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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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nicht?»
    «Sagen wir, ich will ihn im Blick haben.»
    Sire Henri massierte seinen Knöchel. «Ist sein Mann zurück in den Norden?»
    Thomas nickte. Sculley hatte zurück zum Lord of Douglas gehen wollen, und so hatte ihm Thomas gedankt, ihm einen Beutel mit Münzen gegeben und ihn nordwärts reiten lassen. «Das Letzte, was er zu mir gesagt hat, war, dass er sich schon darauf freut, mich zu töten», sagte Thomas.
    «Gott, was für ein grauenvoller Kerl.»
    «Grauenvoll», stimmte ihm Thomas zu.
    «Glaubt Ihr, er schafft es bis zur französischen Armee?»
    «Ich glaube, Sculley könnte selbst durch die Hölle reiten, ohne einen Kratzer abzubekommen», sagte Thomas.
    «Ist das ein schottischer Name? Sculley?»
    «Er hat mir erzählt, seine Mutter war Engländerin», sagte Thomas, «und er trägt ihren Namen, weil sie nicht wusste, wer sein Vater war. Sie wurde in Northumberland von einem schottischen Stoßtrupp gefangen, und sie haben sich offenbar an ihr abgewechselt.»
    «Also ist er eigentlich Engländer.»
    «Nicht, wenn es nach ihm geht. Ich hoffe einfach, dass ich nicht irgendwann gegen den Bastard kämpfen muss.»
    Es folgten zwei Tage der Vorbereitung, Tage, in denen Bögen mit Lanolin eingerieben wurden, die Befiederung von Hunderten Pfeilen ausgerichtet wurde, Zaumzeug geflickt, Schwerter und Äxte gewetzt wurden. Thomas bekam die Schlacht von Crécy nicht aus dem Kopf. Nicht, dass er sich an viel erinnerte, abgesehen von dem Wirrwarr auf dem Schlachtfeld, von den Schreien der Pferde und den Schreien der Männer, dem Wimmern der Sterbenden und dem Kotgestank, der über dem Feld niedergemetzelter Soldaten hing. Er erinnerte sich an das Geräusch von tausend Pfeilen, die von den Sehnen jagten, und an den Franzosen mit dem Schnauzenhelm, der mit langen, roten Bändern geschmückt war, und daran, wie diese Bänder so anmutig durch die Luft gewirbelt waren, als der Mann vom Pferd fiel und starb. Er erinnerte sich an den dunklen Donner der französischen Trommeln, die ihre Reiter auf mörderische Klingen zutrieben, und an die Schlachtrösser, die sich die Beine in den Löchern brachen, die gegraben worden waren, um sie aufzuhalten. Er erinnerte sich an stolze Banner, die im Morast lagen, an die schluchzenden Frauen, die Hunde, die sich an ausgeweideten Soldaten gütlich taten, und die Bauern, die im Dunkeln heranschlichen, um die Leichen zu fleddern. Er erinnerte sich an all den Ruhm der Schlacht: die roten Helmbänder eines sterbenden Mannes, die blutbesudelten Leichname und das verlorene Kind, das untröstlich um seinen toten Vater weinte.
    Er wusste, dass die Franzosen eine Armee zusammenzogen.
    Er hatte Befehl, sich dem Prinzen anzuschließen.
    Und deshalb führte er, als sich die ersten Blätter gelb färbten, die Hellequin nach Norden.
     
    Jean de Grailly, Captal de Buch, saß im Schatten der Eichen auf seinem Pferd. Jedes Mal, wenn der Renner die Hufe bewegte, knirschten Eicheln. Der Herbst war gekommen, doch wenigstens hatte der Regen aufgehört, der den Versuch der Armee zur Eroberung von Tours hatte scheitern lassen, und der Boden war nach einigen warmen Tagen trocken.
    Der Captal trug an diesem Morgen nicht seine Farben. Die gelben und schwarzen Streifen hätten ihn auffallen lassen, deshalb hatte er sich, ebenso wie die zweiunddreißig Männer, die er führte, in einen einfachen braunen Umhang gehüllt. Auch der Renner war braun. Auf dem Schlachtfeld ritt der Captal ein großes Schlachtross, das auf den Kampf abgerichtet war, doch für diese Art des Gefechts war der Renner besser geeignet. Er war schneller und hatte mehr Ausdauer.
    «Ich sehe sechzehn», sagte ein Mann leise.
    «Im Wald sind noch mehr», kam es von einem anderen.
    Der Captal sagte nichts. Er beobachtete die französischen Reiter, die hinter einer Weide am Waldrand aufgetaucht waren. Unter dem braunen Umhang trug der Captal ein ärmelloses, ledergefüttertes Kettenhemd, und seinen Kopf schützte eine Beckenhaube ohne Visier, davon abgesehen hatte er nur den Schutz des einfachen Schildes an seinem linken Arm. Ein Schwert hing an seiner linken Hüfte, während er in der rechten Hand eine Lanze hielt, deren Schaft gekürzt worden war. Eine schwere Lanze, wie sie im Turnier eingesetzt wurde, war zu unhandlich für diese Aufgabe. Unter der Lanzenspitze, die auf dem Blättermulch ruhte, hing ein kleiner Wimpel, auf der die silbernen Jakobsmuscheln des Captals vor schwarz-gelb gestreiftem Feld zu sehen waren. Es war sein einziges

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