1314 - Im Bann der schönen Nymphe
als würden Sie etwas suchen«, sagte das Au-pair-Mädchen.
»Nein, eigentlich nicht.«
»Aber…«
Ich schaute sie an. »Gut Amelie, ich will ehrlich zu Ihnen sein. Man hat uns von anderer Seite her auf dieses Haus hier aufmerksam gemacht. Wir sollten es uns ansehen.«
Für sie war es schwer zu fassen. »Warum?«, fragte sie. »Wenn Sie die Besitzer sprechen wollen, die sind nicht anwesend. Die kommen erst übermorgen von einer Geschäftsreise zurück. Da müssen Sie schon mit mir vorlieb nehmen.«
»Sie sind ganz allein?«, fragte Suko.
Die Worte hatten Amelie etwas verunsichert. »Nein, aber warum wollen Sie das wissen?«
»Bitte, wir meinen es gut mit Ihnen. Wir sind keine als Polizisten verkleideten Eindringlinge oder so. Es interessiert uns aus bestimmten Gründen.«
»Ich bin nicht allein. Jenny ist noch hier. Jenny Mason, die Tochter des Hauses und mein Schützling, wenn Sie so wollen.«
»Ein Kind?«
»Klar.« Sie nickte Suko zu.
»Wie alt?«
»Elf Jahre.«
»Ziemlich jung.«
»Man kann Jenny nicht allein lassen. Nicht in dieser Einsamkeit. Deshalb bin ich engagiert worden. Die Masons lieben das Haus nun mal. Sie besitzen zwar eine Stadtwohnung, aber dort wollten sie Jenny nicht aufwachsen lassen.«
»Wo ist das Mädchen jetzt?«, fragte ich.
Amelie gab sich etwas verunsichert. »Bitte, ich weiß nicht, warum Sie unbedingt nach Jenny fragen. Hat Sie etwas getan? Gibt es da irgendwelche Probleme?«
»Nein, auf keinen Fall«, beruhigte ich sie. »Wir hatten in der Gegend zu tun und bekamen so etwas wie einen Tipp, uns dieses Haus mal genauer anzuschauen. Das heißt, nicht so sehr das Haus, sondern mehr seine hintere Umgebung.«
»Da gibt es nicht viel zu sehen.«
»Man sprach von einem Teich.«
Warum Amelie zusammenzuckte, wussten wir auch nicht. Jedenfalls tat sie es. Auf ihr Gesicht legte sich ein leicht erstaunter Ausdruck. »Den Teich gibt es schon. Aber er gehört nicht mehr zu diesem Grundstück hier. Sie finden ihn mitten in einem Wald, der praktisch dort anfängt, wo das Grundstück endet.«
»Kennen Sie ihn?«
»Klar«, gab sie zu und schaute uns wieder erstaunt an. »Nur kann ich nicht sagen, dass er mir besonders gefällt. Es ist kein großes Gewässer, und wenn sie vor ihm stehen, können Sie den Grund nicht sehen. Zu dunkel ist das Wasser. In ihm schweben zahlreiche Pflanzen, viele Blätter, vielleicht auch Tang und Schlamm. Ich war zwei Mal dort, auf ein drittes Mal kann ich verzichten. Aber warum interessieren Sie sich für dieses Gewässer? Was ist daran so schlimm?«
»Im Prinzip nichts«, sagte ich. »Zumindest hoffen wir das. Wir haben nur die Aussagen von Menschen, die behaupten, dass der Teich nicht ganz geheuer ist.«
»Ach, was meinen die denn?«
»Nun ja, es wurde behauptet, dass durch den Wald oder Park hinter Ihrem Haus Gestalten geschlichen sind, und die müssen etwas am oder im Teich gesehen haben.«
Meine Bemerkung hatte die junge Frau nachdenklich werden lassen. Uns kam es so vor, als hätten wir ein kleines Tor geöffnet, um Zugang zu bekommen.
Nach einer Weile nickte sie. »Da war tatsächlich etwas.«
»Was denn?«, fragte Suko.
»Das kann ich nicht so genau sagen. Wir wohnen hier zwar recht einsam, aber nicht einsam genug, denn es trieben sich einige komische Typen mal auf dem Grundstück am Wald herum.«
»Können Sie die beschreiben?«
»Schwer…«
Suko blieb sehr freundlich. »Bitte, denken Sie darüber nach, Amelie.«
»Ja, ja, das versuche ich. Ans Haus sind sie nicht herangekommen, aber sie waren hinten im Garten oder Park, und dann verschwanden sie im Wald. Komisch sahen sie schon aus.« Während sie in der Erinnerung kramte, schaute sie an uns vorbei. »Sie trugen keine normale Kleidung, sondern lange Gewänder, die dunkel waren. Wie Schattenwesen liefen sie herum.«
»Aber sie kamen nicht bis ans Haus – oder?«
»Nein, nein, das nicht. Die blieben ziemlich weit hinten. Was sie da interessierte, weiß ich auch nicht.«
Ich sprach sie auf die Masons an. »Haben Sie mit ihnen darüber geredet?«
»Nein, das konnte ich nicht. Sie waren mal wieder nicht da. Auch Jenny habe ich nichts gesagt. Ich wollte sie nicht beunruhigen, aber ich hatte schon Angst. Da habe ich immer alles verriegelt. Ich wollte nicht, dass sie ins Haus kamen.«
»Man hat Sie dann in Ruhe gelassen?«
»Ja, zum Glück.«
Amelie machte auf uns den Eindruck eines Menschen, der noch immer nicht alles begriffen hatte. Es lag auf der Hand, denn so einfach war es
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