1315 - Das Lied von Blut und Tod
Zukunft, die nicht gut sein konnte.
Es gab schließlich echte Vampire. Sie waren immer darauf erpicht, Nachwuchs zu suchen, um ihre Macht zu vergrößern. So etwas konnte ich nicht hinnehmen. Da mussten wir den kleinsten Spuren nachgehen, die uns vielleicht dann zu Dracula II oder Justine Cavallo führten.
Das Warten ist nicht meine Sache. Da tropfen die Sekunden träge und zäh dahin. Müdigkeit verspürte ich nicht. Der Tag war zwar lang, aber auch aufregend gewesen. Da konnte ich mich nicht einfach ins Bett legen und einschlafen.
Ich hatte vor dem Anruf bewusst nicht auf die Uhr geschaut, um mich nicht noch stärker unter Druck zu setzen. Eine zweite Dose Wasser leerte ich auch, aß sogar noch ein Stück Käse mit einer dünnen Scheibe Brot und überlegte, ob ich O’Hara selbst anrufen sollte, als sich das Telefon meldete.
»Ich bin es wieder«, sagte O’Hara.
»Und? Haben Sie was herausgefunden?«
»Ich denke schon.«
Meine Spannung stieg. O’Hara war ein Mensch, der sehr langsam sprach. Er redete zum Glück nicht um den heißen Brei herum und kam sofort zur Sache.
»Sie haben die richtige Nase gehabt, John. Es gibt einige Fälle, die gemeldet wurden. Da sind Menschen wirklich von diesen Typen mit den Gebissen angegriffen worden.«
»Wo war das?«
»Man kann es nicht lokalisieren. Eigentlich über London verteilt. Natürlich an einsamen Orten, das versteht sich.«
»Gab es Tote?«
»Zum Glück nicht. Nur Verletzte. Ich allerdings würde nicht eben von leichten Verletzungen sprechen. Die Kollegen haben sechs Meldungen vorliegen. Wobei ich denke, dass die Dunkelziffer größer ist.«
»Das kann ich mir auch vorstellen.« Ich stellte die nächste Frage.
»Sind Fälle aufgeklärt worden?«
»Leider nicht.«
»Hm. Gab es Beschreibungen der Täter?«
O’Hara zögerte mit der Antwort. Schließlich sagte er: »Ich weiß ja, wie die Typen ausgesehen haben, doch so direkte und genaue Beschreibungen haben die Kollegen nicht bekommen. Es waren wohl auch nicht nur die beiden Blonden. Auch andere haben kräftig mitgemischt. Deshalb muss man davon ausgehen, dass wir es hier mit einer größeren Gruppe dieser seltsamen Vampire zu tun haben.«
Es war nicht unbedingt überraschend für mich. Ich sagte nur:
»Das habe ich befürchtet.«
»Die Kollegen sind den Überfällen nachgegangen. Ich will mal dahingestellt sein lassen wie intensiv, doch die Nachforschungen sind im Sande verlaufen.«
»Das war zu befürchten.«
»Wenn Sie die Aussageprotokolle wünschen, John, dann müssen Sie sich an die Metropolitan Police wenden.«
»Mal sehen, ob ich das morgen früh in Angriff nehmen werde.«
»Ähm – heute früh.«
»Auch das.«
Ich bedankte mich bei Frank O’Hara und stellte den Apparat wieder auf die Station. Gedankenverloren blieb ich sitzen. Ich war zwar nicht konkret weitergekommen, aber ich hatte erfahren, dass nicht nur das Geschwisterpaar mitmischte. Da schien eine ganze Bande oder Gruppe am Werk zu sein, und das machte mir Sorgen.
Diese zumeist jungen Menschen wussten nicht, auf was sie sich einließen. Sie suchten den Kick, sie suchten den besonderen Spaß und ahnten nicht, auf welch einem gefährlichen Gelände sie sich bewegten. Da konnte der Spaß leicht in grausamen und blutigen Ernst umschlagen, denn die echten Vampire waren immer auf der Suche nach Nachwuchs. Auf so etwas lauerte eine Justine Cavallo nahezu.
Für mich stand fest, dass es eine Szene gab. Es mochten nicht alle unbedingt mit Stahlgebissen herumlaufen, das waren sicherlich nur die wenigsten, aber es wäre für uns schon zum Vorteil gewesen, wenn wir Mitläufer fanden. Dazu mussten wir uns in die Szene begeben, die recht groß war.
Man nannte sie Grufties oder Schwarze. Menschen, die praktisch zwei Leben führten. Zum einen das normale mit völlig normalen Berufen, zum anderen die zweite Existenz, die nach Feierabend begann. Da zeigten sie dann ihr zweites Ich. Genau das lebten sie oft intensiver aus als das erste.
Ich ging davon aus, dass wir das Geschwisterpaar nicht so leicht fanden, auch nicht mit einer Großfahndung. Die kannten die perfekten Verstecke. Deshalb wollte ich mich zunächst in der Szene umschauen und dort Fragen stellen und auf Antworten hoffen.
Nicht allein, Suko würde diesen Weg mitgehen. Ich war davon überzeugt, dass die Schwarzen Mike und Mona Delano kannten, auch wenn sie nicht unmittelbar mit ihnen etwas zu tun hatten.
Dass sich jemand stählerne Gebisse in den Mund schob, damit andere Menschen
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