1321 - Brennpunkt Big Planet
vorgedrungen, und wenn ihr so weitermacht wie bisher, werdet ihr das Herz der Pyramide erreichen", übersetzten sie das Farbenspiel des Tunnels, das immer schneller wurde. Mühelos hielten die beiden Haluter der Beschleunigung stand. Ihre Gehirne hätten die auf sie einstürzenden Impulse auch noch wesentlich schneller aufnehmen können. „Wenn ihr das Herz der Pyramide erreicht, werdet ihr zu einem Satelliten außerhalb des Quarantäneschirms abgestrahlt werden."
Das war nichts Neues. Doch die beiden Haluter hüteten sich, ihr Wissen preiszugeben. „Damit erwerbt ihr euch das Recht auf eine Upanishad-Ausbildung."
Der Ton der Mitteilung wurde noch vertraulicher als zuvor. Domo Sokrat stutzte.
Wieso diese Vertraulichkeit? Warum sprach der Tunnel sie nicht mit dem gewohnten „Sie" an?
Er spürte, daß sie in eine Atmosphäre der Vertraulichkeit hineingezogen wurden, in der ihre Aufmerksamkeit eingeschläfert werden sollte.
Er blickte Benk Monz an. Der Archäologe hatte glasige Augen. Er schien nicht mehr zu wissen, wo er war.
Und plötzlich begriff Domo Sokrat. „Nein!" brüllte er, packte den Freund und riß ihn mit aller Gewalt zurück. Zusammen mit ihm stürzte er nach hinten und rollte einige Meter weit durch den Gang, durch den sie gekommen waren. Benk Monz schlug in seinem Schrecken unwillkürlich um sich, doch Domo Sokrat umklammerte ihn mit allen vier Armen, so daß er sich nicht mehr rühren konnte. „Was ist los?" stammelte der Archäologe. „Die Falle. Es ist eine teuflische Falle", keuchte Domo Sokrat. „Sie lullt uns langsam ein. Sie zieht uns zu sich hin. Ich bin sicher, daß sie uns ein Virus eingeben wird, wenn wir noch mehr auf sie eingehen."
„Ein Virus?" fragte Benk Monz. „Was meinen Sie damit?"
„Einen Löschbefehl", antwortete Domo Sokrat mit schwankender Stimme. Ihm war anzuhören, daß ihm der Schrecken in die Glieder gefahren war. „Ich verstehe noch immer nicht. Was für einen Löschbefehl?"
Der Archäologe löste sich aus den Armen des Freundes, richtete sich auf und ließ sich mit den Schultern gegen die Wand des Ganges sinken. Er war sichtlich verwirrt und hatte Mühe, in die Wirklichkeit zurückzufinden. „Es ist ganz einfach", erläuterte Domo Sokrat. „Der Tunnel will uns einen Dialog aufzwingen, bei dem er uns das Gefühl verleiht, daß er uns wichtige Informationen gibt. Er will uns dazu verführen, mehr und mehr Fragen zu stellen, damit er entsprechend umfangreicher antworten kann.
Und dann - irgendwann, wenn wir nicht mehr aufpassen - schickt er uns ein Killer-Virus. Eine Computerinformation, die einen Löschbefehl beinhaltet. Damit löscht er alles in unseren Gehirnen gespeicherte Wissen."
„Und wir wären nichts weiter als lallende Idioten mit völlig leeren Gehirnen. Wir wären absolut hilfios."
Benk Monz ließ sich in die Hocke sinken. Er blickte mit verengten Augen auf den schillernden Tunnel. „Jetzt sind es überwiegend blaue und graue Farbtöne", stellte er mit bebender Stimme fest. „Die Falle ist enttäuscht. Beinahe hätte sie uns erwischt. Ihre Aufmerksamkeit hat uns gerettet."
Ihm war anzumerken, wie erschrocken er war. Die Umgebung seiner drei Augen war hellgrau geworden, und über seinen hornigen Lippen hatten sich tiefe Falten gebildet. „Nur nicht einschüchtern lassen", sagte Domo Sokrat. „Wir haben es ja noch rechtzeitig gemerkt."
Er ging auf den Tunnel zu. „Was haben Sie vor?" fragte Benk Monz. „Wir gehen weiter", sagte Domo Sokrat entschlossen. „Wir halten uns nicht mit dem Tunnel auf."
Er stürmte in den Tunnel hinein, doch dann schien es plötzlich, als sei er gegen eine unsichtbare Wand gelaufen. Er stolperte und stürzte krachend zu Boden.
In ihm klang eine Stimme auf Ich befreie dich, mein Freund, vernahm er.
Im ersten Moment glaubte Domo Sokrat an eine Falle. Er rappelte sich auf und stürzte erneut zu Boden, als der Archäologe gegen ihn prallte. „Es ist eine Falle", schrie Benk Monz und gab ihm damit zu verstehen, daß er die Worte ebenfalls vernommen hatte. „Es muß eine sein."
Er half Domo Sokrat auf und rannte mit ihm weiter bis an das Ende des farbenprächtigen Tunnels. Ein Schott öffnete sich vor ihnen, und sie taumelten in einen Antigravschacht, der sie einige Meter weit in die Höhe trug und dann in einen kreisrunden Raum entließ. Die beiden Haluter blieben stehen und blickten sich an. „Ich war fest davon überzeugt, daß es eine Falle ist", erklärte der Archäologe. „Ich wollte nur so schnell
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