1310 - Lost Hollywood
Durch die gewachsenen Zähne war sein Mund schief geworden. Das wenige Haar auf seinem Kopf sah aus wie dünne Putzwolle. Seine linke Halsseite war aufgerissen, als hätte dort jemand mit einer Harke gearbeitet.
Er war eine Ausgeburt an Hässlichkeit, aber das machte Lana nichts aus. Auch sie sah nicht mehr so aus wie früher. Als Al Scott die Laterne schwenkte, gerieten auch die restlichen beiden Personen in ihr Blickfeld. Das immer nur für einen Moment, weil die Bewegungen der Laterne schnell wechselten.
Steve zeigte sich auch nicht mehr als Dressman und Schönling.
Die obere Hälfte seines Hemds war zerrissen. Auch an seinem Hals war Blut zu sehen. Den Mund hielt er offen, sodass seine Zähne deutlich zu erkennen waren. Und so grinste er seine Freundin auch an.
Die blonde Cindy hatte das Oberteil ihres Hosenanzugs verloren oder ausgezogen. Ihre übergroßen Brüste drängten sich gegen ihr Top, das auch einen Riss aufwies. Ihr Haar war schmutzig, sie musste sich über den Boden gewälzt haben, und auch an ihrem Hals waren Wunden zu sehen, wobei sogar kleine Adern aus den Lücken der aufgerissenen Haut hervortraten.
Lana fand die Sprache wieder. »Ihr… ihr auch?«
»Klar«, flüsterte Al, der seine Laterne nicht mehr schwenkte und irgendwie aussah wie ein gieriges Tier.
»Sie?«
»Die Blonde«, flüsterte Steve. »Sie ist unersättlich gewesen. Aber jetzt sind wir es.«
»Ich auch«, erklärte Lana.
»Und wo bekommen wir unser Blut her?«, wollte Al wissen, der mit dem linken Fuß unruhig über den Boden schabte.
Auf diese Frage hatte Lana gewartet. Sie sagte noch nichts, doch ihr Lächeln ließ einiges vermuten.
»Du weißt es, nicht!«, kreischte Cindy.
»Vielleicht.«
»Dann raus damit!«
Lana ließ sich Zeit. Sie genoss es, die Trümpfe in ihren Händen zu halten. Auch in ihr tobten der Hunger und die Gier, doch sie hatte sich besser unter Kontrolle. Sie schaute in die blassen Gesichter der drei anderen hinein, die vor ihr zu sehen waren. Das Laternenlicht schwankte nicht mehr von einer Seite zur anderen. Al Scott hielt die Leuchte jetzt ruhiger und hatte den Arm nach vorn geschoben. Keiner von ihnen atmete. Wenn sie etwas ausstießen, was sich wie Atem anhörte, dann war es nur ein Hecheln.
»Ich war draußen. Ganz im Gegensatz zu euch. Da habe ich mich umschauen können.« Lana sprach bewusst langsam und flüsternd.
Sie wollte die Spannung verstärken. »Und da habe ich entdeckt, dass wir Besuch bekommen haben. Ja, Besuch«, betonte sie.
Cindy Scott fing wieder an zu kreischen. »Was? Was? Wer hat uns besucht?«
»Zwei Männer!«.
»Normale Menschen?«
»Ja!«
»Die holen wir uns!«, flüsterte Steve Heller. Er öffnete seinen Mund noch weiter und leckte mit der Zunge über seine Lippen.
»Ich fühle mich so trocken!«, flüsterte er dann. »In mir ist eine Wüste. Ich will… ich muss trinken.«
»Das kannst du auch.«
Al Scott fragte: »Kennst du die Männer?«
»Nein, es sind Fremde. Ich will sie auch gar nicht kennen. Ich will nur ihr Blut, versteht ihr? Dabei ist es egal, ob sie fremd sind oder nicht.«
Al nickte. »Sie werden für uns reichen«, sagte er. »Das weiß ich. Für den Anfang reichen zwei aus.« Er schnalzte mit der Zunge und blickte sich um. »Der Meinung seid ihr doch auch – oder? Wir haben lange genug gewartet.«
Keiner widersprach, und sie wollten schon aus der Hütte, als Lana Lane ihre Arme ausbreitete. »Nicht so schnell«, flüsterte sie.
»Bleibt hier. Wir müssen einen Plan haben.«
»Ich will Blut!«
»Das bekommst du, Cindy! Wir alle bekommen es. Aber ihr solltet auch an die Blonde denken. Sie ist bestimmt noch hier, und sie wird gierig sein.«
»Nein!«, widersprach Cindy, »sie hat genug Blut getrunken. Von uns, auch von dir. Sie wird uns die beiden überlassen.«
Lana nickte. Es störte sie nicht, dass Cindy sie anglotzte, aber sie fragte: »Warum sind sie wohl gekommen? Was meint ihr? Weshalb haben die beiden Männer Lost Hollywood besucht?«
»Das weiß keiner«, flüsterte Steve Heller.
»Wir sollten vorsichtig sein.«
»Sind sie wegen der Blonden gekommen?«, flüsterte Al Scott.
»Ja, das ist alles möglich. Vielleicht sind sie wegen der Blonden hier. Aber ich glaube nicht, dass sie sich verlaufen haben.«
»Aber wir müssen raus, nicht?«
Lana nickte ihrem Freund Steve zu. Er war jetzt für sie zu einer neutralen Person geworden. Es gab keine Leidenschaft und kein Begehren mehr zwischen ihnen. Das Bindeglied war einzig und
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