1346 - Mallmanns Schicksal
stand für ihn fest. Er hasste diese verdammte Welt. Er wollte sie nicht mehr sehen. Er wollte auch nicht mehr in ihr bleiben. Er hatte sich innerlich verabschiedet.
Weg! Raus!
Wohin?
In die Welt, in der auch seine Feinde lebten. Sich dort verstecken und neue Fäden ziehen, um andere Pläne in die Tat umzusetzen.
Nicht aufgeben, so lange er noch existierte, und immer den Feind im Auge behalten, der bei ihm an erster Stelle stand.
Es war der Schwarze Tod!
Dass es mal so weit kommen würde, hätte er nie gedacht. Diese Welt hatte er sich erschaffen, um eine Heimat zu finden. Sie war ihm genommen worden. Es würde ihm nicht mehr gelingen, Menschen in seine Welt zu locken, um deren Blut zu trinken.
Das war vorbei…
Er brauchte das Blut. Er würde seine Zähne wieder in die Hälse hineinschlagen. Er würde das Blut aus den Adern sprudeln sehen, um es dann mit einer wahren Wonne zu schlürfen.
Das alles stellte er sich vor. Das allein war sein Ziel.
Mallmann duckte sich leicht und bewegte sich dann auf die Hütte zu. Dass die Tür schief in ihren Angeln hing, machte ihm auch nichts aus. Er war für alles gerüstet.
Mallmann schob sich in die Hütte hinein. Sie war so leer. Das war sie eigentlich immer, weil sich hier kaum jemand aufhielt. Jetzt nahm er diese Leere besonders wahr. Wärme oder Kälte hatte er hier nie gespürt. Das war auch jetzt so geblieben. Nur kam noch etwas anderes hinzu. Er kam sich so verloren vor. So einsam. Gefühle gab es für ihn nicht, er war schließlich kein Mensch mehr. Hier jedoch wurde ihm bewusst, dass auch er so etwas wie Gefühle besaß.
Bei einem Menschen hätte man von einer Depression gesprochen.
Das wollte Mallmann sich gegenüber nicht zugeben, doch wenn er mal menschlich dachte, konnte das durchaus stimmen.
Mallmann blieb für eine Weile auf der Stelle stehen und drehte sich. Dabei hatte er den Kopf angehoben, um in Höhe zu schauen.
Er sah das zerstörte Dach. Darüber den dunklen und zugleich fleckigen Himmel, der für ihn die Unendlichkeit markierte. Er schaute auf den Tisch, den niemand aus der Hütte geschafft hatte, doch all das war für ihn nur zweitrangig. Wichtig war das Tor nach draußen.
Er ging hin.
Der dunkle Spiegel hing an der Wand. Zumindest sah dieses Rechteck so aus wie ein Spiegel. Er war eine nicht ganz glatte Fläche. Sie zeigte ein leicht angerautes Muster. Sie sah so aus, als würde sie einem Menschen Widerstand entgegensetzen, aber das traf nicht zu. Wer sie berührte, der merkte den Widerstand nur für einen winzigen Augenblick, dann war er weg, und der Mensch war in der Lage, in diese Fläche einzutauchen und woanders wieder herauszukommen.
Und zwar in der Welt, in der auch John Sinclair und seine Freunde sowie Justine Cavallo existierten.
Dracula II hatte sich nie danach gesehnt, sich in dieser Dimension länger aufzuhalten. Jetzt allerdings gierte er danach. Zudem benötigte er Blut, denn seine Kräfte waren mittlerweile schon schwächer geworden.
Der magische Spiegel oder auch das transzendentale Tor lockten ihn. Ob er tatsächlich bei den Menschen landete, war ebenfalls fraglich. Der Schwarze Tod, der hier das wirkliche Sagen hatte, konnte alles verändert haben. Das zumindest traute Mallmann ihm zu.
Ihn bekam er nicht aus dem Kopf. Auch wenn Mallmann ihn nicht sah, war er überall präsent. Er war das verfluchte Auge, das alles sah und alles kontrollierte.
Mallmann blieb stehen.
Die dünne Haut in seinem Gesicht bewegte sich. Sie war in der letzten Zeit noch bleicher geworden. Möglicherweise auch älter und schwächer. Längst nicht mehr so straff. Auch das innere Feuer in ihm war zum Großteil erloschen.
Mallmann fühlte sich wie ein Geschlagener. Wäre er ein Mensch gewesen, dann hätte er den Begriff Greis verwendet. Es gab kein Blut mehr für ihn. Es würde in dieser Welt auch weiterhin keines für ihn geben.
Manchmal hatte er daran gedacht, dass der Schwarze Tod ihn einfach austrocknen wollte, um leichteres Spiel zu haben. Daran wollte er jetzt nicht denken. Er musste den Versuch wagen. Er wollte wieder zu den Personen hin, die er kannte. Vor allen Dingen brauchte er den Kontakt zu seiner Verbündeten, zu Justine Cavallo.
Ein Wagnis, sicher, doch er ging es ein.
Mallmanns Hände berührten die Fläche. An den Fingerspitzen spürte er den sanften Widerstand. Zuerst wie ein sanftes Rieseln, das dann erstarrt war.
Die Magie war vorhanden. Es freute ihn. Er würde eintauchen können. Er hatte das Gefühl, dass auf seiner
Weitere Kostenlose Bücher