1309 - Drei Leichen bis zum Teufel
viele Zu- und Anbauten verändert worden war und vom Original eigentlich nur seine Fassade behalten hatte.
Wo Schatten ist, da befindet sich auch Licht. Nicht weit von dem Block entfernt gab es eine kleine Polizeistation, die noch nicht der Rationalisierungswut zum Opfer gefallen war. Genau dort fanden wir einen Parkplatz für unseren Rover.
Den Rest liefen wir zu Fuß, und wir gingen schnell durch ein Viertel, das zu dieser Zeit und bei diesem Weg nicht den leicht verruchten Glanz des Abends oder der Nacht zeigte. Viele Kneipen waren noch geschlossen. Nur die Geschäfte hatten geöffnet. Imbissbuden, Kramläden, eigentlich alles, was man nicht unbedingt zum Leben brauchte, hatte sich hier zusammengefunden. Es roch aus den Imbissen chinesisch, auch türkisch, und sogar ein Leihhaus hatte sich dazugesellt.
Zum Hinterhof gelangten wir durch eine schmale Einfahrt, die kein Auto passieren konnte. Der Hinterhof sah auch nicht eben Vertrauen erweckend aus, und er wurde von vier Seiten von hohen Hausfronten eingerahmt. Es gab nur einen Anbau, zu dessen Eingangstür eine Treppe hochführte, die an der rechten Seite ein von der Treppe weggezerrtes Geländer hatte. Daran hatten die Leute wohl zu sehr geturnt.
Dass hier Menschen wohnten, war klar, aber es gab kein Brett, auf dem die Namen der Bewohner aufgeführt waren. Dafür stand die Tür offen. Wir betraten einen Flur, schauten auf eine Treppe und auf eine Frau mittleren Alters, die neben einem Wäschekorb stand, mit ihrem Handy telefonierte und dabei rauchte. Die Asche des Glimmstängels schnippte sie hin und wieder zu Boden, was bei dem Schmutz nicht weiter auffiel.
Als wir stehen blieben und nicht an ihr vorbeigingen, brach sie das Gespräch ab und schaute uns durch die Gläser ihrer schlecht sitzenden Brille schief an.
»He, was ist los?«
»Wir hätten eine Frage.«
»Bullen?«
»Nein«, sagte Suko. »Nette Polizisten, die sich höflich benehmen und das auch von ihrem Gegenüber erwarten.«
Die Antwort hatte gesessen. Sie sagte nichts und nickte uns zu.
»Was wollen Sie wissen?«
»Doreen Lester. Wo finden wir sie?«
»Ganz oben.«
»Danke.«
»Aber sie ist nicht da.«
Wir waren schon bis an die erste Stufe der Treppe gegangen und blieben jetzt stehen.
»Wissen Sie das genau?«, fragte ich.
»Klar, die hat einen Job, was man nicht von allen Leuten hier behaupten kann.«
»Und wo arbeitet sie?«
»In einem Pub. Gleich an der nächsten Ecke. Das ist so eine Stripteasebude für Verklemmte. Sie kennen die Dinger sicherlich. Die Leute schauen in der Mittagspause kurz vorbei oder auch mal so, saufen und geilen sich dabei auf.«
»Ja, ja«, sagte ich, »diese Tradition ist uns schon bekannt. Sie sind sicher, dass wir sie dort finden?«
»Hundertpro. Ich habe sie heute Morgen schon weggehen gesehen.«
»Danke sehr.«
Die Frau grinste schief. »Keine Ursache. Den Job würde ich auch gern machen, aber da muss man eben so aussehen wie sie und jünger sein. Ein beschissenes Leben ist das.«
Wir waren nicht gekommen, um mit ihr darüber zu diskutieren, bedankten uns und verließen den Bau.
»Strip am Mittag«, sagte Suko. »Mal etwas anderes.«
»Klar. Nur haben wir noch keinen Mittag. Los, den Rest schaffen wir auch noch.«
***
Doreen Lester wich zurück, bis sie den Aufbau an ihrem Rücken spürte. Sie wollte nicht glauben, was sie sah, aber der Blick täuschte sie nicht. Das Messer lag tatsächlich neben dem Glas auf der Theke, und die Spitze wies genau in ihre Richtung.
Wäre das Gesicht nicht geschminkt gewesen, hätte es die Blässe einer Leiche gezeigt. Fast so fühlte sich die Frau, nur eben wie eine Leiche, die noch lebte und auch kein Zombie war.
»Für dich«, flüsterte Silva. Sein Gesicht blieb dabei unbewegt.
»Nein, nein, das kann nicht wahr sein«, erwiderte Doreen mit zittriger Stimme. »Du machst doch einen Witz.«
»Habe ich das schon jemals getan?«, fragte er leise.
»Nein, nein – oder…« Sie hob hilflos die Schultern. »Ich weiß das nicht so genau.«
»Eben. Deshalb musst du dich auf mich verlassen. Ich mache in diesem Fall keine Witze.«
»Und du willst…«
»Genau, Doreen. Ich werde dafür sorgen, dass der Teufel seine Seele bekommt. Ich habe es ihm versprochen, und nur deshalb sieht er sich in der Lage, mich zu beschützen. Das ist nun mal der Lauf der Dinge. Ich kann es nicht ändern. Der Teufel ist etwas Wunderbares. Er ist unbesiegbar, und es hat ihn schon immer gegeben. Er ist eine Institution, und er ist mein
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