1346 - Mallmanns Schicksal
schaffte es auch.
Durch seinen Körper zog sich zwar bis zum Rücken hin eine Wunde, doch das war nicht tragisch. Sie behinderte ihn nicht. Er schaute nicht mal nach, wo sein Körper geöffnet worden war.
Die unsichtbare Peitsche der Angst trieb ihn voran. Geduckt sprang er über am Boden liegende Steine hinweg. Er wich irgendwelchen Felsen aus und hetzte ebenfalls über die breiten Spalten, die die Erde aufgerissen hatten.
Der Blutsauger wusste nicht genau, wie weit er gelaufen war, aber er erreichte eine Umgebung, in die er auch hineingewollt hatte. Hier gab es ebenfalls die Vampirwelt, doch sie sah anders aus. Nicht mehr so steinig und karg. Woher die Büsche stammten, die hier wuchsen, wusste wohl niemand zu sagen. Jedenfalls gab es Vegetation als Krüppelbäume oder als sperriges Buschwerk ohne Blätter.
Er wühlte sich durch das staubige Gehölz und blieb nach einer Weile stehen, als er sicher war, weit genug gelaufen zu sein.
Für ihn war es wichtig, dass er Ruhe fand. Er musste sich die nächsten Schritte überlegen, und er war froh, dass er dies noch konnte und weiterhin existierte.
Der Kampf wurde erbarmungslos geführt. Jeder wollte der Sieger sein. Justine und Sinclair auf der einen, der Schwarze Tod auf der anderen Seite.
Aber wer gewann?
Noch wusste Mallmann es nicht. Er merkte nur, dass die Neugierde wieder in ihm hochstieg. Er spürte das Kribbeln im Nacken.
Er merkte, dass er wieder zu seiner Kraft zurückfand, und er schaute jetzt an seinem Körper hinab.
Die Stelle, an der er von der Sense erwischt worden war, zeichnete sich deutlich ab. Da sah er ein Loch in der Brust. Oder war es mehr ein Spalt?
Er konnte es nicht genau sagen. Ein Mensch jedenfalls hätte nicht überlebt, auch wenn die Klinge nicht direkt das Herz durchbohrt hätte. Er wäre an den inneren und äußeren Blutungen gestorben, doch Mallmann stand darüber.
Aus seiner Wunde war kein Blut gelaufen. Er war fast trocken.
Für ihn ein Beweis, dass er wieder frische Nahrung brauchte, die er leider nicht in seiner eigenen Welt bekommen würde. Er musste weg, raus, unter Menschen, wieder seine Zeichen setzen.
Es freute ihn, dass er so denken konnte. An seinem linken Arm entdeckte er noch eine Wunde. Sie hatte er sich geholt, als er als riesige Fledermaus durch die Luft gesegelt war. Einer wie er schaffte es, sich als Fledermaus zu verwandeln, und so hatte er stets eine gute Fluchtchance gehabt, und er wollte herausfinden, ob das immer noch so war.
Zuerst der Blick nach vorn.
In dieser Welt gab es kein Licht. Zumindest kein normales. Dass es trotzdem nicht ganz finster war, lag daran, dass die Umgebung von einem indirekten Licht bestimmt wurde. Es leuchtete nicht, aber es steckte innerhalb dieser grauen Farbe, die sich überall breit gemacht hatte und die Welt nicht ganz so dunkel aussehen ließ.
Selbst ein normaler Mensch war in der Lage, sich zu orientieren.
Mallmann lief einige Schritte zur Seite. Wenn ein Vampir überhaupt Gefühle besaß, dann waren es negative. So erging es auch ihm. Dracula II kochte innerlich. Äußerlich sah er zerrupft aus. Das Haar lag nicht mehr so glatt auf seinem Kopf. Das rote D auf seiner Stirn war auch blasser geworden. Man hatte ihn gezeichnet, aber man hatte ihn nicht vernichten können, und nur das zählte.
Er suchte sich einen etwas erhöht gelegenen Punkt aus. Hier wollte er sich verwandeln, durch die Luft fliegen und beobachten.
Dass er für seinen Gegner nicht unerreichbar war, stand für ihn auch fest, denn auch der Schwarze Tod schwebte mit seiner Sense wie ein unheimlicher Vogel durch die Luft.
Verwandeln in eine Fledermaus. In ein Riesentier mit gewaltigen Schwingen. In einen fliegenden Rochen, der die Luft beherrschte.
Das wäre es gewesen.
Mallmann versuchte es.
Was normalerweise blitzschnell ablief, wollte ihm hier nicht gelingen. Er versuchte alles, um die Metamorphose in Gang zu bringen, aber es klappte nicht richtig.
Zwar begann sein Körper sich zu verändern, nur war es für ihn unmöglich, sich in die Fledermaus zu verwandeln. Die Schwingen wollten nicht wachsen. Ihm blieb nur das Bewegen seiner Arme, das Torkeln über den harten Boden hinweg. Dazu die zahlreichen Drehungen seines Körpers. Er prallte gegen und in das Gehölz hinein. Er hörte das Brechen der staubtrockenen Äste, verlor auch ein paar Mal den Halt und ruderte mit beiden Armen.
Für einen neutralen Beobachter hätten Mallmanns Bemühungen lächerlich ausgesehen. Das waren sie für ihn nicht. Er
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