1336 - Die Dämonen-Bande
Akkeren handelte im Sinne des Schwarzen Tods. Er war sozusagen sein verlängerter Arm.
So sehr sich Saladin auch mit seinem Schicksal abfand oder abfinden musste, so stark war er auch daran interessiert, dieses verdammte Verlies zu verlassen.
Von der Dunkelheit abgesehen gefiel ihm auch die Luft nicht. Sie roch nach Moder oder Verwesung. Als hätten hier mal Leichen gelegen, die allmählich verwest waren.
Saladin war nicht immer nur an einer Stelle stehen geblieben. Er hatte sein Verlies schon durchschritten, aber keine Tür entdeckt.
Nur eine recht niedrige Decke. Um sie zu erreichen, brauchte er seine Arme kaum auszustrecken.
Für ewig würden sie ihn hier nicht verkommen lassen. Dazu war er einfach zu wertvoll. Doch wenn er genauer über das nachdachte, was passiert war, dann klaffte schon eine Lücke in seiner Erinnerung. So wusste er nicht genau, wie er überhaupt in diese Lage geraten war. Ihm fehlte da etwas.
Das ärgerte ihn. Normalerweise war er es, der andere Menschen unter seine Kontrolle brachte. Hier hatte Saladin es umgekehrt erlebt. Das konnte ihm nicht gefallen.
In Panik verfiel er trotzdem nicht. Er war jemand, der auch abwarten konnte, und das große Ziel ließ er sowieso nicht aus dem Blick. Es würde ihn schon dorthin führen, wohin er es wollte.
An die Zeit dachte er nicht mehr. Sie lief ihm nicht weg. Gewisse Dinge ergaben sich eben von selbst.
Einatmen, auch wenn die Luft stank. Abwarten und die Zukunft mit Spannung erwarten.
Die begann mit einem kratzenden Geräusch über seinem Kopf. Er drehte den Kopf so, dass er in die Höhe schauen konnte.
Unter der Decke tat sich etwas. Oder auch über der Decke. Es kam ganz darauf an, wie man es sah.
Es wurde heller.
Die absolute Dunkelheit wich, als sich die Decke über ihm öffnete. Er sah eine offene Luke, durch die kein Tageslicht zu ihm drang.
Aber die Dunkelheit dort war längst nicht mehr so dicht.
Das Knirschen hörte erst auf, als der Stein völlig abgehoben und zur Seite geschoben war. Jetzt hatte Saladin einen freien Blick. Er hätte einen Himmel sehen müssen, und er legte auch den Kopf zurück, aber im Ausschnitt der Luke sah er etwas anderes.
Dort malte sich eine Gestalt ab. Er musste kein zweites Mal hinschauen, um zu erkennen, wer sie war.
Van Akkeren wartete auf ihn.
Auch wenn es um ihn herum finster war, sah Saladin ihn trotzdem sehr deutlich.
Das dunkle Haar mit den grauen Strähnen. Darunter ein Gesicht, dessen blasse Haut von scharfen Falten durchzogen war. Die Lippen bildeten einen schmalen Strich. Das Kinn stand kantig vor, und die beiden Augen zeigten kein Gefühl »Du kannst kommen.«
»Es wurde auch Zeit!«
»Alles hat seine Regeln«, erklärte van Akkeren. »In dieser Umgebung musst du dich danach richten.«
»Darf ich fragen, wo ich mich befinde?«
»Ich werde dir später eine Antwort geben.«
»Wie nett.«
»Komm hoch.« Van Akkeren streckte ihm die Hand entgegen, aber Saladin schüttelte den Kopf. Er wollte sich von dieser Gestalt nicht wie ein Schuljunge behandeln lassen. Er ärgerte sich sowieso darüber, dass man ihm das Handeln aus den Händen genommen hatte.
Der Rand lag nicht so hoch, als dass er ihn nicht mit seinen Händen hätte umklammern können. Er zog sich in die Höhe und benötigte dazu nur einen kurzen Klimmzug. Dann hatte er es geschafft und stand plötzlich neben van Akkeren.
»Das war gut.«
»Weiß ich.« Saladin klopfte sich Staub von der Kleidung. »Jetzt will ich wissen, wohin du mich geschafft hast. In meinem Knast dort unten roch es nach Moder.«
»Du befindest dich in der Vampirwelt!«
Saladin hatte die Antwort gehört, doch er konnte nicht glauben, was man ihm da vermittelt hatte. Und so ungläubig schaute er sein Gegenüber auch an.
»Ja, du hast dich nicht verhört. Es ist die ehemalige Vampirwelt, die einem mächtigen Blutsauger gehört hat, der den Kampf aber verlor und die Welt abtreten musste.«
»An wen? Nur an dich?«
»Nein. Wie kannst du so etwas fragen? Du stehst jetzt in seiner Welt. Sie gehört dem Schwarzen Tod.«
Saladin sagte nichts. Er war weder erschreckt noch besonders angetan von dieser Eröffnung.
Der Schwarze Tod hatte sich hier ein Reich erschaffen, das zu ihm passte. Eine dunkle Welt, eine perfekte Tarnung, in der es ihm Spaß machte, sich zu bewegen.
»Dann bin ich ja nicht falsch.«
»Das bist du nicht.«
»Und wie geht es weiter?«
»Das wirst du sehen.«
Saladin hatte noch eine Frage. Die musste er loswerden, weil er zu den
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