1314 - Im Bann der schönen Nymphe
weichen.
Immer und immer wieder rollte es sich auf. Im Mittelpunkt standen Jamilla und das grüne Skelett. Sie fragte sich immer wieder, wie die beiden in den Teich gelangt waren.
Über das grünliche Skelett machte sie sich weniger Sorgen, wichtiger war Jamilla für sie.
Eine Person, die nicht tot war, sondern tatsächlich in diesem grünen Teichwasser lebte.
Dafür hatte Jenny keine Erklärung, das war für sie ein wahr gewordenes Märchen. Sie hatte Geschichten von Elfen und Wassernixen gelesen und auch immer daran geglaubt, dass diese Wesen existierten. Diese anderen Welten, über die es in den Geschichten so viel zu lesen gab, die konnte man sich nicht nur aus den Fingern gesaugt haben. Da musste ein Teil Wahrheit vorhanden sein.
Jenny hatte sie gefunden!
Nur war es eine gruselige Wahrheit. Wenn sie wieder und wieder daran dachte, rann ihr ein Schauer nach dem anderen über den Körper hinweg. Manchmal war er warm, manchmal kalt, und sie beschäftigte sich vor allem mit Jamilla.
Nein, sie war kein normaler Mensch. Sie war ein Wesen. Aber ein lebendiges. Es existierte im Wasser. Es lebte dort wie ein Fisch. Sie glaubte nicht daran, dass es wie ein Mensch atmen musste, aber trotzdem besaß es keine Kiemen.
Eine Nixe…?
Immer mehr setzte sich dieser Gedanke in ihr fest und vertrieb die Erinnerung an das grüne Skelett. Aber warum hatte das Gesicht der Nixe so traurig ausgesehen und auch düster? Jenny brauchte nur an die dunklen Augen zu denken, um ihre Gedanken bestätigt zu bekommen. Es war so ungewöhnlich und seltsam. Nichts Freundliches. Eine traurige Nixe, die in der anderen Welt nicht glücklich sein konnte.
Trotzdem war sie nett. Sie hatte Jenny zwar ins Wasser gezogen, zugleich aber hatte sie dafür gesorgt, dass sie nicht ertrank. Es hätte auch anders ausgehen können.
Durch das viele Lesen hatte Jenny Mason eine andere Denkweise bekommen. Und so dachte sie öfter wie ein Erwachsener. Das war auch jetzt der Fall, als sie in ihrem Bett lag und nicht einschlief.
Manchmal nur bewegte sie ihre Augen. Dann glitt der Blick weg von den Regalen und zum Fenster hin.
Dahinter lag die normale Welt. Eingepasst in das ewige Wechselspiel zwischen Tag und Nacht. Der Tag hatte sich zwar noch nicht verabschiedet, aber es würde nicht mehr lange dauern, denn selbst durch die Scheibe sah sie die länger gewordenen Schatten.
Die Dämmerung würde bald hereinbrechen. Ihr würde die Nacht folgen. Und dann? Was passierte dann?
Jenny wusste es nicht. Es konnte eine ganz normale Nacht werden, aber auch eine sehr düstere und gefährliche, die alles Mögliche zum Vorschein brachte. Eine Nacht hielt vieles bereit.
Nicht alles schlief in der Dunkelheit. Da erwachten andere Tiere zum Leben, da atmete die Natur aus, um sich von der Last des Tages zu befreien.
Da öffneten sich auch Tore. Da schauten die Bewohner anderer Welten in die der Menschen hinein. Da ließen sich die Engel auf der Welt nieder, und da schauten seltsame Geschöpfe nach den Menschen und auch nach schlafenden Kindern.
Angst machte ihr die Dunkelheit nicht. Sehr oft hatte sie in der Nacht das Fenster geöffnet und in den Park geschaut, denn ihr Zimmer lag auf der Rückseite des Hauses.
Und jetzt?
Wieder würde die Nacht kommen, aber sie würde nicht mehr mit einer Leichtigkeit von Jenny begrüßt werden. An diesem Tag hatte sich ihr Denken verändert. Nie mehr würde sie in die Dunkelheit lauschen, um nach wispernden Stimmen zu lauschen, die durch die Nacht wehten.
Trotzdem zog sie das Fenster immer wieder an. Auch jetzt, denn sie hatte sich im Bett hingesetzt und den Kopf ein wenig nach links gedreht, um dort etwas erkennen zu können. Hinter dem Rechteck war es noch nicht dunkel geworden. Ein wenig dämmrig, das war alles.
Die innere Uhr war aufgedreht. Damit nahm die Unruhe auch zu.
Jenny ging davon aus, dass etwas passieren würde. Je mehr Zeit verstrich, umso deutlicher wurde ihr Gefühl.
Werde ich Besuch bekommen?
Je mehr sie darüber nachdachte, desto stärker wurde der Gedanke. Jenny Mason gehörte zu den sehr sensiblen Kindern, und jetzt spürte sie, dass etwas oder jemand zu ihr unterwegs war, um ihr eine Botschaft zu überbringen. Es war noch nicht da, aber es näherte sich.
Sie ließ das Fenster nicht aus den Augen. Es gab keine Veränderung, doch es würde…
Etwas berührte sie.
Nicht von außen, sondern innen.
Eine feine glockenhelle Stimme, die Jenny auch sofort erkannte.
Es war Jamilla, die zu ihr sprach.
Im ersten
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