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133 - Die Letzte ihrer Art

133 - Die Letzte ihrer Art

Titel: 133 - Die Letzte ihrer Art Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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des Kometensplitters verschwand.
    Niemand wusste genau, wie die daa’murische Technik funktionierte, aber irgendwie verstärkte der Kristall die Gedanken der Außerirdischen so sehr, dass sie damit über weite Strecken kommunizieren konnten. Navok, der Nosfera, hatte es zuerst herausgefunden. Mehr als ein paar Bildfragmente hatte er damals zwar nicht herausfiltern können, doch Quart’ol hatte bereits am Kratersee bewiesen, dass er die Gabe besaß, sich auf die Gedankenmuster der Daa’muren einzustellen.
    »Die Qualle gleicht geistige Abweichungen und Interferenzen aus, die sich negativ auf meine Hirntätigkeit auswirken könnten«, erklärte der Hydrit, ohne sich durch den schmierigen Vorgang auf seiner Stirn stören zu lassen. »Der Kontakt belastet mich dadurch weniger und die empfangenen Eindrücke erscheinen wesentlich klarer.«
    Natürlich verblieb trotzdem ein gewisses Restrisiko.
    Niemand konnte voraussagen, ob solch eine Verschmelzung nicht vielleicht langfristige Schäden nach sich zog. Auf die Analyse seines bionetischen Labors vertrauend, war Quart’ol jedoch bereit, dieses Risiko einzugehen. Getrieben von der Hoffnung, mehr über den unheimlichen Gegner und seine Ziele herauszufinden.
    »Bisher hat alles gut geklappt«, berichtete er zuversichtlich.
    »Allerdings schirmt das Meer die telepathischen Wellen zu stark ab. Von Vernon aus kann ich nichts empfangen. Deshalb musste ich mit euch auftauchen.«
    Sie hatten dazu die gleiche Gondel benutzt, mit der sie von London in die Unterwasserstadt gereist waren. Quart’ols Nachricht, dass die Untersuchungen des Kristalls abgeschlossen wären, hatte sie umgehend herbei gelockt.
    Und nun saßen sie hier, auf schwankendem, nassen Untergrund, umgebenden von der ruhigen See.
    »Achtung, es geht los.« Quart’ol hielt beide Hände vor die lidlosen Augen, um sich besser konzentrieren zu können.
    Sein kompakter, muskulöser Körper spannte sich an, und die Qualle, die mittels ihres Ausflusses als Filter fungierte, begann von innen heraus zu leuchten. Zuerst nur für einen Sekundenbruchteil, dann erneut, und schließlich immer öfter, in immer kürzeren Abständen.
    »Wow!«, bediente sich der Hydrit eines Wortes, das eigentlich zu Matts Sprachschatz gehörte. »So intensiv habe ich den Kontakt noch nie erlebt! Scheint so, als wäre ich gerade zur rechten Zeit eingestiegen.«
    Seine Lippen bewegten sich noch weiter, ohne jedoch Worte zu formen. Schweigend wiegte er den Oberkörper vor und zurück. Ließ die Hände sinken, ballte sie aber gleich darauf zu unförmigen Fäusten, als wollte er gegen einen unsichtbaren Gegner antreten. Seine matt schimmernden Augen wirkten dabei völlig leer. In Trance versunken, nahm er die Umwelt gar nicht mehr richtig wahr. Für ihn existierte nur noch das fremde Zwiegespräch, in das er sich mit Hilfe der Qualle überraschend schnell eingeschaltet hatte.
    Aruula hielt die Spannung nicht mehr länger aus. »Was siehst du?«, fragte sie gebannt.
    Quart’ols Antwort bestand aus einem unartikuliertem Laut, dem nur allmählich verständliche Worte folgten.
    »Ich verstehe nicht, was da übertragen wird«, stieß er gequält hervor. »Die Sprache der Daa’muren… sie ist einfach zu fremd. Aber ich sehe, was einer von ihnen sieht. Unglaublich, ich gleite gerade mühelos in sein Gehirn. Und schmecke, rieche, sehe dort, was seine Sinne empfangen.«
    Quart’ol warf den Kopf in den Nacken. Seine Nasenlöcher, die ihn außerhalb des Wassers mit Luft versorgten, blähten sich auf. »Draußen wütet ein Unwetter!« Seine Tonlage schraubte sich in schrille Höhen. »Da ist eine zerfallene Stadt, im Schatten eines hohen Gebirges. Aber ich sehe auch Meeresbrandung, wie kann das nur sein?«
    Die Stimme des Hydriten schwoll immer stärker an. Matt bemerkte erst, wie aufgeregt er mitfieberte, als sich seine Fingernägel schmerzhaft in die eigenen Handballen bohrten.
    »Der Daa’mure ist unzufrieden«, fuhr Quart’ol mit seinem Selbstgespräch fort. »Ich glaube, er berichtet gerade von unerwartetem Widerstand. Zu seinen Füßen liegt ein blutiger Leichnam. Nun dreht er sich um, weil ihm der Regen zu stark ins Gesicht prasselt. Er sieht in die Höhe, zu einem gewaltigen Felsmassiv empor. Aber…«
    Mitten im Satz brach er ab und keuchte. Er verschluckte sich beinahe, als er den Faden wieder aufzunehmen versuchte und rief: »Ich kenne diese Gebirgsformation! Bei Ei’don – das ist Gibraltar!«
    Matt überschlug, was er von Gibraltar wusste.

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