er musste einfach lachen. Der Jubel war wichtig. Er befreite ihn.
    Theo hatte nicht viel Platz in dem kleinen Raum. Trotzdem schaffte er es, zu tanzen. Er sprang von einem Fuß auf den anderen.
    Er schüttelte dabei den Kopf. Aus seinem Mund drangen die Jubelrufe wie die Schreie irgendwelcher Tiere.
    Der Glanz in seinen Augen sprach von einem wilden Triumph, den er empfand, und er fühlte sich in diesen Augenblicken für die Erweckung des Kleinkindes verantwortlich. Er hatte es geschafft, was keinem vor ihm gelungen war. Er hatte Edita von dem Fluch befreit, nachdem der letzte Schwaiger, der das Geheimnis kannte, nicht mehr lebte.
    Endlich kam er zur Ruhe. Er war fast erschöpft. Der Atem ging schwer. Mühsam wischte er sein Gesicht ab. Die Augen brannten, weil Schweißtropfen in sie hineingelaufen waren. Er musste sich seine nassen Handflächen an den Hosenbeinen abwischen, denn er wollte sein Kleinod nicht mit feuchten Händen anfassen.
    Es war alles wunderbar. Es ging ihm gut. Und Edita ging es auch gut, wie er sah. Die Kleine lag nicht mehr auf der Platte, sie hatte es geschafft, sich zu setzen. Auch das war ihm nicht aufgefallen, weil er zu sehr mit sich selbst beschäftigt gewesen war.
    Vor dem Tisch ging er in die Knie, weil er sein Gesicht in Augenhöhe des Kindes bringen wollte. Er wollte ihm ins Gesicht schauen und sehen, wie sich die Augen entwickelt hatten.
    Sie starrten ihn an.
    Ein anderer Mensch wäre wahrscheinlich schreiend zur Seite gewichen, er tat es jedoch nicht, denn dieser Blick faszinierte ihn. Er war so eindrucksvoll, er ging ihm unter die Haut. Die Augen mussten eine Botschaft geben, und die verstand er auch sehr gut.
    Weitermachen! So wie er es sich vorgenommen hatte. Theo nickte dem Balg zu. »Ja«, flüsterte er dann, »du brauchst keine Angst zu haben, wirklich nicht. Ich werde bei dir bleiben, was immer auch geschieht. Wir gehören ab jetzt zusammen. Ich bin dein Vater. Ich übernehme seine Stelle. Ich bin so etwas ähnliches wie der Ersatzteufel.« Er konnte nicht mehr an sich halten und musste über seine eigenen Worte laut lachen. »Unser Team ist gut«, flüsterte er, als er über seine Lippen gewischt hatte und der Handrücken feucht geworden war, »uns kann niemand etwas anhaben, das schwöre ich dir. Wir werden unbesiegbar sein, denn es wird keinen Menschen mehr geben, vor dem wir uns zu fürchten brauchen…«
    Er wollte noch weitersprechen, um sicher zu sein, dass er Edita auch voll auf seine Seite brachte, aber in der Kehle lauerte ein Kratzen. Er hatte sich bei seinen letzten Worten einfach übernommen. Auch durch ein Hüsteln wurde seine Stimme nicht besser.
    Edita sagte nichts.
    Theo nahm es hin. Wohler wäre ihm gewesen, wenn die Kleine hätte sprechen können. Das war ihr leider nicht gegeben. Oder noch nicht? Er hielt jetzt alles für möglich.
    Nachdem sich Edita hingesetzt hatte, war sie bewegungslos geworden. Sie tat nichts und schaute nur in das Gesicht des Mannes mit den schmalen Augen.
    »Wir werden gleich das Haus verlassen und durch den Schnee gehen. Ich will ja nicht, dass du frierst, deshalb werde ich dich in meine Manteltasche stecken. Bist du

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