1331 - Hochzeitskleid und Leichenhemd
was das Kleid verlangt. Ich habe es selbst erlebt. Es wird ein Teil von dir sein, und es wird dich begleiten bis zu deinem Ende.«
Marietta hatte jedes der Worte verstanden, die wie Schwerthiebe waren und gegen die sie sich nicht wehren konnte.
»Schöne Braut«, flüsterte Corinna. »Sehr schöne Braut. Dunkle Haare, eine helle Haut. Ein prächtiger Busen und ein schlanker Körper. Du bist wie geschaffen für das Kleid und auch für den Teufel.«
Plötzlich schrillte aus ihrem Maul ein hohes Kichern, das nur langsam abebbte.
Für den Teufel!
Marietta hatte die Worte genau verstanden. Nur war sie nicht in der Lage, sie nachzuvollziehen. Mit dem Teufel hatte sie bisher nichts zu tun gehabt. Er war ihr einfach zu fremd, aber in diesem Zusammenhang erwähnt, passte er und machte ihr Angst.
Wer war der Teufel? Wie sah er aus? Sie hatte mal gehört, dass er sich verkleiden konnte, und möglicherweise hatte er sogar die Gestalt dieser halb verwesten Frau angenommen.
Sie verließ ihren Platz nicht. Weiterhin blieb sie vor Marietta stehen. Jetzt klatschte sie in die Hände. Dadurch, dass die Haut nicht mehr normal war, hörte sich auch das Klatschen anders an.
Als hätte jemand mit der flachen Hand gegen eine Wasserfläche geschlagen.
Das Geräusch riss die »Braut« aus ihren Gedanken. Sie konzentrierte sich wieder auf das teuflische Wesen vor sich, das nicht mehr still dastand und seinen Körper jetzt leicht im Takt einer Melodie bewegte, die wohl nur sie hörte.
»Tanzen, meine Liebe, du musst tanzen. Die Braut soll tanzen. Hineintanzen in ihr neues Leben…«
Marietta hatte alles verstanden. Allein, sie schaffte es nicht, auch nur eine Zehe zu bewegen. Stocksteif stand sie auf der Stelle und bohrte ihren Blick in das Gesicht der Unperson.
»Tanzen, Braut, tanzen…«
Marietta schüttelte den Kopf.
Corinna Moncour machte das nichts aus. Sie klatschte abermals in die Hände. Diesmal nicht mehr so leise, auch nicht so langsam.
Das Klatschen bekam schon einen gewissen Rhythmus, und dem konnte sich Marietta nicht mehr entziehen.
Sie musste es tun, obwohl ihr Wille dagegen war. Darum kümmerte sich die andere Person nicht. Sie schlug in die Hände, und wieder hörte es sich an, als hätte sie in Schlamm oder gegen Wasser geschlagen. Es war ihr Befehl, ihr Wille, und Marietta Harper merkte, dass sie keinen Widerstand mehr aufbringen konnte.
Wie von selbst bewegten sich ihre Füße.
Corinna Moncour lachte auf. Ihr Wille war geschehen. Sie hatte gewonnen…
***
Marietta tanzte!
Zuerst sah es nur aus wie ein Hüpfen auf der Stelle und auch nicht unbedingt schnell. Sie hatte sich sehr bald an den Klatschtakt der schrecklichen Hände gewöhnt, die das Tempo mit fortlaufender Zeit steigerten.
Auch Marietta kam diesen akustischen Befehlen nach. Sie hob ihre Beine schneller an und drückte sie auch wieder schneller zurück. Sie stampfte jetzt gegen den Boden. Wer ihr aus der Ferne zuschaute, der hätte meinen können, dass es ihr Spaß machte, doch wer sie aus der Nähe ansah, der brauchte nur einen Blick in ihr Gesicht zu werfen, um zu erkennen, dass dem nicht so war.
Das Gesicht blieb ausdruckslos. Sie folgte nur automatisch dem vorgegebenen Takt, ohne dass sie mit Leib und Seele dabei war, denn weder ein positiver noch ein negativer Ausdruck malte sich auf ihrem Gesicht ab. Es blieb starr und gleichgültig, und so sah sie auch weiterhin aus wie jemand, der fremdgelenkt ist.
Tanzen, noch immer auf der Stelle. Dem Klatschen folgend, aber das veränderte sich ebenso wie die Haltung der Corinna Moncour.
Sie begann sich zu drehen, erst langsam, dann schneller, und sie forderte Marietta mit schriller Stimme auf, es ebenfalls zu tun.
Die Braut konnte nicht anders. Sie musste gehorchen, und so kam es, dass sie sich auf der Stelle drehte. Dabei stemmte sie die Hände der angewinkelten Arme in die Hüften. Ihr Gesicht ließ sich noch immer mit dem einer Schaufensterpuppe vergleichen, aber sie machte weiter, sodass ihre lockigen, recht langen schwarzen Haare in die Höhe gewirbelt wurden.
Das Klatschen veränderte seinen Rhythmus. Es wurde forciert.
Schneller und lauter.
»Ja, ja, ja, so muss es sein…« Die schrille Stimme sorgte dafür, dass Corinna noch schneller tanzte. Ihr Kleid wurde durch den Wirbel in die Höhe gerissen. Es drehte sich plötzlich in Höhe der Waden, während die Füße der Frau auch beim Drehen noch gegen den Boden stampften.
»Dreh dich her zu mir…«
Marietta war längst nicht mehr
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