1329 - Zombie-Nacht
hinzu.
Jane stellte sich ans Fenster. Sie schaute nicht in den Hinterhof, sondern nach draußen auf die Straße. Die Bäume trugen ihr dichtes Laub. Es war in den letzten Stunden etwas feucht geworden. So sahen manche Blätter aus wie mit Fett eingerieben. Da kein Wind herrschte, bewegte sich auch nichts. Schlapp hingen sie nach unten.
Die Flasche Mineralwasser war Janes Begleiterin. Bei diesen Temperaturen musste man wirklich einige Liter am Tag trinken, sonst dörrte man aus.
Jammern half nichts. Anderen erging es ebenso. Da musste man einfach durch.
Sie schaute auf die Uhr.
Noch eine Stunde bis Mitternacht. Abkühlen würde es sich auch dann nicht. Erst in den frühen Morgenstunden gingen die Temperaturen zurück. Da konnten die Menschen dann etwas durchatmen.
Der Durchzug brachte ein wenig Kühle, auch wenn die Luft noch warm hineinschwappte. Durch die offenen Fenster wurde der Klang der Stimmen bis zu ihr hingetragen. Sie freute sich, dass es den Menschen im Hof gut ging. Sie hatten ein Recht darauf, sich zu amüsieren. Jane selbst hätte es nicht gekonnt.
Das Telefon zerriss mit seinem Klingeln die Stille. Es war wie ein böser Biss, und Jane Collins zuckte heftig zusammen. Wer zu so später Stunde anrief, tat dies nicht nur, um eine gute Nacht zu wünschen.
Sie hob den Apparat von der Station und ließ sich in einen Sessel fallen.
»Ja…«
»Ich bin es.«
Sie hörte John Sinclairs Stimme und wusste Bescheid. Beide kannten sich lange genug, um zu wissen, wann es dem anderen schlecht ging und wann nicht.
»Du hast Probleme, John.«
Er bestätigte dies und fügte hinzu, dass sie eventuell auch welche bekommen könnte.
»Okay, dann höre ich zu.«
Die Gänsehaut, die in den nächsten Minuten bei ihr entstand, war nicht auf einen Kälteschock zurückzuführen. Es lag einzig und allein an dem, was ihr John Sinclair sagte, und plötzlich war die verdammte Bedrohung wieder zum Greifen nahe vor ihr. Obwohl sie im Sessel saß, hatte sie das Gefühl, tiefer zu sinken, und ihre Antworten bestanden ausnahmslos aus Zustimmungen.
»Hast du noch Fragen, Jane?«
»Nein, ich werde all das tun, was du mir geraten hast.«
»Sehr gut. Sobald etwas eintritt, setz dich mit mir in Verbindung.«
»Keine Sorge.«
Nach einem knappen Abschied war die Verbindung unterbrochen. Jane blieb erst mal sitzen. Sie schaute ins Leere und musste sich alles, was sie gehört hatte, durch den Kopf gehen lassen.
Sie würde nicht mehr lange allein bleiben. John hatte Glenda Perkins angerufen. Sie sollte sich in ein Taxi setzen und zu Jane fahren, wo sie dann auch blieb. Die Conollys konnten auf sich selbst aufpassen, bei Glenda war das etwas anderes.
John befand sich auf der Fahrt nach London. Suko ebenfalls. Er war der Verfolger der Zombies. Auch er würde nicht zur gleichen Zeit dort sein können, wo sie angriffen. Für sie kam es jetzt darauf an, taktisch klug genug vorzugehen. In diesem Fall konnten Fehler tödlich sein. Jane dachte an die Menschen im Hinterhof. Beute für die lebenden Leichen. Auf keinen Fall durfte es ihnen gelingen, zwischen ihnen aufzutauchen. Jane musste versuchen, sie vor dem Haus abzufangen.
Sechs Zombies auf dem Weg nach London. Sechs lebende Leichen auf dem Höllentrip.
Jane konnte es nicht fassen. Das war einem Menschen, der mit der ganzen Sache nichts zu tun hatte, nicht beizubringen. Aber sie würde nicht flüchten, sondern sich stellen.
Sie holte ihre Waffe. Es war eine mit geweihten Silberkugeln geladene Beretta. Jane bedachte sie mit einem langen Blick, wechselte die Hose und zog eine an, die ihr nur bis zu den Knien ging, im Bund aber von einem Gürtel gehalten wurde. Dort konnte sie auch die Pistole hineinschieben.
Danach ging sie die Treppe nach unten in den Bereich, in dem früher Lady Sarah gelebt hatte. Hier sah es noch immer so aus, als hätte sie nur das Haus verlassen, um etwas später zurückzukehren.
Auch in der Küche war alles so geblieben.
Jane Collins stellte sich vor das Fenster und schaute durch die Scheibe zur Straße hin. Jetzt konnte sie nur hoffen, dass Glenda Perkins mit dem Taxi schneller war als die verfluchte Brut…
***
Sheila Conolly seufzte, drehte sich zur Seite und griff nach ihrem Glas, in dem gecrashtes Eis einen alkoholfreien Drink kühlte. Sie und ihr Mann Bill erlebten wieder eine dieser subtropischen Nächte, in denen einem selbst das Denken schwer fiel. Für diese Temperaturen war der Körper einfach nicht geschaffen. Hinzu kam der bleiche Mond, der
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