136 - Der Panther-Mann
dünn wie Papier. Hast du nichts gehört?«
»Nein, Larry.«
»Vielleicht wolltest du nichts hören. Ich hätte deine Hilfe gebraucht, aber du hattest Schiß.«
»Das darfst du mir nicht unterstellen!« ärgerte sich Bohay. »Ich lasse mir viel von dir sagen, aber nicht, daß ich ein Feigling bin.«
Merrill warf das Messer neben sich auf die Bettdecke. »Ach, vergiß es, Warren. Es war nicht so gemeint.«
***
Sie meldeten den Vorfall weder der Polizei noch der Eisenbahngesellschaft, weil das nach Merrills Ansicht ohnedies zu nichts führte. Der Openga-Mann war längst über alle Berge; ihn zu finden und zur Verantwortung zu ziehen war unmöglich, folglich verzichtete Merrill darauf, noch mehr Unruhe zu stiften.
»Sieh von nun an In den Schrank und unter das Bett, bevor du schlafen gehst«, riet Larry Merrill seinem Freund und Kollegen.
»Ob dieser Mann dich wirklich töten wollte? Vielleicht hatte er nur die Absicht, dich zu verletzen und zu verschleppen.«
»Wir werden nie erfahren, was er wirklich vorhatte. Ich weiß nur eines: Wenn der Hundesohn mir noch einmal unter die Augen kommt, kriegt er sein Messer zurück, und zwar zwischen die Rippen.«
Sie fuhren mit dem offenen, allradgetriebenen Wagen nach Norden. Ihr Ziel war der Fluß, der Great Letaba hieß. Sie sollten das Gebiet dort vermessen.
Jenny Ruga wußte davon. Larry Merrill hatte es ihr gesagt, und sie hatten sich dort verabredet. Im Moment war Merrills Freude auf das schöne, rassige Mädchen zwar noch etwas getrübt, aber bis sie den Fluß erreicht hatten, würde es ihm schon wieder besser gehen.
Zur Zeit steckte ihm der Schock noch in den Gliedern. Deshalb fuhr auch nicht er, wie meistens, den Wagen, sondern er hatte Warren das Steuer überlassen.
Nicht weit von der Straße entfernt stand eine Giraffenfamilie und streckte die langen Hälse. Sie fraßen die Blätter von einem schirmförmigen Baum und ließen sich von dem vorbeifahrenden Auto nicht stören.
»Eigentlich sollten wir Waffen tragen«, sagte Merrill. »Die Zeiten sind unsicher geworden.«
»Ich hasse Waffen. Es passieren viele Unfälle damit.«
»Wenn die Opengas merken, daß du eine Kanone trägst, lassen sie dich bestimmt in Ruhe. Ich habe keine Lust, mich von diesen Fanatikern durch den Wolf drehen zu lassen. Ich werde beantragen, daß man uns ein Schießeisen zur Verfügung stellt. Vermessungsingenieure befinden sich in einer exponierten Lage. Wir sind den Bautrupps immer weit voraus. Zwei Männer, die die Opengas ganz leicht schnappen können. Aber wenn wir wie die Bösen um uns ballern, werden sie sich das zweimal überlegen.«
»Ich hatte einen Freund, der hatte eine Pistole zu Hause. Sein Junge, erst sechzehn, zeigte die Waffe einem Freund. Ein Schuß löste sich, und der Sohn meines Freundes war tot. Seitdem will ich keine Waffe mehr sehen.«
»Wir sind keine sechzehn, und wir haben bei der Armee gelernt, mit Waffen umzugehen.«
»Sie sind mir trotzdem unheimlich, und passieren kann immer was.«
Sie erreichten den Great Letaba, dessen Ufer üppig bewachsen waren. Die beiden Vermessungsingenieure holten ihre Geräte aus dem Wagen und begannen mit der Arbeit.
Sie trugen die Ergebnisse in ihre Spezialkarten ein, machten sich Notizen für den Bericht, der später zu schreiben war. Daß sie bei ihrer Tätigkeit beobachtet wurden, merkten sie nicht.
***
Vladek Rodenskys Telegramm kam mir sehr ungelegen, denn ich wollte die Suche nach Mr. Silver nicht nur ankurbeln, sondern mich auch daran beteiligen.
Roxane verhielt sich noch normal, wie ich von Boram wußte, aber es wäre verfrüht gewesen zu sagen, daß sie garantiert »sauber« war.
Den Hilferuf eines Freundes hatte ich noch nie ignoriert. Wenn Vladek mich in Südafrika brauchte, würde ich mich zu ihm begeben. Viel mehr als das ging aus seinem Telegramm nicht hervor, aber ich konnte mich darauf verlassen, daß er es nicht abgeschickt hätte, wenn die Sache nicht eminent wichtig gewesen wäre.
Meine Freundin Vicky Bonney sagte, sie wäre gern mitgekommen, aber sie hatte einige wichtige Termine wahrzunehmen. Unter anderem sollte sie sich im Rundfunk einem Interview stellen.
»Ich begebe mich ohnedies nicht nach Transvaal, um an einer Fotosafari teilzunehmen«, sagte ich. »Ich weiß zwar nicht, was mich dort erwartet, aber ein leichter Job wird es bestimmt nicht sein, denn den hätte Vladek mit Sicherheit allein erledigt.«
Ich telegrafierte meinem Freund, daß ich so rasch wie möglich kommen würde.
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