1331 - Hochzeitskleid und Leichenhemd
sie auf dich gemacht?«
Meine Lippen zogen sich in die Breite. »Da hast du schon bessere Fragen gestellt.« Ich brauchte mir die weiteren Worte nicht zu überlegen. »Irgendwie war sie schon komisch. Sie kam mir vor wie eine Person, die etwas weiß, aber nicht alles sagt. Das Kleid ist ihr gestohlen worden…«
»Nimmst du ihr das ab?«
»Nicht so ganz.«
»Gesundes Misstrauen?«
»Genau.« Ich leerte die Tasse. »Außerdem soll das Kleid sehr alt sein. Wenn ich mich nicht verhört habe, einige hundert Jahre. Das kann natürlich gelogen sein, muss aber nicht. Da es der Teufel genäht haben soll, kann es auch gefährlich für die Person sein, die es am Leib trägt. Das denke ich mir eben.«
»Verstehe«, murmelte Suko und lächelte. »Wenn mich nicht alles täuscht, sollst du ihr das Kleid wieder beschaffen. Oder sehe ich das falsch?«
»Darauf läuft es hinaus.«
Suko hatte seine Probleme damit. Es war ihm deutlich anzusehen. Viel hielt er nicht davon. Trotzdem blieb er beim Thema. »Hast du dir schon Gedanken darüber gemacht, wie du es anstellen willst?«
»Nein. Ich wollte erst nachdenken. Man muss wirklich mal abwarten, ob tatsächlich alles stimmt, was mir da erzählt wurde. Ich habe damit wirklich meine Probleme.«
»Besteht es denn aus Stoff?«
Nach dieser Frage stutzte ich. »Worauf willst du hinaus?«
»Denk mal einige Jahre zurück, John. Wir hatten es damals mit einem Fall zu tun, bei dem es ebenfalls um ein Kleid ging. Nur war das nicht aus Stoff hergestellt worden, sondern aus Haut.«
»Davon hat Margot Kiddy nichts gesagt. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich mich um den Fall kümmern soll, aber diese Schneiderin machte auf mich schon den Eindruck, als ging es ihr um die Wahrheit. Ich fühlte mich nicht an der Nase herumgeführt, wenn du daran denkst. Es war ihr schon ernst damit. Und ich denke auch, dass das Kleid kein normales ist. Es gehörte damals einer gewissen Corinna Moncour, die darin auch begraben wurde.«
»Dann muss man es ihr wohl geraubt haben.«
»Könnte ich mir vorstellen.«
»Weißt du mehr über die Person?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, momentan nicht. Ich würde nur gern Nachforschungen anstellen, ob sie irgendwo als eine besondere Person auftaucht. Das käme mir schon sehr gelegen. Es kann durchaus sein, dass sie Spuren hinterlassen hat. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir uns einem Fall auf diese Art und Weise nähern. Wie dem auch sei, wir stehen erst am Anfang.«
Suko zeigte sich sehr interessiert. »Was würde denn mit der Person passieren, die das Kleid trägt?«
»Das ist die große Frage. Da habe ich leider keine konkrete Antwort erhalten.«
»Schade.«
»Kannst du laut sagen.«
Die Tür zum Vorzimmer war nicht geschlossen. Glenda hatte sicherlich einen großen Teil unserer Unterhaltung mitbekommen.
Das schnelle Klopfen ließ uns leicht zusammenschrecken.
Einen Moment später war Glenda im Büro. Sie war recht blass geworden und unterdrückte ihre Nervosität nur mühsam. Wir schauten auf eine Zeitung, die sie uns entgegenhielt.
»Das gibt es nicht«, flüsterte sie. »Das… das …«, sie musste lachen. »Das kann einfach nicht wahr sein!«
»Was denn?«, murmelte ich und schaute sie ebenso erstaunt an wie mein Freund Suko.
Sie kam näher und legte die Zeitung mitten auf die beiden Schreibtische, die sich gegenüberstanden.
»Da, lest selbst…«
***
Hände kratzten über Mariettas Gesicht. Oder waren es spitze Nägel, die da ihre Haut streiften?
Sie konnte es nicht genau sagen, denn sie erwachte erst langsam aus ihrem Zustand, aber sie merkte schon, dass mit ihr etwas nicht stimmte und sich das Fremde in ihrer unmittelbaren Nähe befand.
Sie öffnete die Augen!
Zuerst sah sie nichts. Es war einfach zu dunkel für einen klaren Blick. Aber sie wusste, dass sie nicht mehr allein war. Jemand hielt sich in ihrer unmittelbaren Nähe auf. Sie sah ihn nicht. Sie hatte nur gespürt, dass etwas über ihr Gesicht strich, und sie merkte auch, wie sich ihre Haut dabei zusammenzog.
Und dann nahm sie wieder den Geruch wahr.
Augenblicklich kehrte ihr Erinnerungsvermögen zurück. Es kam ihr vor, als wäre sie gar nicht bewusstlos gewesen. Vor ihrem Gesicht verschwand auch der Schatten, sodass sie jetzt mehr erkannte und feststellte, dass es nicht mehr so dunkel war.
Jemand hatte Licht gemacht. Nicht das normale, nein, an den Dochten zweier Kerzen tanzten kleine Flammen, die ihren Schein verteilten und auch an der Decke schwache Kreise
Weitere Kostenlose Bücher