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1324 - Der Große Bruder

Titel: 1324 - Der Große Bruder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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des Organikers nicht mehr vorstellen - hatte es doch schon Schwierigkeiten, sich ein begreifbares Bild des Standarduniversums zu machen, was ihm meist nur gelang, wenn es sich die Zeitkoordinate als getrennt und völlig verschieden von den drei räumlichen Koordinaten dachte.
    Sid Avarit seufzte und senkte den Kopf. Der Nacken tat ihm weh vom langen Hinaufsehen. Er warf einen Blick auf das Chronometer. Es ging auf 20.30 Uhr. Es wurde Zeit, daß er zu den anderen zurückkehrte.
    Enza und Notkus waren mit ihren Schaltungen beschäftigt. Das Video zeigte das Gewirr der Stygfäden. Der Strang, auf dem der Kurier erwartet wurde, war derselbe, der vor mehr als sechs Stunden die Psifunk-Meldung befördert hatte: BR 1. Tirzo hatte ebenfalls eine Aufgabe übernommen. Er saß vor dem kleinen Empfänger, über den in unregelmäßigen Abständen lakonische Durchsagen von der IANUS hereinkamen.
    Später jedoch schob er seinen Sessel ein Stück weit zurück. Er kramte einen Paratautropfen aus der Tasche, drückte sich tief ins Polster und schloß die Augen.
    Es wurde damit gerechnet, daß der Kurier - die übliche Fluggeschwindigkeit enerpsibetriebener Fahrzeuge vorausgesetzt - das Styx-System anderthalb bis zwei Minuten vor der geplanten Materialisierung im Zielgebiet passieren würde.
    Nach dieser Rechnung mußte er jeden Augenblick auftauchen.
     
    *
     
    Es war so still in der Umgebung des Striktors, daß man die drei Humanoiden atmen hören konnte.
    Sid Avarit ertappte sich dabei, wie er die Sekunden zählte. Die Spannung hielt ihn gefangen. Es hatte keinen Sinn zu zählen. Er wußte nicht einmal, bis wohin er zählen sollte. Als Tirzo plötzlich zu sprechen begann, fuhr er steil in die Höhe, als hätte ihn einer mit der Nadel in den Rücken gestochen.
    „Ich sehe ihn." Die Stimme des Blues klang merkwürdig hohl. „Vierzig Psi-Sekunden entfernt. Aber er bewegt sich langsam."
    „Wir hören euch", meldete sich eine Stimme von der IANUS.
    Eine Minute verstrich. Der Kurier entwickelte nicht annähernd die Geschwindigkeit eines Bündels von Psifunk-Impulsen.
    „Positive Anzeige", verkündete Notkus Kantor, der seit ein paar Minuten den Blick nicht von den Digitalinstrumenten gewandt hatte.
    „Striktor steht bereit", sagte Enza. „Ich schneide ... jetzt!"
    „IANUS - höchste Alarmbereitschaft", rief Notkus.
    „IANUS bereit", kam die Antwort.
    Schweiß bildete sich auf Sid Avarits Handflächen. Wie würde es ausgehen? Schafften sie es wirklich, einen Kurier des Sothos zu kapern, ohne entdeckt zu werden?
    „Leistungsabfall Projektor zwo!" meldete Enza. Es schwang Ärger in ihrer Stimme.
    „Verdammt noch mal, ausgerechnet jetzt..."
    „Stabilisierung durch restliche Projektoren", sagte Notkus und schaltete.
    Die Schnittstelle im Strang BR 1 schien zu zittern. Der leuchtende Punkt tauchte wieder auf, glitt hin und her, wurde unsichtbar.
    „Leistung auf vier und fünf fällt ebenfalls ab", schrie Enza. Sie hörte sich an, als wollte sie vor Wut anfangen zu weinen.
    „Schnittstelle wird instabil... wir kriegen ihn nicht raus", sagte Notkus voller Verzweiflung.
    Von dort, wo Tirzo saß, kam ein stöhnendes Geräusch. Sid Avarit sah sich um. Er erschrak. Der Blue war in sich zusammengesunken. Das sonst so kräftige Rosa seiner Hautfarbe an Hals und Schädel hatte eine kränkliche, schmutziggelbe Tönung angenommen. Sid sprang auf. Er eilte zu Tirzo hin und rüttelte ihn an den Schultern.
    „Was ist los, Freund?"
    „Er ist ... nicht mehr da ...", ächzte der Blue. „Und ... doch da. Ich spüre ihn ..."
    Seine Stimme wurde zu einem dünnen Pfeifen. Er hielt die Augen noch immer geschlossen. Instinktiv griff Sid nach seiner rechten Hand.
    „Laß los, Tirzo", keuchte er.
    Es kostete ihn Mühe, die drei Daumen nach außen zu biegen. Im Hintergrund hörte er, wie Enza und Notkus einander Meßergebnisse zuriefen. Tirzo leistete Widerstand. Mit aller Kraft seiner muskulösen, siebenfingrigen Hand hielt er den Paratautropfen fest, der ihm die Fähigkeit gab, in den Strang des Stygischen Netzes hineinzublicken.
    Sid spürte ein Prickeln, das von der Hand des Blues auf die seine überging. Ein stechender, brennender Schmerz fuhr ihm den Arm hinauf, durch den Nacken, in den Schädel. Da begriff er, daß der Instinkt ihm richtig geraten hatte. Irgendein psionischer Effekt machte Tirzo zu schaffen. Er koppelte mit der Strahlung des Paratautropfens und erzeugte Schmerz, der den Verstand verwirrte.
    „Mach die Augen auf, Tirzo!" schrie

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