1346 - Mallmanns Schicksal
wollte nicht eben von einer Verzweiflung sprechen, aber weit davon entfernt befand er sich auch nicht. Er rutschte aus, er fing sich wieder, er spürte auch das Ziehen in seinem Körper, das einer Verwandlung stets vorausging, mehr war nicht drin. Es gab die Metamorphose nicht mehr. Zumindest nicht in diesen Augenblicken. Alles war anders.
Und diesem Problem stellte er sich!
Er stand da wie jemand, der verloren hatte. Er stierte in die dunkle Welt hinein, die mal seine gewesen war. Die Dinge hatten sich zu seinen Ungunsten entwickelt.
Es gab die alte Zeit nicht mehr. Ihm war ein Großteil der Kraft geraubt worden. Dabei war er auf bestimmte Dinge stets so stolz gewesen, aber das war vorbei.
Dracula II konnte sich nicht mehr daran erinnern, wann er sich zum letzten Mal richtig hilflos gefühlt hatte. In diesem schrecklich langen Augenblick erlebte er das. Er war starr geworden. Mallmann spürte so etwas wie eine Angst in sich. Er war plötzlich sehr menschlich geworden, denn diese Angst hatte er sonst durch sein Erscheinen stets verbreitet.
Und jetzt? Was war jetzt?
Nichts mehr. Nur Hilflosigkeit. Er stand allein auf weiter Flur.
Das hatte ihm nie etwas ausgemacht, aber er fühlte sich verlassen.
Es war ihm nicht mehr möglich, sich zu verwandeln, und auch von seiner Helferin war nichts mehr zu sehen.
Mallmann hätte schreien können vor Wut.
Er tat es nicht.
Stattdessen stand er auf der Stelle. Sein Gesicht zuckte. Die Haut war noch blasser geworden. Dadurch wirkten die Augen wie kleine Tintenkreise in den Höhlen. Auf seinem Kopf sah es noch immer wirr aus, denn niemand hatte die Haare nach hinten gestrichen.
Was war noch alles geschehen?
Wie viel Zeit war vergangen?
Wer existierte noch und wer nicht?
Alles Fragen, auf die er keine Antwort geben konnte. Er befand sich in einem leeren Raum, in dem sich nichts abspielte. Es gab kein Leben mehr. Für ihn war auch das Dasein eines Wiedergängers so etwas wie Leben.
Und nun?
Alles dahin. Alles vorbei. Mallmann gab zu, dass er sich neu orientieren musste. Noch mal von vorn beginnen. Gewisse Dinge wieder in Ordnung bringen.
Das alles schoss ihm durch den Kopf, und es sah nicht gut aus für ihn. Eine wahnsinnige Wut oder ein wahnsinniger Hass überkam ihn plötzlich. Er musste ihn loswerden. Er schrie ihn hinaus, aber es war niemand da, der seine Schreie hörte. Und so dachte Mallmann daran, dass er ein Gefangener seiner eigenen Welt geworden war…
***
Zeit kommt – Zeit vergeht!
Sie ist eine relative Größe, und auch in der Vampirwelt gab es Zeit. Sie floss dahin. Tage summierten sich zu Wochen, und das Leben in diesem schrecklichen Kosmos war nicht mehr vorhanden.
Es kehrte auch nicht mehr zurück. Bis auf eine Gestalt!
Dracula II wusste auch jetzt nicht, was in den anderen Dimensionen geschah. Den Kontakt zu der normalen Welt hatte er verloren. Er konnte sich nur Gedanken darüber machen, wie es ihm ging, und das sah nicht eben rosig für ihn aus.
Ihm ging es schlecht!
Er hatte natürlich überlebt, aber er hatte noch nie in seinem Leben so vegetiert. Er konnte nichts mehr tun. Er war nicht in der Lage, diese Welt so zu verändern, damit er sich wieder wohl fühlte.
Das alles war einfach dahin.
Mallmann dachte nicht mehr an die Zeit. Es gab sie, aber er nahm sie nicht zur Kenntnis. In der eigenen Welt ein Gefangener zu sein, das fiel ihm schwer. Er hatte sie durchwandert, und er war immer wieder in die Nähe seines Blockhauses gelangt. Für ihn war es so etwas wie ein Hauptquartier gewesen, nur konnte er davon nicht mehr ausgehen, denn der Anblick war für ihn einfach deprimierend.
Das Haus stand zwar noch, aber es war leider an gewissen Stellen zerstört worden.
Die Sense des Schwarzen Tods hatte das Dach eingeschlagen. Die Trümmer lagen im Haus, das Mallmann vorsichtig betreten hatte.
Wieder kehrte seine Niederlage zurück in die Erinnerung. Er hatte verloren, das war schlimm, und er dachte an Justine Cavallo.
Sie war mit ihm noch geflohen oder war sie nicht gekommen? Hatte er sich das alles nur eingebildet?
Dracula II wusste es nicht. Der Blutsauger empfand es als schlimm, Teile des Erinnerungsvermögens verloren zu haben. So wie jetzt hatte er sich noch nie gefühlt. Diese Welt hier war ihm so nah, aber sie war ihm zugleich auch fremd geworden.
Er wollte sie verlassen!
Zum ersten Mal drang dieser Wunsch in ihm hoch, und er wusste auch sofort, dass es für ihn kein Zurück mehr gab. Die Triebfeder war der Hass in seinem Innern. Es
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