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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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wandte sich nun an alle, die in der Kirche versammelt waren. «Er hat die Sünde auf sich geladen, die Heilige Mutter Kirche und eine ihrer ehrwürdigsten Reliquien zu leugnen! Er ist schon exkommuniziert! Er wurde von der göttlichen Erlösung ausgeschlossen, und dennoch wagt er es, herzukommen und seine Huren an diesen hochheiligen Ort zu bringen, um zu stehlen, was Gott seinen treuen Dienern geschenkt hat.» Er hob die Hand und deutete auf Thomas. «Leugnet Ihr, exkommuniziert zu sein?»
    «Ich bekenne mich nur einer Sache schuldig», sagte Thomas.
    Der Kardinal runzelte die Stirn. «Und die wäre?»
    «Ihr hattet einen Bruder», sagte Thomas. Die Miene des Kardinals verdüsterte sich, und der ausgestreckte Finger begann zu zittern. «Ihr hattet einen Bruder», sagte Thomas, «und er ist tot.»
    «Was wisst Ihr darüber?», fragte der Kardinal drohend.
    «Ich weiß, dass er von einem Pfeil getötet wurde, den ein Teufelsbalg abgeschossen hat», sagte Thomas. Er hätte um sein Leben betteln können, aber er wusste, dass er damit nichts erreichen würde. Er saß in der Falle, eingekreist von Armbrustschützen mit gespannten Waffen und von Waffenknechten, und alles, was ihm noch blieb, war trotzige Herausforderung. «Ich weiß, dass ihn ein Pfeil getötet hat, der bei Sonnenuntergang aus einer Esche geschnitten, mit dem Messer einer Frau entrindet und mit einer Stahlspitze versehen wurde, die in einer sternenlosen Nacht geschmiedet worden war, und befiedert wurde dieser Pfeil mit den Federn einer Gans, die ein weißer Wolf getötet hat. Und ich weiß, dass der Pfeil mit einer Sehne verschossen wurde, die eine Woche lang in einer Kirche gelegen hat.»
    «Hexenwerk», flüsterte der Kardinal.
    «Sie müssen alle sterben, Euer Eminenz», zum ersten Mal meldete sich Vater Marchant zu Wort, «nicht nur die Huren und Exkommunizierten, sondern auch diese Männer!» Er deutete auf Robbie und Sire Roland. «Sie haben ihren Eid gebrochen!»
    «Einen Eid auf einen Mann, der Frauen foltert?», höhnte Thomas. Er hörte Hufschläge auf dem gepflasterten Hof der Abtei. Wütende Stimmen drangen bis in die Kirche.
    Auch der Kardinal hatte die Stimmen gehört. Er warf einen Blick zur Kirchentür, sah dort aber nichts Bedrohliches. «Sie
werden
sterben», sagte er und wandte sich wieder an Thomas. «Sie werden durch
La Malice
sterben.» Er schnippte mit den Fingern.
    Ein Dutzend Mönche hatten um den Hochaltar gestanden, doch nun rückten sie zur Seite, und Thomas sah einen Predigermönch, einen älteren Mann, den man geschlagen hatte, sodass sein weißer Habit mit Blut befleckt war, das von seiner aufgeplatzten Lippe und aus der Nase tropfte. Und hinter ihm, in den Schatten des Altarraums, war ein Grabmal. Ein Steinsarg mit herausgemeißelten, farbig bemalten Verzierungen ruhte in einer Nische der Apsis auf zwei Steinsockeln, die Abdeckplatte war zur Seite geschoben worden. Eine vertraute Gestalt trat aus den Schatten. Es war der Schotte, Sculley, die Knochen, die er sich ins Haar geflochten hatte, klickten, als er zu dem Grab ging und hineingriff. Die Knochen, die er sich in den Bart geflochten hatte, schlugen gegen den Brustpanzer, den er über seinem Kettenhemd trug. «Ihr habt mich belogen», rief er Robbie zu, «Ihr habt mich für die gottverdammten Engländer kämpfen lassen, und Euer Onkel sagt, Ihr müsst sterben und dass Ihr ein Furz von einem Mann seid. Ihr seid nicht würdig, den Namen Douglas zu tragen. Ihr seid ein Hundeschiss, das seid Ihr.»
    Und aus dem Grab zog er ein Schwert. Es sah ganz und gar nicht aus wie das Schwert auf den Wandgemälden. Dieses Schwert sah aus wie ein Falchion, eine von diesen wertlosen Klingen, die als Heumesser ebenso wie als Waffe eingesetzt werden konnten. Es hatte eine breite, geschwungene Klinge, die zur Spitze hin noch breiter wurde, eine Waffe, mit der man grob auf den Gegner einhacken, aber kaum einen Vorwärtsstoß ausführen konnte. Die Klinge selbst wirkte alt und ungepflegt, sie war schartig, nachgedunkelt und derb, und doch hatte Thomas den Drang, auf die Knie zu fallen. Jesus Christus selbst hatte auf dieses Schwert geblickt, er hatte es vielleicht sogar berührt und hatte es abgelehnt, sich von dieser Waffe retten zu lassen. Es war das Schwert des Fischers.
    «Tötet sie», sagte der Kardinal.
    «Es soll kein Blut vergossen werden», erhob ein großer Mönch mit grauem Bart Einspruch. Dies musste wohl der Abt sein.
    «Tötet sie», wiederholte der Kardinal, und die

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