1344 - Das Ende der Hybride
meine Schwester. Tarkan, bist du Estartu, der Garten der wahrscheinlichen Heimat? Oogh at Tarkan, du müßtest auferstehen."
Ein sicheres Signal weist mich darauf hin, daß meine empfangenen Gedanken sehr falsch sein können. Aber etwas Richtiges haftet ihnen an. Ich erkenne nur nicht, was das ist.
Von Ferbelin Destowitsch gibt es kein Lebenszeichen. Ich habe in Hulosstadt auch kein Empfangssystem für solche Nachrichten von draußen. Ich brauche das nicht.
Ich habe Comanzatara. Und sie redet mit mir. Sie sagt, sie sei eine Zatara. Und eine Schwester der Präkognition. Sie spricht lieber über das Gestern und das Heute, aber sie ahnt auch das Morgen.
Das Thema der ominösen Huakaggachua will sie nicht diskutieren. Ebenso lehnt sie jeden Kommentar zu dem Namen „Jacaranda" ab. Sie ist mir sehr lieb, aber da sind Sachen, die ich nicht kapiere.
Sie hat doch ihre Fähigkeiten und ihr Wissen zur Genüge bewiesen. Warum versteckt sie sich nun und benutzt das unverständliche Wort von einer „anderen Strangeness"?
Strangeness, das habe ich inzwischen herausgefunden, bedeutet Fremdheit oder Andersartigkeit.
Comanzatara ist mir weder fremd noch andersartig. Etwas an ihr ist unverständlich, total irritierend. Daran können auch meine Gefühle für sie nichts ändern.
Ich spreche jetzt direkt in mein Diarium, das die schweigsame Vi-Seele der Virenschaukel aufzeichnet.
Comanzatara steht neben mir in der linken Hütte von Hulosstadt. Sie schweigt. Auch als ich genüßlich ein paar Beeren esse, die mir Dart Hulos aus den Pflanzungen hinter Hulosstadt holt, sagt sie nichts. Ich spreche diese Worte so in das Diarium, wie sie hier stehen, denn ich möchte sie zu einer weiteren Reaktion verleiten.
Sie reagiert! Aber wieder unverständlich, wieder mit Worten, die mir nichts sagen. Das Diarium muß die Worte festhalten. Vielleicht habe ich irgendwann die Chance, sie zu verstehen.
„Die Zukunft kommt. Stygian ist da.
Die Hermaphroditischen Präkognostiker werden sich und mehr erkennen. Wir werden es erkennen, Huakaggachua und ich. Aber da sind Dinge in der Vergangenheit, die wir nicht erkennen können, weil wir mißbraucht worden sind. Der riesige Tiger, der Königstiger. Ein Bild, ein Ersatzbild. Wir Zataras sind auch nur Ersatzbilder, denn wir sind nicht mehr so, wie wir einmal waren. Wir sollten sammeln. Wir wollten sammeln.
Was? Informationen. Jemand hat uns verfälscht. Mißbraucht. Huakaggachua und ich, sind wir der Rest? Bindet uns nur die kleine Verwandtschaft? Und wer ist Jacaranda? Keine Schwester, vielleicht eine andere Zatara, die auch mißbraucht worden ist. Mißbraucht? Von wem? Nicht von Estartu. Estartu ist auf unserer Seite. Was ist unsere Seite? Ich weiß es nicht. Aber ich will es wissen!"
Was soll ich mit solchen Worten anfangen?
„Schweig bitte, liebe Comanzatara", sage ich.
„KLOTZ", antwortet sie rätselhaft. „Huakaggachua, NARGA SANT, die Hybride namens Jacaranda, Irmina Kotschistowa, Majsunta und die Majsunta-Hybride, die Zataras, ich, Hua und Kera, wir werden uns irgendwann verstehen lernen."
„Wann?" frage ich.
Es dauert sehr lange, bis aus dem Parlafon Worte kommen. Sie lauten klar und deutlich: „Nur noch zehn Jahre, Jizi."
Zehn Jahre! Habe ich nicht schon Geduld genug gehabt?
„Nein!" sagt Comanzatara. „Ich weiß es, denn ich habe elf oder mehr Jahre gewartet. Und fünf Jahre gebüßt.
Und 5000 Jahre gewartet. Und vor 50.000 Jahren angefangen, Informationen zu sammeln. Dennoch weiß ich nicht, was ich suche."
Man kann auch eine Siganesin, die bald 807 Jahre alt wird, zum Schweigen bringen. Jetzt halte ich den Mund.
Ich denke aber. Und das tue ich so leise, daß es niemand hört.
Comanzatara hat einmal vor ein paar Jahren gesagt, daß sie die Gedanken einer Freundin nicht belauschen kann oder will oder darf.
Ich denke jetzt, daß ich endlich einmal wissen möchte, wonach sie sucht.
Wonach, bei allen Teufeln der Labilzone und bei allen Dimensionsverrätern der Zeitebenen und Sumpflöcher von Siga?
Sie antwortet nicht, und damit ist für mich diese Episode meines Lebens zu Ende. Ich schalte das Diarium ab.
*
Jizi Huzzels Diarium.
Episode Nummer 883.
Ort: Hulosstadt, Swoofon.
Zeit: 16. November 446 NGZ.
Es sind viele Jahre vergangen, in denen ich mich ausführlich mit Comanzatara befaßt habe. Ein Rätsel ist sie mir dennoch geblieben.
Von Ferbelin Destowitsch habe ich nie wieder etwas gehört. Auch Comanzatara hat über ihn nie mehr ein Wort
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