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1315 - Das Lied von Blut und Tod

1315 - Das Lied von Blut und Tod

Titel: 1315 - Das Lied von Blut und Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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verletzte, um an deren Blut zu kommen, das wollte mir nicht in den Kopf. Da musste was nicht stimmen. Die meisten Grufties waren nicht so. Ich kannte das aus eigener Erfahrung. Aber Auswüchse gab es immer wieder. Und im Schutz der Schwarzen konnten sich auch Mike und Mona bewegen. Die würden sie kaum verraten.
    Während dieser Überlegungen hatte ich mich ausgezogen und aufs Bett gelegt. Glücklicherweise gehörte ich nicht zu den Menschen, die über ihre Fälle auch in der Nacht nachgrübelten. Dann hätte man mich schon längst in eine Anstalt schaffen können.
    Die Natur verlangte bei mir ihr Recht. Ehe ich mich versah, war ich eingeschlafen…
    ***
    Es war seine Welt. Es war der Traum, in dem sich Mike Delano wohl fühlte. Er nahm die besondere Atmosphäre wahr, die ihm aus dem Innern der Kapelle entgegenwehte. Es war die mit Gerüchen angefüllte Kühle, die ihn tief durchatmen ließ.
    Er schloss die Augen. Er spürte den Geschmack alter Mauern auf seiner Zunge, vermischt mit dem eines süßlichen Parfüms und auch eines anderen Aromas, denn es gab einen Duft, der von der Kaste der Schwarzen sehr bevorzugt wurde.
    Man sprach von Leichenparfüm. Das Zeug roch alt und nach Moder und Verwesung. Jedenfalls hatten die Hersteller versucht, diesen zu imitieren. Ob es ihnen ganz genau gelungen war, stand in den Sternen, jedenfalls hielt sich dieser Geschmack zwischen den Wänden.
    Draußen lauerte die Nacht. Auch in der Kapelle war die Dunkelheit der Sieger. Und doch war es nicht so finster, als dass man nicht die eigene Hand vor den Augen gesehen hätte. Umrisse nahm Mike wohl wahr. Kastenähnliche Gegenstände, mal breit, mal höher. Sie verteilten sich in der Kapelle an den verschiedenen Stellen. Wer die Wege nicht kannte, wäre immer über sie gestolpert.
    Für Mike Delano war das nebensächlich. Er spekulierte auf etwas anderes. Ohne es gesehen zu haben, wusste er sehr genau, dass er sich nicht allein in der Kapelle befand. Es war noch jemand da. Er spürte es, und er stellte auch die Frage.
    »Bist du es, Vanessa?«
    Als Antwort klang ihm ein kehliges Lachen entgegen.
    Für einen Moment verzogen sich die Lippen des jungen Mannes zu einem breiten Lächeln. Sie war es. Sie wartete. Genau wie er es sich gedacht hatte. Und es blieb nicht bei dieser einen, leicht ungewöhnlichen Antwort, denn Vanessa tat etwas, was zu ihr gehörte.
    Sie begann zu spielen, denn sie hatte ihr Instrument mit dabei.
    Ohne es ging sie nicht aus dem Haus. Es gehörte zu ihr wie der Ball zum Kicker.
    Sie spielte nicht nur einfach Geige, nein, das war zu wenig. Sie lebte die Melodien. Sie legte viel von sich selbst hinein. Und so war in den Klängen eine Sehnsucht zu spüren, der eigentlich jeder aus der Gruppe nachhing.
    Die Sehnsucht nach einer anderen Welt. Nach der Dunkelheit.
    Nach dem lebendigen Tod. Zugleich nach dem ewigen Leben, das auf eine besondere Weise durchgeführt worden war.
    Klagend, weinend, auch traurig darüber, dass das Ziel noch nicht erreicht worden war. Und zwischendurch das Aufbäumen. Gekonnt inszeniert durch schrille, aufsässige Töne, die bewiesen, dass an Aufgabe nicht zu denken war.
    Vanessa spielte das Lied von Blut und Tod…
    Nach diesem verdammten Tag war es für das Geschwisterpaar ein regelrechter Seelenbalsam. Auch Mona gefielen die Klänge. Sie stand hinter ihrem Bruder und hatte ihre Hände auf dessen Schulter gelegt. Er hörte sie ab und zu stöhnen.
    Die Wände hatten zwar Fenster, doch sie glichen mehr breiten Schießscharten. Der Klang der Melodien drang natürlich nach draußen, aber er verwehte sehr bald und erreichte höchstens den Buschgürtel. Bis zur Kläranlage war er nicht zu hören.
    »Spielt sie nicht wunderbar, Bruder?«
    »Ja. So wie immer.«
    »Jetzt sind wir zu Hause.«
    »Genau.« Mike griff nach hinten und hob seine Arme dabei an. Er schob die Hände seiner Schwester von seinen Schultern fort.
    »Schließ die Tür und zünde die Kerzen an.«
    »Ja, mache ich…«
    Mona ging. Sie kannte sich in der Kapelle bestens aus. Sicher bewegte sie sich zwischen den Gegenständen und blieb an einer bestimmten Stelle stehen. Sie holte die Schachtel mit den langen Zündhölzern hervor, die man ihr nicht abgenommen hatte.
    Das ratschende Geräusch wurde vom Klang der Geige übertönt.
    Eine erste Flamme wand sich zuckend in die Höhe, berührte einen Docht und schon brannte die Kerze.
    Sehr bald hatte auch der zweite Docht Feuer gefangen. Dann der dritte, der vierte und so weiter.
    Vanessa ließ

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