1312 - Letzte Ausfahrt Hölle
rief er mir zu.
Ich blickte die Fassade hoch. Der Graukopf, der an einer krummen Pfeife saugte, wartete auf eine Antwort.
»Ugly und seinen Kumpel.«
»Die beiden habe ich gesehen.«
»Und?«
»Bulle?«
»Habe ich vier Beine?«
Die Antwort gefiel ihm wohl, denn er lachte. Ich musste mich schon zusammenreißen, um ihn nicht zu drängen. Ich spürte, dass mir die Zeit im Nacken saß, aber der Pfeifenraucher ließ sich Zeit.
»Wenn du sie finden willst, musst du zur Bude laufen. Das Ding am Ufer. Das Wasser ist niedrig, da ist der Bau nicht überschwemmt. Dahin sind sie gegangen.«
»Danke. Ist Ihnen noch was aufgefallen?«
»Nicht richtig. Aber ich glaube, dass Ugly Schiss gehabt hat. Der ging, als hätte er die Hosen voll. Ist ihm zu gönnen, diesem Angeber. Der hält sich für den Größten. Dabei ist er nur ein Arsch und Angeber, der hier die Leute erschreckt.«
»Ich werde daran denken.«
Ich verzichtete darauf, zu fragen, wie der zweite Mann ausgesehen hatte. Jetzt waren andere Dinge wichtiger. Ich wollte die beiden haben, und ich wünschte mir, dass Ugly noch lebte, denn nur er war in der Lage, mir die Spur zu zeigen, die mich an ein mir noch unbekanntes Ziel führte.
Unbekannt war mir auch die Gegend. Häuser gab es nicht mehr.
Es lag auch kein Abfall herum. Der Weg führte mich bis zum Ufer der Themse. Es war kein Deich gebaut worden, aber es gab genügend breite Wiesen, die zumindest einen Teil des Hochwassers stoppten.
Ich roch das Wasser. Die frische Brise tat der Nase gut, aber ich sah auch die Hütte, die ich suchte. Es war ein Blockhaus. Sehr nah am Fluss gebaut. Klar, dass es bei Hochwasser überspült werden würde, und es sah auch nicht eben stabil aus, wie ich beim Näherkommen erkannte. In der unteren Hälfte wirkte das Holz morsch und feucht. Ein grüner Film hatte sich über das Material gelegt.
Eine Tür sah ich nicht, sie musste sich an der zum Fluss hin liegenden Seite befinden.
Keine Tür und keine Menschen.
An der hinteren Seite blieb ich stehen. Es gab Ritzen im Holz.
Durch eine schaute ich, um erkennen zu können, ob sich dort jemand aufhielt.
Ich hatte Pech. Halbdunkel im Innern. Das war alles, was ich zu sehen bekam. Ich entdeckte auch keine Bedrohung. Weder von Ugly noch von Rico war etwas zu sehen.
Also ging ich zum Eingang. Ich hielt mich dicht an der muffig riechenden Holzwand. Ein Fenster oder eine Öffnung entdeckte ich nicht. Erst durch die Tür konnte ich in die Hütte gelangen.
Auch hier war Vorsicht die Mutter der berühmten Porzellankiste.
Klar, sie war zugezogen worden. Eine Lücke sah ich nicht. Ich stand allein vor ihr. Hinter meinem Rücken hörte ich das Rauschen der Themse wie eine Melodie, die niemals abriss.
Eine Klinke gab es auch. Sie hing traurig nach unten und würde kaum richtig funktionieren. Noch ließ ich meine Waffe stecken. Mit beiden Händen musste ich die Tür aufziehen, die hart über den Boden hinwegschrammte.
Noch auf der Schwelle stehend, zog ich meine Waffe. Ich ärgerte mich darüber, dass ich im Hellen stand, doch es war nicht zu vermeiden. Zudem hatte ich Glück, denn ich wurde nicht als Zielscheibe benutzt und betrat mit einem langen Schritt die Bude.
Der rasche Blick nach einem Lichtschalter brachte mich auch nicht weiter. Es gab wohl keinen. So musste ich mich auf das Licht verlassen, das durch die Tür fiel.
Ein Tisch stand in der Mitte. Um ihn herum gruppierten sich schlichte Holzbänke. Alles wies auf einen Treffpunkt hin. Man kam hier zusammen und gab sich die Kante.
Ich hatte den Eindruck, als dränge immer mehr Licht in die Hütte hinein. Dabei gewöhnten sich meine Augen immer besser an die Lichtverhältnisse. Das Gleiche geschah mit meinen Ohren. Ich hörte nicht nur das Rauschen der Themse. Jetzt nahm ich auch ein anderes Geräusch wahr, das nicht unbedingt hierher passte.
War es ein Jammern? Oder ein Stöhnen? Beides vielleicht, und ich drehte mich nach links.
In der Ecke stand der alte Schaukelstuhl. Er bewegte sich nicht, obgleich jemand darin saß. Er konnte sich auch nicht bewegen, denn die Gestalt saß dort regungslos.
Sie war nicht genau zu erkennen, aber ich hatte schon einen bestimmten Verdacht. Das Licht war zu schlecht, doch ich wollte sehen, wer sich dort aufhielt.
Die kleine Leuchte rutschte mir fast wie von selbst in die Hand.
Eine Sekunde später befand sich der Lichtstrahl auf dem Weg zum Ziel, traf es und ich erschrak.
Den noch recht jungen Mann hatte ich in meinem Leben bisher noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher