1357 - Nach dem Holocaust
Nüsse waren bereits angefault, oder es saßen dicke Maden darin.
Ob die fremden Kartanin noch auf der Lichtung waren?
Aber das spielte keine Rolle, denn sie hatte ohnehin nur geringe Chancen, den Rückweg zu finden. Am Anfang hatte sie geglaubt, daß sie nur ihren eigenen Spuren zu folgen brauchte. Inzwischen wußte sie, daß ihre Fußabdrücke in dem weichen, feuchten Boden schon nach kurzer Zeit nicht mehr zu erkennen waren.
Wenn sie nur wenigstens Wasser finden könnte!
Sie stolperte mühsam dahin, lauschte vergeblich auf das Plätschern eines Baches, fand schließlich einen Tümpel, nicht viel mehr als eine Pfütze, und trank davon, obwohl das Wasser trübe war und einen schlechten Geschmack hatte. Dann taumelte sie weiter, und irgendwann merkte sie, daß sie Fieber hatte.
Es machte ihr nichts mehr aus. Sie bewegte sich weiter, bis die Beine ihr den Dienst versagten. Dann blieb sie einfach liegen, wie sie gefallen war.
Sie dachte an das, was der fremde Kartanin gesagt hatte.
Die Tränen N'jalas waren deflagriert. Die ganze ungeheure Menge von Paratau, die man aus Ardustaar herübergebracht hatte. Das bedeutete, daß San-Mion tot war.
Sue-El-K'yon wußte, daß es für sie an der Zeit war, ihrer Mutter zu folgen.
Sie schloß die Augen. „Ich komme", sagte sie leise.
Aber so leise sie auch sprach - es gab jemanden, der sie hörte. Denn die Gedanken, die diese leisen Worte begleiteten, waren sehr intensiv.
Gucky hatte seine Nachricht nach Sabhal abgesandt und wollte nicht auf eine Antwort warten, die unter den gegebenen Umständen wahrscheinlich sowieso erst viel später eintreffen würde. Also verließ er die Station sofort wieder, und eigentlich wollte er auf der Stelle in die Stadt Hangay zurückkehren. Da erreichte ihn ein Gedankenimpuls, der so intensiv war, daß er entweder von einem starken Telepathen stammen mußte oder aber aus der unmittelbaren Umgebung kam.
Der Ilt wartete und lauschte. Dann teleportierte er ein kleines Stück weiter in den Dschungel hinein. Nach kurzem Suchen fand er das Wesen, dessen Gedanken er rein zufällig aufgefangen hatte.
Es war eine junge Kartanin. Sie sah übel aus, war zerkratzt und zerschunden und glühte vor Fieber.
Gucky teleportierte kurz entschlossen samt der Kartanin in das provisorische Quartier, das die vier Galaktiker in der Stadt Hangay gefunden hatten. Während er sich um die kranke Kartanin kümmerte, empfing er eine telepathische Nachricht von Fellmer Lloyd. Bao at Tarkan hatte diesmal tatsächlich Wort gehalten. Die ersten Transporte waren bereits eingetroffen. „Ich habe im Dschungel eine junge Kartanin getroffen", teilte er dem Telepathen mit. „Sie braucht Hilfe, und zwar dringend. Sie hat hohes Fieber."
Fellmer Lloyd antwortete nicht, aber einen Augenblick später erschienen er und Ras Tschubai mit einem kleinen Kasten, der kartanische Medikamente enthielt. „Du solltest sie in eines der Krankenhäuser bringen", riet Ras Tschubai. „Dort weiß man am besten, was sie braucht."
„Ja", knurrte Gucky. „Und dort wird man zweifellos auch sehr schnell herausfinden, wer sie ist und was sie getan hat."
„Ich verstehe nicht, was du meinst!"
„Ganz einfach. Ich habe euch doch erzählt, daß einer von Baos Leuten getötet wurde."
Fellmer Lloyd sah die junge Kartanin sprachlos an. „Sie hat das getan?" fragte er ungläubig. „So ist es."
„Aber sie ist doch noch fast ein Kind!"
„Ebendrum. Baos Leute dachten, es wäre eine von denen, die den Verstand verloren haben, aber das war ein Irrtum. Sie ist geistig völlig normal. Sie hat einfach nur durchgedreht."
„Ich glaube nicht, daß man sie bestrafen würde."
„Das mag sein. Aber warum ein Risiko eingehen? Ihre Mutter hat im Tränennetz gearbeitet, sie hat keine Verwandte auf Hubei mehr. Wir können sie ohne weiteres für eine Weile hierbehalten."
Eirene war aufgewacht und sah zur Tür herein. Sie überblickte die Lage sofort. „Ich kümmere mich um sie", versprach sie. „Wir werden sie schon aufpäppeln."
Gucky zeigte zufrieden seinen Nagezahn. Es schien, als hätte er aus irgendeinem Grund an dieser blutjungen Kartanin einen Narren gefressen. Vielleicht hing es mit den Gedankenimpulsen zusammen, mit deren Hilfe er sie gefunden hatte. Er selbst sprach nicht darüber.
Als Sue-El-K'yon einige Tage später erwachte, war sie zunächst erstaunt darüber, daß sie noch am Leben war. Sie fühlte sich matt und schwach, aber das Fieber war bereits überwunden, und ihre Wunden heilten
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