1309 - Drei Leichen bis zum Teufel
Fäusten geballt.
Obwohl Rudy noch nicht sprechen konnte, redete sie mit ihm. »Wir werden unser Leben weiterführen, mein Kleiner. Wir lassen uns nicht fertig machen. Wir werden so tun, als hätte es diesen Anruf nicht gegeben. So müssen wir denken, und so werden wir auch denken. Er kann uns nichts, denn gemeinsam sind wir stark, mein Liebling.«
Die eigenen Worte hatten ihr Mut gemacht. Und so konnte sie nur hoffen, dass sie diesen Vorsatz auch durchhielt. In den nächsten Minuten tat sie das, was sie sich vorgenommen hatte. Sie zog ihren Sohn an und streifte danach ihre Winterjacke über.
Das Telefon blieb stumm. Cathy Green konnte nur hoffen, dass es dabei blieb…
***
»Ich bin heute bis zum Nachmittag weg. Den Laden hier musst du allein schmeißen. Schaffst du das?«
Doreen Lester überlegte nicht lange. »Wäre nicht das erste Mal. Außerdem glaube ich nicht, dass die Typen heute in Massen hereinströmen. Es war in den letzten Tagen nie viel los.«
»Ja«, sagte der Besitzer, »ich weiß auch nicht, woran es liegt. Die Tänzerinnen waren gut.«
»Am Wetter vielleicht. Oder am Krieg.«
»Große Depression, wie?«
»So ungefähr. Mehr das Mitleiden.«
»Da kannst du Recht haben.«
Der Besitzer verschwand und ließ Doreen hinter der Theke allein zurück. Ganz allein war sie nicht. Kurz vor Mittag würden die beiden Helfer erscheinen. Zwei junge Männer, die Getränke schleppten, während sich die Stripperin auszog.
Sie tat dies auf einem extra großen Tisch in der Mitte. Wenn sie gut war, steckten ihr die Gaffer Geld zu. Wenn sie schlecht tanzte, wurde sie ausgepfiffen. Ob sie etwas verdiente oder nicht, das lag also einzig und allein an ihr.
Der Wirt hatte dafür gesorgt, dass alles okay war. Ein gefülltes Fass, genügend Gläser für Bier und andere Getränke, und auf jedem Tisch stand ein großer Aschenbecher.
Auch Doreen rauchte. Sie stand hinter der Theke und fühlte sich wie eine kleine Königin in ihrem Reich. Sie wusste zudem, dass nicht wenige Männer nur ihretwegen hier erschienen, um ihr Bier zu trinken, denn Doreen war so etwas, was man einen Schuss nannte.
Ein Weib. Sexy. Mit einem Busen, den sie zwar nicht zeigte, der aber stets aus einem Ausschnitt hervorschaute und allen Fantasien freien Lauf ließ. Zu ihrem schwarzen Haar passte der blutrote Pullover mit dem tiefen V-Ausschnitt besonders perfekt. Dazu trug sie immer einen engen und sehr kurzen Rock, der beim Bücken einen Blick frei gab, den man schon als jugendgefährdend einstufen konnte. Die Kerle waren scharf auf sie. Doreen machte sie auch an, aber sie hütete sich davor, mit einem der Typen etwas anzufangen.
Außerdem verachtete sie die Kerle, die herkamen, um zu glotzen.
Da spielte es auch keine Rolle, ob sie arme Schlucker waren oder das Geld aus dem Fenster werfen konnten.
Doreen drehte sich um und schaute in den Spiegel an der Rückseite der Bar. Sie war noch nicht ganz mit sich zufrieden. Zwar war der Ausschnitt wieder perfekt, ein halber BH putschte ihre Brüste hoch, um den Hals hatte sie eine Kette aus Modeschmuck gelegt, die aus bunten Glasperlen bestand, aber die Frisur gefiel ihr noch nicht. Das Haar war schwarz gefärbt. Die Farbe sah unnatürlich aus. Etwas fehlte in der dunklen Flut. Doreen brauchte nicht lange nachzudenken, was es war. Aus ihrer Handtasche holte sie eine rote Spange hervor und steckte sie schräg in ihre schwarze Flut. Das gefiel ihr schon besser.
Und das Gesicht?
Doreen verzog die Mundwinkel. Nein, das war nicht so perfekt.
Die Spuren ihres anstrengenden Jobs zeichneten sich darin ab. Krähenfüße, erste Falten. Die Kneipenluft tat der Haut nicht gut, und so musste sie das Make-up immer stärker auflegen, um einigermaßen gut auszusehen. Auch auf das Schminken der Augen achtete sie.
Dazu nahm sie eine dunkle Farbe. Zusammen mit den dunklen Pupillen zeigte das Gesicht so einen etwas nuttenhaften Ausdruck.
Aber es passte. Es machte die Kerle an. Es sollte den Umsatz steigern, zusammen mit den gierigen Blicken in den Ausschnitt, der bei einigen Kerlen trockene Kehlen hinterließ, die schnell wieder »gewässert« werden mussten.
Ein letztes Mal fuhr sie mit den gespreizten Fingern durch das Haar, dann ging sie hin und schloss die Tür des Eckpubs auf. Die ersten Schlucker waren bald erschienen. Manchmal warteten sie schon darauf, dass geöffnet wurde. An diesem Morgen allerdings nicht. Wahrscheinlich war das Wetter daran schuld. Die Luft war feucht und kalt. Da blieben die
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