1329 - Zombie-Nacht
sie daran dachte und sich auch sagte, dass sich nichts verändert hatte.
Die zwei Minuten waren vorbei. Shao stand auf. Sie ging zum Fenster. Ihr Blick fiel in die Schlucht unter der Öffnung. Es war niemand da, der an der Hauswand hochkroch wie Spider Man. Hier lief alles normal ab. Helle Streifen bedeckten Teile der Wand. Es war das aus den Fenstern fallende Licht in den anderen Wohnungen.
Sie drehte sich um und nahm die Armbrust an sich. Den Köcher mit den Pfeilen vergaß sie auch nicht. Sie klemmte ihn auf ihren Rücken. Leicht schräg nach links gerückt, sodass sie mit der rechten Hand die Pfeile schnell hervorholen konnte.
Shao ging bis zur Wohnungstür. Sehr vorsichtig und wachsam öffnete sie die Tür.
Auf den ersten Blick war der Flur leer. Sie hoffte sehr, dass es so blieb, denn irgendwelche Zeugen konnte sie nicht gebrauchen. Sie wollte nicht unbedingt mit der Waffe gesehen werden. Die meisten Mieter wussten zwar, wer zwischen ihnen wohnte oder ahnten es zumindest, doch angesprochen wurde Shao darauf nie.
Sie musste trotzdem damit rechnen, dass so manche Wohnungstür offen stand, damit die Mieter den Durchzug genießen konnten, und deshalb blieb ihr nichts anderes übrig, als abzuwarten. Den eigenen Schlüssel hatte sie eingesteckt. Sollte die Tür zufallen, war das nicht weiter tragisch.
Nach einigen Sekunden entspannte sie sich. Shao hatte daran gedacht, die Armbrust schussbereit zu machen. Davon nahm sie jetzt Abstand. Sie wäre sich lächerlich vorgekommen.
Die nächtliche Stille im Flur wurde von einem bestimmten Geräusch unterbrochen. Das typische Summen kam ihr bekannt vor.
Es war auch nur für den zu hören, der gute Ohren besaß.
Der Fahrstuhl hielt.
Shao merkte die Spannung in sich – und entspannte sich wieder, als sie sah, dass die Kabine von einem Paar verlassen wurde, das einige Türen weiter wohnte.
Der Mann und die Frau hatten gefeiert. Sie stützten sich gegenseitig ab. Das kurze Kleid der Frau war so stark verrutscht, dass sie fast im Freien stand.
Beide sahen Shao nicht und verschwanden in ihrer Wohnung.
Shao war zufrieden. Zunächst. Aber sie wusste, dass sie noch nicht aufatmen konnte. Wenn die andere Seite kommen wollte, dann kam sie auch und ließ sich durch nichts aufhalten.
Suko hatte sich nicht wieder gemeldet. Sie wünschte sich, dass er es tun würde, aber niemand erhörte ihre Bitte. Dafür passierte etwas anderes.
Sie hörte das Geräusch von dumpf klingenden Schritten. Vor ihr passierte nichts. Hinter ihrem Rücken auch nicht. Shao drehte sich um, atmete jedoch nicht auf, denn das fremde Geräusch war geblieben.
Plötzlich wusste sie, wo es aufklang!
Am Ende des Flurs. Dort gab es eine Tür, hinter der das Treppenhaus lag. Es war praktisch der Notausgang. Auch für einen Brand ungemein wichtig, denn da durfte kein Lift benutzt werden.
Normalerweise war die Tür geschlossen. Jetzt aber sollte Durchzug herrschen, und deshalb stand sie offen.
Wenn jemand durch das Treppenhaus ging, dann musste er zumindest in der Dunkelheit das Licht einschalten. Das war bei dem Ankömmling nicht der Fall. Shao glaubte auch nicht daran, dass Suko diesen Weg gewählt hatte, und auch kein anderer normaler Mieter.
Sie presste sich gegen die Wand. Lauschte. Hoffte zugleich, dass kein anderer Bewohner auftauchte.
Die Geräusche verstummten. Lange dauerte die Pause nicht, denn da waren sie wieder zu hören. Diesmal nur anders.
Da schlurfte jemand mit seinen Sohlen über den Boden hinweg, und das genau dort, wo die fahle Helligkeit der Notbeleuchtung aufhörte und das Dunkel des Treppenhauses begann.
Ja, es gab ihn.
Eine düstere Gestalt, die sich für einen Moment dort abzeichnete und sich nicht bewegte. Sie hielt an, sie konzentrierte sich auf den Flur, und Shao wusste nicht, ob sie schon entdeckt worden war.
Einen Beweis dafür bekam sie nicht.
Wenig später trat die Gestalt ins Licht!
Shao wusste Bescheid. Es war ein Zombie. Er bewegte sich schwankend, doch das hatte nichts zu sagen. Einer wie er würde sich immer auf den Beinen halten können.
Eine große Gestalt mit breiten Schultern. Ein Gesicht, das ihr irgendwie schief vorkam. Eine kurze Lederjacke umhing den Oberkörper. Die Gestalt stank widerlich. Die Beine schauten aus den Öffnungen einer zerrissenen Hose hervor, die nur bis zu den Knien reichte.
Bewaffnet war er auch. Mit der rechten Klaue umklammerte er den Griff eines Messers, dessen Klinge beinahe einen Halbmond bildete. Ob Shao gesehen worden war oder
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