1352 - Beute für den Sensenmann
die Augen offen.
Zumindest das rechte war nicht durch das Blut verklebt, und er sah beim Anheben des Kopfes die Kante der Tischplatte vor sich. Sie wurde für ihn zu einem vorläufigen Rettungsanker.
Es kostete ihn Mühe, den rechten Arm anzuheben, um an die Platte heranzukommen. Er klammerte sich am Rand fest und hörte sich selbst stöhnen.
In dieses Geräusch hinein klang ein zweites, das mit einem Knall verbunden war. Die Tür der Gaststätte war zugefallen, doch das sah Suko nicht.
Er stemmte sich auf die Beine. Als er dann zittrig, an der Tischplatte abgestützt, stand, war es auch mit der Stille vorbei, denn jetzt redeten die Gäste wieder. Das plötzliche Stimmengewirr störte Suko. So konnte er sich nicht erholen. Er wollte sein linkes Auge frei wischen und dachte nur daran die Verfolgung aufzunehmen.
Suko kam nicht mehr dazu. Die Schritte der Person hatte er nicht gehört, aber er sah, dass Rose Dunn plötzlich neben ihm stand. Sie stellte etwas auf den Tisch, das wie eine Schüssel aussah.
Im Hintergrund schrien die Gäste durcheinander. Ein kalter Luftzug fuhr durch die Gaststätte, und Suko wollte den Kopf drehen, um einen Blick zum Ausgang zu werfen, als ihn zwei Hände packten und auf einen Stuhl drückten.
»Bitte, jetzt tun Sie nichts. Ich werde mich um Sie kümmern. Sie müssen das Blut aus ihrem Gesicht weghaben.«
Suko sah ein, dass sie Recht hatte. Er wehrte sich auch nicht, als die Hände der Frau seinen Kopf nach hinten drückten, damit er besser verarztet werden konnte.
Rose hatte nicht nur eine Schüssel mit warmem Wasser mitgebracht, sondern auch einen Lappen. Sie feuchtete ihn an und kümmerte sich um Sukos Wunden.
Der Inspektor schloss die Augen. Er ließ alles über sich ergehen und merkte schon das Gefühl des Schwindels, das ihn überkam, als er verarztet wurde.
Er hörte der weichen Frauenstimme zu. Rose erklärte ihm, dass er einige Schläge abbekommen hatte, die aber nicht so tragisch waren.
»Die sind nicht tief gegangen, nur Kratzer.«
»Mir reichen sie.«
»Kann ich mir denken.«
»Wie oft bin ich den getroffen worden? Es ging alles so schnell, da kam ich nicht richtig mit.«
»Zweimal, glaube ich. Und jetzt lassen Sie mich arbeiten.«
»Aber ich muss…«
»Hören Sie auf. Jeder macht sich Sorgen um Lilian. Aber wollen Sie so loslaufen? Zumindest ein Pflaster werde ich Ihnen aufdrücken oder auch zwei. Dann sehen Sie wieder halbwegs wie ein normaler Mensch aus. Wie es mit Ihren Kräften steht, weiß ich natürlich nicht.«
»Ich hole Lilian zurück!«
Nach diesem geflüsterten Versprechen schwieg Suko, und auch Rose sagte nichts mehr.
Suko überließ sich der Behandlung der Frau, die schließlich aufatmete und fertig war.
»Jetzt geht es. Wollen Sie einen Spiegel?«
»Nein danke. Darauf kann ich verzichten.«
Suko stand auf. Schon bei der ersten Bewegung fing er an zu fluchen. Es klappte nicht so, wie er es sich vorgestellt hatte. Und wenn Suko fluchte, dann musste schon etwas dahinter stecken.
Er wollte nicht, dass Rose ihm half, musste jedoch einsehen, dass es besser war und spürte dann den Schwindel, der ihn wie ein Brecher überkam.
Er kippte nicht aus den Schuhen. Er taumelte nur nach rechts weg, und wieder griff die Frau zu. Sie sorgte dafür, dass Suko normal stehen blieb.
Allmählich hatte sich auch sein Blick geklärt. Er schaute nach vorn und sah noch die gleichen Gäste wie vor dem verdammten Angriff.
Keiner hatte das Lokal verlassen.
Auf seinem Mund zeichnete sich ein hartes Grinsen ab. Ein Zeichen, dass Suko durchhalten wollte. Er sah die skeptischen Blicke nicht, die ihm zugeworfen wurden. Er ging auf den Ausgang zu.
Mehrere Gäste sprachen ihn an. Suko hörte zwar, was sie sagten, doch er reagierte nicht darauf. Er dachte an seinen eisernen Willen, den er unbedingt durchsetzen wollte. Er fühlte sich in diesen Augenblicken als Versager und musste die Zähne zusammenbeißen, um seine Schwäche nicht zu zeigen.
Hin und wieder ging es nicht anders, da musste er sich an Stuhllehnen und Tischen abstützen. Bis er dann die Tür erreichte und feststellte, dass ihn der kurze Weg verdammt angestrengt hatte und der Schweiß übers Haar an seinem Körper entlanglief.
Er machte weiter. Das Aufziehen der Tür bereitete ihm Probleme, Suko dachte auch an die Kälte draußen und ging davon aus, dass sie ihm gut tun würde.
Plötzlich war jemand an seiner Seite. Keiner der männlichen Gäste, sondern Rose Dunn.
»Ich helfe Ihnen.«
»Nein,
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