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1311 - Die Teufelszunge

1311 - Die Teufelszunge

Titel: 1311 - Die Teufelszunge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gab für ihn nur die Trompete. Seine Lippen »klebten« am Mundstück fest. Er setzte das Instrument kein einziges Mal ab und blies, als besäße er statt einer Lunge zehn.
    Auch das war nicht normal. Aber was, zum Henker, konnte man hier schon als normal bezeichnen? Ich wusste die Antwort nicht.
    Hier war die Welt auf den Kopf gestellt worden.
    Marisa hatte mich natürlich längst gesehen. Ihr Interesse galt jetzt mir allein, und so handelte sie auch. Sie wollte mir klarmachen, was ich zu tun hatte, und streckte mir deshalb beide Hände entgegen.
    Ich sollte zu ihr und den anderen aufs Podium steigen.
    Es blieb bei der Geste. Sie bewegte sich nicht auf mich zu, um mir zu helfen. Sie wartete darauf, dass ich ihrer »Einladung« folgte, und das wollte ich auch.
    Es war im Normalzustand kein Problem, die Stufen hochzugehen. Sie waren halbrund, recht breit, bequem zu steigen, aber ich befand mich nicht in einem normalen Zustand. Somit stand ich vor einem verdammt großen Problem. Das heißt, mit dem Stehen war das so eine Sache, und das änderte ich auch ab, indem ich mich nach vorn fallen ließ. Ich wollte die Stufen auf allen vieren hinauf, obwohl dies unter den Augen der Zuschauer verdammt demütigend war.
    Die Stufen waren mit Stoff belegt, der unter der Hitze des Scheinwerfers eine gewisse Wärme angenommen hatte. Und so kroch ich auf das Podium.
    Die nackten Beine der jungen Frau gerieten in mein Blickfeld. Sie waren fest, sie waren glatt. Eine Haut wie Seide, wunderbar anzuschauen, als mein Blick höher glitt.
    Auch jetzt half mir Marisa nicht. Sie ließ mich mit meiner Mühsal allein. So sah sie mir an, wie ich mich auf die Beine quälte, froh war, endlich zu stehen und den Blick anhob, um mir Walter Shols anzuschauen.
    Er spielte weiter, aber es störte mich nicht, denn mein Interesse galt der fast nackten Person.
    Aus der Nähe sah ich, dass sie noch jung war. Um die 20 Jahre.
    Ein sehr ebenmäßiges und beinahe elfenhaftes Gesicht. Hände mit langen Fingern. Ein Haar, das durch die Strähnen rötlich schimmerte. Dunkelblaue Augen, die noch dunkler wirkten, weil sie durch schwarze Striche umschminkt worden waren.
    »Wer bist du?« Ich hatte meine Kraft zusammengenommen, mich selbst zusammengerissen, und so war mir die Frage flüsternd über die Lippen gedrungen.
    »Marisa…«
    »Das weiß ich.« Atem holen vor der nächsten Frage. »Aber wer bist du wirklich?«
    Sie lächelte nur spröde.
    Aufgeben wollte ich nicht. Deshalb quälte ich mir die nächste Frage ab. »Wo kommst du her, Marisa?«
    »Aus einer anderen Welt.«
    »Ja, das glaube ich. Aber wo liegt sie?«
    »Für dich nicht sichtbar.«
    Die Antworten gefielen mir nicht. Ich ließ mich auch von der Schönheit nicht ablenken. Obgleich ich meine Kräfte noch nicht alle hatte sammeln können, unternahm ich den Versuch, sie anzufassen.
    Sie ließ es auch zu, dass ich meine Hand ausstreckte. Bisher war ich davon ausgegangen, dass sie einen normalen Körper besaß und ich keine feinstoffliche Person vor mir sah. Den endgültigen Beweis wollte ich mir holen, und legte meine rechte Hand auf ihre Schulter.
    Sie war es! Es gab sie! Sie war kein Geist. Sie war nicht feinstofflich. Diese Gedanken bekam ich noch mit, bevor sich alles um mich herum veränderte.
    Ein Schrei war nicht zu hören. Es ging alles sehr glatt und wie von einer Regie bestimmt.
    Ein Schlag durchrann meinen Arm. Wie von einer elektrischen Quelle abgegeben. Meine Hand ruschte von der Schulter weg. Jetzt traf mich die Schwäche voll.
    Als hätte der Blitz bei mir eingeschlagen, brach ich auf dem Podium zusammen…
    ***
    Glenda Perkins und Bill Conolly waren am Tisch sitzen geblieben.
    So verhielten sie sich wie all die anderen Zuschauer und Zuhörer.
    Für sie gab es nur eine Blickrichtung. Sie schauten dorthin, wo ihr Freund John Sinclair herging.
    Normal wäre es gewesen, wenn die beiden aufgestanden wären, um ihm zu folgen. Zwar dachten sie daran, doch den Gedanken in die Tat umzusetzen, war ihnen nicht möglich. Beide fühlten sich, als hätte man ihnen die Kraft aus den Knochen gesaugt. Sie waren schlapp. Sie waren leer. Es gelang ihnen nicht, sich von den Stühlen in die Höhe zu drücken und aufzustehen. Mühsam drehte Bill den Kopf.
    Glenda reagierte nicht.
    Bill sprach sie an. Selbst das bereitete ihm Mühe. »Bitte, hör mir doch zu…«
    Die dunkelhaarige Frau legte den Kopf zurück. Sie schaute gegen die Decke, aber sie sprach. »Es ist alles anders, Bill. Ich… ich … bin nicht

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