1312 - Letzte Ausfahrt Hölle
das das Wasser brachte. Sie stellte beides ab und erklärte, dass es mit dem Essen noch etwas dauern würde, weil so viel zu tun war.
»Keine Sorge, ich habe Zeit.«
»Danke.«
Der Wein mundete. Danach trank ich einen Schluck Wasser und konnte eigentlich mit mir und der Welt zufrieden sein, wenn nicht dieses verdammte Gefühl gewesen wäre, das einfach nicht verschwinden wollte. Es blieb wie ein leichter Druck bestehen, und ich wusste auch nicht, ob der Tag so locker enden würde, wie er bisher aussah.
Mein Essen kam schneller als erwartet. Der Wirt wusste, dass die Mittagspausen begrenzt waren und beeilte sich doppelt. Trotzdem war es ein Genuss, den Salat mit der Leber zu essen. Auch das Dressing war einfach super. Dazu wurde warmes Stangenbrot gereicht, das mir ebenfalls gut schmeckte. Die Leberstücke waren nicht zu durchgebraten. Zwar kross, aber im Innern leicht rosa.
Es ging mir gut bis zu dem Zeitpunkt, als ich meinen Teller fast leer gegessen hatte. Dann aber schlug das Schicksal zu. Ich hatte mir soeben eine Scheibe Brot in den Mund stecken wollen, als ich wie zufällig in Richtung Eingang blickte und die beiden Frauen sah.
Die eine kannte ich gut. Es war Glenda Perkins, Sukos und meine Assistentin. Die andere Frau war mir unbekannt. Sie war älter als Glenda, trug eine schwarze Lederjacke und darunter ein rotes Kleid. Ihr Aussehen konnte man als südländisch bezeichnen. Schon von weitem gesehen machte ihr Gesicht einen Eindruck, als hätten sich irgendwelche Schatten darauf niedergelegt. So sah jemand aus, der trauerte.
Glenda schaute sich um. Ich war nicht so leicht zu entdecken. Um mich besser sehen zu können, hob ich den Arm und winkte ihr zu.
Sie sah mich und stieß die Frau neben sich an.
Bevor die Besucherinnen noch meinen Tisch erreicht hatten, stand ich auf und nickte ihnen lächelnd entgegen.
»Das hättest du mir auch sagen können, Glenda, dass du ebenfalls hier essen möchtest. Dann hätte ich uns einen anderen Platz reservieren lassen.«
»Vergiss es. Suko hat mir gesagt, wo ich dich finden kann.« Sie strich über ihre Hüften. »Außerdem muss der Winterspeck weg.«
Ich grinste. »Wo sitzt der denn?«
»Das müsstest du doch am besten wissen.«
Unser Geplänkel endete, und Glenda stellte mir ihre Begleiterin vor. »Das ist Alina Genari. Man kann fast sagen, dass wir beide Nachbarn sind, nicht wahr?«
»Ja.«
Ich reichte der Frau meine Hand, die sie zögernd umschloss. Ihre Hand war kühl und auch etwas feucht. Obwohl sie sich bemühte, ruhig zu sein, sah ich ihr die Nervosität an. Die Augenlider waren in ständiger Bewegung. Das änderte sich auch nicht, als die beiden Frauen die Plätze eingenommen hatten.
»Darf ich etwas bestellen?«, fragte ich.
»Wasser für uns«, sagte Glenda.
»Gut.« Ich aß noch die letzten beiden Leberstücke, schob den Teller zur Seite und schielte Glenda dabei aus dem Augenwinkel an. Sie sah wirklich aus wie der frische Frühling. Sie trug eines dieser modischen geblümten Sommerkleider mit einem hellroten Gürtel und hatte sich die leichte Strickjacke in der gleichen Farbe über den Schoß gelegt.
Mein Teller wurde abgeräumt, und ich bestellte noch zwei Flaschen Wasser.
Alina Genari wich meinem Blick aus. Sie schaute auf ihre Hände, die sie im Schoß zusammengefaltet hatte. Ihre Haut sah blass aus und wirkte an manchen Stellen leicht bläulich.
Glenda übernahm das Gespräch. »Wir sind natürlich aus einem bestimmten Grund zu dir gekommen, und ich denke, dass du dich um die Sache kümmern solltest.«
»Okay. Aber erst möchte ich hören, was sie auf dem Herzen hat.«
»Das kannst du.« Glenda schaute die Frau an, die bisher noch nichts gesagt hatte. »Bitte, Mrs. Genari, reden Sie!«
»Ja, ja, natürlich.« Ihre Stimme klang heiser. Zum Glück wurde das Wasser gebracht. Erst als sie einen kräftigen Schluck getrunken hatte, konnte sie sprechen.
»Es geht um meinen Sohn Rico. Er ist verschwunden. Und ich weiß nicht, ob er tot ist.« Sie zog die Nase hoch, holte ein Taschentuch aus der Lederjacke und drückte es gegen ihre Augen.
Ich schaute Glenda an und schüttelte den Kopf. »Alles was Recht ist«, sagte ich leise, »aber ist das ein Grund, einzugreifen?«
»Warte doch mal ab.«
»Wie du willst.«
In der nächsten Zeit erfuhr ich mehr über Rico. Er war neunzehn Jahre alt und ein guter Junge, wie seine Mutter immer wieder betonte. Leider war er in schlechte Gesellschaft geraten, worauf sie nachdrücklich hinwies. Er war mit
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