1312 - Letzte Ausfahrt Hölle
Glenda holte scharf Atem, »jetzt ist er verschwunden.«
Sie sagte nicht, dass er beim Teufel wäre. Ich sah ihrem Gesicht an, dass sie so dachte.
»Wo fanden die Rennen denn statt?«
»Nicht in der City, John. Auch nicht auf den Ausfallstraßen wie man es aus den Berichten kennt. Nein, die Typen haben sich in die freie Natur verzogen. Dort waren sie ungestört. Dort haben sie auch niemanden gefährdet. Nur eben sich selbst.«
»Ja, ja«, murmelte ich und kam wieder auf den Namen zu sprechen. »Haben sie sich einfach nur so als Höllenfahrer bezeichnet? Oder steckte mehr dahinter?«
Mrs. Genari hatte die Frage aufgeschnappt. »Wie meinen Sie das genau, Mr. Sinclair?«
»Hat Ihr Sohn sich für den Teufel interessiert?«
Beinahe strafend schaute sie mich an. »Wie können Sie das nur sagen, Mr. Sinclair? Rico ist zur Kommunion gegangen. Er wurde getauft, er wurde gefirmt. In unserer Familie ist man katholisch. Das waren meine Großeltern als sie damals aus Italien kamen, und das ist auch in den nächsten Generationen so geblieben. Dass Sie so etwas behaupten, sehe ich schon als eine Kränkung an.«
Ich wollte abschwächen. Glenda war schneller. »Sie müssen wissen, Mrs. Genari, dass John Sinclair Polizist ist. Und als solcher muss er in alle Richtungen recherchieren.«
»Aber nicht bei meinem Sohn«, erklärte sie empört. »Rico hat mit diesen Dingen nichts zu tun.«
»Das mag ja sein«, sagte ich, »trotzdem dürfen wir es nicht aus den Augen lassen.«
»Gut, aber nicht, wenn ich dabei bin.«
Das war typisch Mutter. Für ihren Sohn ging sie durchs Feuer.
Ich hütete mich davor, weiterhin über diesen Aspekt des Themas zu sprechen, aber ich hatte mittlerweile Blut geleckt. Für mich stand jetzt bereits fest, dass ich mich um den Fall kümmern würde. Auch wenn ich noch nicht restlos davon überzeugt war, dass irgendwelche höllischen Kräfte dahinter steckten.
Ich wartete, bis Alina Genari einen weiteren Schluck Wasser getrunken hatte und sagte: »Wie ich hörte, ist Ihr Sohn nicht allein gewesen. Er befand sich in einer Clique.«
»Das ist leider wahr.«
»Kennen Sie Namen dieser Leute?«
Mrs. Genari wich so weit wie möglich auf ihrem Stuhl zurück, als hätte ich sie etwas Schreckliches gefragt. »Für wen halten Sie mich, Mr. Sinclair? Ich kümmere mich doch nicht um diese Menschen. Sie waren mir völlig egal.«
»Das kann ich sicherlich verstehen, aber Sie müssen auch mich begreifen. Wenn ich Ihren Sohn finden soll, muss ich etwas haben, wo ich ansetzen kann. Da könnte mir der eine oder andere Namen schon weiterhelfen, denke ich mir.«
»Sie kennen einen«, sagte Glenda leise. »Sie haben ihn selbst in meiner Gegenwart erwähnt.«
»Ich weiß ja gar nicht, ob er so heißt.« Sie hob die Schultern. »Das kann auch ein Spitzname gewesen sein. Aber wie Sie wollen. Der junge Mann heißt Ugly.«
»Hässlich?«, fragte ich.
»Genau.«
»Haben Sie ihn schon mal gesehen, Mrs. Genari? Ist er so hässlich? Oder nennt er sich nur so?«
»Das weiß ich leider nicht. Ich habe ihn noch nie zu Gesicht bekommen. Ich kenne nur seine Stimme vom Telefon her. Mehr kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen.«
»Dann wissen Sie auch nicht, wo er wohnt?«
»Richtig.«
»Das lässt sich herausfinden«, sagte ich. »Kann ja sein, dass die Gruppe im Internet eine Seite hat und…«
»Hat sie nicht«, sagte Glenda. »Danach habe ich auch schon geschaut. Aber vielleicht weiß Sina Long mehr. Sie ist ja die Freundin von Rico.«
Mrs. Genari winkte ab. »Ich habe mit ihr gesprochen. Viel weiß sie auch nicht. Sie ist ja gegen diese Gruppe gewesen.«
»Haben Sie Sina Long direkt auf den Namen angesprochen?«, hakte ich nach.
»Nein, das habe ich nicht.«
»Aber Sie wissen, wo Sina Long wohnt?«
»Das allerdings.«
»Gut.« Ich lächelte. »Dann schlage ich vor, dass wir der jungen Dame einen Besuch abstatten.«
»Dafür wäre ich auch«, sagte Glenda.
»He, du willst mit?«
»Klar. Was hast du denn gedacht? Ohne mich wärst du gar nicht an den Fall herangekommen.«
Da hatte sie Recht.
»In Gottes Namen, dann fahren wir eben gemeinsam.«
»Aber ich bleibe hier«, sagte Mrs. Genari, »ich gebe Ihnen nur noch die Anschrift. Dann möchte ich wieder nach Hause.« Sie senkte den Blick. »Ich hoffe ja, dass Rico noch lebt, aber irgendwie kann ich es nicht glauben…«
***
»Du willst dich wirklich reinhängen?«, fragte Suko mich, als ich kurz mit ihm telefonierte und ihm einen Lagebericht
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