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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Zeit, sich eine Unterkunft für die Nacht zu suchen. Ein Fluss wand sich durch den Talgrund, wo dunkel unter hohen Eichen ein paar armselige Hütten standen, aber am nördlichen Talausgang, versteckt hinter einem Waldausläufer, lag ein Dorf oder eine kleine Stadt, das war an dem dichten Rauch von Küchenfeuern zu erkennen. Dort musste die Abtei sein. Zwei Raben flogen über den Fluss, schwarz vor dem dunkler werdenden Himmel. Eine Glocke läutete und rief Männer und Frauen zum Abendgebet.
    «Ist dort eine Stadt?» Rymer, der Mann des Earls of Warwick, hatte zu Thomas aufgeholt.
    «Ich weiß nicht, aber normalerweise entwickelt sich bei einem Kloster immer ein Dorf.»
    «Ein Kloster!» Rymer war überrascht.
    «Dorthin will ich.»
    «Zum Beten?», fragte Rymer leichthin.
    «Ja», gab Thomas einfach zurück.
    Diese Antwort brachte Rymer in Verlegenheit, und er verfiel in Schweigen. Thomas ritt um eine Biegung des Tals, und da sah er einen weidenbestandenen Fluss und direkt dahinter ein weitläufiges Dorf und die Türme eines Klosters. Das Kloster war erstaunlich groß, umgeben von einer hohen Mauer und überragt von seiner enormen Abteikirche. «Wir können im Dorf übernachten», sagte Rymer.
    «Es gibt bestimmt ein Gasthaus», sagte Thomas.
    «Darauf hoffe ich.»
    «Meine Männer werden auch hierbleiben.» Thomas starrte zu dem Kloster und seiner hohen Mauer hinüber, die in der aufziehenden Abenddämmerung dunkel aufragte. Diese Mauer wirkte so beeindruckend wie die Wallanlage einer Burg. «Ist es hier?», fragte er Sire Roland, der sein Pferd nach vorn zu Thomas getrieben hatte.
    «Das weiß ich nicht», sagte Roland.
    «Es sieht mehr nach einer Festung aus als nach einem Kloster», sagte Thomas.
    Der jungfräuliche Ritter sah stirnrunzelnd zu der Mauer hinüber. «Sankt Junien hatte den Auftrag, das Petrusschwert zu hüten, also ist es vielleicht wirklich eine Festung.»
    «Wenn es überhaupt das richtige Kloster ist.» Als Thomas näher heranritt, sah er, dass die gewaltigen Tore der Klostermauer offen standen. Er vermutete, sie würden erst geschlossen, wenn die Sonne endgültig hinter dem westlichen Horizont verschwunden war. «Hier ist er also beerdigt?»
    «Seine irdischen Überreste sind hier, ja.»
    «Also ist
La Malice
vielleicht auch hier.»
    «Und vielleicht sollten wir sie hierlassen», sagte Sire Roland.
    «Das würde ich auch tun, wenn ich nicht wüsste, dass Bessières danach sucht. Falls er diese Waffe findet, wird er sie benutzen, und nicht zu Gottes Ruhm, sondern zu seinem eigenen.»
    «Und werdet Ihr sie benutzen?»
    «Ich habe es Euch schon erklärt», sagte Thomas kurz angebunden. «Ich werde sie verlieren.» Er drehte sich im Sattel um. «Luc! Gastar! Arnaldus! Mit mir. Die Übrigen bleiben im Dorf! Und bezahlt für eure Verpflegung!» Er hatte zu seiner Begleitung Gascogner ausgesucht, damit die Mönche nichts von ihrer Gefolgschaft gegenüber England argwöhnten.
    Robbie, Keane und Sire Roland begleiteten Thomas ebenfalls, und dann bestanden auch noch Genevieve und Bertille darauf, mitzukommen, nur Hugh wurde in der Obhut Sams und der anderen Bogenschützen zurückgelassen. «Warum nimmst du die Bogenschützen nicht mit?», fragte Genevieve.
    «Ich will nichts weiter tun», sagte Thomas, «als dem Abt ein paar Fragen zu stellen. Ich will den Mann nicht erschrecken. Wir kommen, wir stellen unsere Fragen, und dann gehen wir wieder.»
    «Das hast du in Montpellier auch gesagt», bemerkte Genevieve spitz.
    «Das sind Mönche», sagte Thomas, «einfach bloß Mönche. Wir fragen sie aus und gehen wieder.»
    «Mit
La Malice
?», fragte Genevieve.
    «Ich weiß nicht», sagte Thomas. «Ich weiß nicht einmal, ob es
La Malice
überhaupt gibt.» Er trieb sein Pferd an, um das Tor zu erreichen, bevor im Westen die Sonne unterging. In kurzem Galopp ritt er über eine Weide, auf der eine Herde Ziegen von einem kleinen Jungen und einem großen Hund bewacht wurde, die beide schweigend zusahen, wie die Reiter vorüberkamen. Eine solide Steinbrücke überspannte den Fluss hinter der Weide, auf der anderen Seite der Brücke gabelte sich die Straße. Nach links ging es zum Dorf, nach rechts zu dem Kloster. Thomas sah, dass das Kloster halb von einem Wasserarm des Flusses umschlossen wurde, der abgetrennt worden war, um eine Art breiten Wassergraben zu bilden, sodass die Mönche Fische halten konnten. Außerdem sah er zwei Gestalten in Mönchskutten auf das offene Tor zugehen und trieb sein Pferd erneut an.

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