1357 - Dein Blut für mich, Sinclair!
schwach, um uns zu entkommen. Es sah beinahe schon bedauernswert aus, wie er versuchte, uns zu entkommen. Er humpelte und kroch zugleich, und dann war ich bei ihm.
Er hatte mich gehört oder gespürt. Jedenfalls stoppte er seine Bemühungen. Als er den Kopf drehte und zu mir hochschaute, blickte ich in sein verzerrtes Gesicht, das zu einer Maske der Angst wurde, bevor ihn das Kreuz traf.
Ein grauenhafter Schrei durchbrach die Stille. Der Vampir fiel zurück. Sein Körper zuckte noch einige Male, als würde er unter Strom stehen, dann hatte jemand diesen Strom abgeschaltet und er blieb leichenstarr auf der kalten Erde liegen.
Boris Nolan war erlöst!
Als ich mich bückte und jetzt in sein Gesicht sah, hatte es einen fast schon friedlichen Ausdruck angenommen. Das machte uns zufrieden.
Ich drehte mich zu Suko hin um. »Jetzt bleibt uns nur noch van Akkeren.«
»Genau der ist verschwunden.«
Es stimmte. Es war ärgerlich. Wir mussten auch damit rechnen, dass sich Mallmann um ihn kümmern würde. Bevor der ihn fand, wollten wir ihn bekommen, denn ich wartete darauf, ihn mit meinem Kreuz endgültig zu erlösen, um eine erneute Rückkehr unmöglich zu machen.
»Wenn van Akkeren tatsächlich verschwunden ist, werden wir Probleme bekommen«, sagte Suko. »Dann hat er das Gelände längst verlassen, sodass sich eine Durchsuchung nicht mehr lohnt.«
Der Meinung war ich auch und setzte sofort eine Frage nach.
»Aber wo kann er hingefahren sein?«
»Überallhin. Er hat jetzt freie Bahn.«
Ich schaute etwas verloren in die Dunkelheit. »Oder dorthin, wo Dracula II auf ihn wartet.«
»Auch das. Und wenn er bei ihm ist, wird unser Freund Will möglicherweise einen Ersatz für Justine Cavallo gefunden haben, denn auf sie kann er nicht mehr zählen.«
Davon mussten wir leider ausgehen. Es war einiges geschehen, doch es hatte sich nicht viel verändert. Und genau das ärgerte mich.
Ich wollte nicht wieder hinterher laufen, wie es uns schon öfter passiert war. Ich dachte dabei auch an die Templer, deren neuer Großmeister van Akkeren werden wollte. Wenn ich mir vorstellte, dass er als Vampir bei ihnen einbrach, bekam ich eine Gänsehaut.
Ich redete mit Suko darüber. Er gab mir Recht und schlug vor, unsere Freunde in Südfrankreich zu warnen.
»Okay, wir werden Godwin gleich anrufen. Um Nolans Leiche sollen sich andere kümmern und dann…«
»Sei mal still, John.«
Ich lauschte ebenso wie Suko. Er hatte etwas gehört, und er hatte sich nicht getäuscht. Es war nicht mehr so still. Wir kannten das Geräusch eines fahrenden Autos genau, und uns war klar, dass es nur der Grusel-Star sein konnte, der da floh…
***
Fliehen oder bleiben?
Vincent van Akkeren, der Grusel-Star und jetzige Vampir, war sich nicht sicher. Nach der Entdeckung der Scheinwerfer hatte er fliehen wollen. Wenig später war es ihm zu unsicher geworden.
Deshalb blieb er in der Dunkelheit stehen und wartete lauernd.
Der fremde Wagen befand sich von seiner Position aus gesehen in einer recht günstigen Entfernung. Er schaute zu, wie er näher kam und erkannte, dass dessen Fahrer recht langsam fuhr. Er schien das Gelände nicht so genau zu kennen.
Van Akkeren wusste selbst nicht genau, wie er sich fühlte. Er war längst nicht mehr derjenige wie noch vor einigen Tagen. Die Kraft des großen Baphomet war aus ihm herausgerissen worden, und er hatte nicht mehr als Mensch durch die Welt gehen können. Er war zu einem hässlichen Wrack geworden und dabei in die Fänge eines anderen Schwarzblüters geraten, der ihn zu einem Vampir gemacht hatte.
Obwohl er eigentlich andere Sorgen hätte haben müssen, weil er den fahrenden Wagen beobachten wollte, dachte er automatisch über sein Schicksal nach. Er würde sich nicht so bewegen können wie sonst. Als er noch zu Baphomet gehörte, war er nicht aufgefallen, da hatte er ausgesehen wie ein normaler Mensch, aber jetzt?
Ein Vampir. Ein Blutsauger. Einer, der hinter Menschen her war, um ihnen den kostbaren Lebenssaft zu nehmen, um selbst weiterhin existieren zu können.
Es war widersinnig. Er hatte es sich nicht gewünscht, doch er konnte es nicht rückgängig machen.
Und genau das ließ ihn beinahe durchdrehen. Die Vorsicht und die Gier hielten sich die Waage. Er wollte in Deckung bleiben und auf keinen Fall etwas überstürzen, denn in seinem Inneren hatte sich eine Warnung ausgebreitet, auch gelenkt durch sein Gehirn. Wer in dieser stockdunklen Nacht durch ein fremdes Gelände fuhr, der tat es nicht
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