1308 - Das Wunder der Milchstraße
Methoden, die Windaji Kutisha anwendete, waren unnötig grausam. Es steckte offenbar ein gehöriges Maß an Sadismus in dem seltsamen Elfahder.
Die Zeit schlich dahin. Eine Stunde reihte sich an die andere. Joeboy Malone schlief tief und fest, und Fazzy getraute sich nicht, ihn zu stören.
Als nach Fazzys Schätzung etwa ein halber Tag vergangen war, öffnete sich die Klappe in der Wand mit einem lauten Knall. Fazzy trat hinzu und nahm die beiden Schüsseln von der Lade. Er stülpte sie um und entleerte ihren Inhalt in den Hintergrund der Klappe. Mit den leeren Schüsseln schaufelte er den Unrat zusammen und schüttete ihn ebenfalls in die Klappenöffnung. Es wurde ihm übel dabei, und wenn er noch etwas im Magen gehabt hätte, hätte er sich wahrscheinlich übergeben. Aber als er fertig war und als die Klappe sich geschlossen hatte, wurde die Luft in der Zelle rasch besser.
Kurze Zeit später erwachte Joeboy Malone. Er war schwach, aber seine Schmerzen hatten nachgelassen. Er hatte zunächst Mühe, sich zu erinnern, wieso sich Fazzy Slutch in seiner Zelle befand. Aber dann setzte sein Gedächtnis wieder ein. Er erinnerte sich, Fazzy über die Tortur des Verhörs berichtet zu haben.
Er richtete sich auf. Es leuchtete wie Fieber aus seinen Augen.
„Wir müssen etwas dagegen unternehmen", sagte er heftig. „Sonst bringen sie uns einen nach dem ändern um. Wir waren vierzehn in der Halle, als sie mich verhörten. Ich weiß nicht, wie es den anderen ergangen ist. Man nimmt nichts mehr wahr, wenn sie erst einmal mit dem Verhör anfangen. Aber ich weiß ..."
Fazzy drückte ihn zurück auf die Pritsche.
„Red nicht soviel", sagte er. „Du kannst dir vorstellen, daß..."
Fazzy sprach den Satz nicht zu Ende. Statt dessen machte er Kopfbewegungen in Richtung der Wände und der Decke und hoffte, daß Joeboy begreifen würde, wovor er ihn warnen wollte. Aber Joeboy sprach weiter. Er sprach mit der Hektik eines Mannes, der fürchtet, daß man ihm jeden Augenblick das Wort verbieten könne.
„Nein, laß mich. Du hast die wannenförmigen Liegen gesehen, nicht wahr? Über dem Kopfende befindet sich an der Wand ein kleiner Apparat, den ich für das Kontrollsystem halte. Wenn es gelingt..."
Fazzy blieb keine andere Wahl: Er packte Joeboy am Hals und würgte ihn. Joeboy riß den Mund weit auf und schnappte nach Luft. Ein irrer Ausdruck war in seinen Augen.
„Verräter!" gurgelte er. „Du machst mit den Schuften gemeinsame Sache..."
Fazzy ließ sich nicht beirren. Er drückte noch fester zu. Joeboys Widerstand erlahmte rasch. Kurz bevor er das Bewußtsein verlor, ließ Fazzy ihn los.
„Wirst du jetzt endlich dein gottverdammtes Maul halten!" zischte er ihn an.
„Aber du ..."
„Ruhe!"
Da erst schwieg Joeboy Malone. Er hatte Angst, das sah man ihm an.
„Kein Wort mehr", sagte Fazzy. „Wir müssen uns so miteinander verständigen, daß sie uns nicht hören."
Aber dazu kam es nicht mehr. Eine helle, durchdringende Stimme klang auf. Sie hörte sich an, als käme sie durch die Zellendecke.
„Der Gefangene Bonifazio Slutch soll vortreten."
Da wußte Fazzy, daß seine Stunde geschlagen hatte.
4.
Es war dieselbe Halle, aber die Szene hatte sich verändert. Fazzy Slutch rematerialisierte inmitten einer Gruppe von Gefangenen. Elf zählte er. Es erleichterte ihn, daß Megan sich nicht darunter befand. Die Gefangenen standen in der Nähe der Hallenwand, unmittelbar vor einer Reihe der mit wannenförmigen Liegen ausgestatteten Abteile, die er bei seinem ersten Besuch bemerkt hatte. Auf seinem jadegrünen Thron saß Windaji Kutisha. Seine drei Roboter schwebten in unmittelbarer Nähe, und um das Podest herum standen mehrere seiner Untergebenen, insgesamt acht. Einer davon war Rasmer Dunn, der Kodexberater. Fazzy sah zwei kleinwüchsige Pterus, die übrigen waren Galaktiker. Sie trugen Shants, wodurch sie sich als Schüler oder Absolventen einer Upanishad auswiesen. Außerdem, das vermerkte Fazzy, waren sie bewaffnet. Den Gefangenen schenkte man keine Beachtung.
„Weiß jemand etwas von Megan Suhr?" fragte Fazzy.
„Ich war eine Zeitlang mit ihr in einer Zelle", antwortete ein stämmiger, gedrungener Mann mit strohblondem Haar. Er hieß Mezzer Schaap, und während der vergangenen drei Wochen hatte Fazzy ihn als Menschen kennen gelernt, der stets guter Laune und zu Spaßen aufgelegt war. Jetzt jedoch sprach Angst aus seinem Blick, und die Verzweiflung hatte tiefe Linien in sein sonst so gutmütiges Gesicht
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