1361 - Sheilas Horrorzeit
Saladin dicht vor dem Bau nach links abbog, die scharfe Kurve beim ersten Versuch nahm und durch eine schmale Einfahrt rollte, die in einem schmutzigen Hinterhof führte.
Er hielt an und sagte: »Aussteigen.«
Sheila Conolly schaute ihn nur an.
»Los, steig aus!«
Jetzt stellte sie die Frage. »Und was sollen wir hier?«
»Aussteigen!«
Sie wusste, dass es keinen Sinn machte, sich zu widersetzen. Die Verriegelung war inzwischen gelöst worden. Saladin verließ als Erster den Wagen. Er wartete an der Beifahrertür und sah aus, als hätte er sie am liebsten aus dem Fahrzeug herausgezerrt.
Sheila ging schnell von ihm weg und drehte Saladin den Rücken zu. Sie wollte wissen, wo sie sich befand und schaute sich deshalb in der Umgebung um, die alles andere als freundlich war, denn hier herrschte das triste Grau vor.
Zu einem Haus führte eine Treppe hoch. Begrenzt wurde sie von zwei rostigen Eisengeländern und endete vor einer schmutzigen Tür, die ebenfalls grau war.
Saladin hakte Sheila unter, woraufhin sie sich versteifte und schritt mit ihr die Treppe hoch. Die Tür war geschlossen und sah recht stabil aus.
In der Mauer befanden sich die Rinnen eine Sprechanlage und darunter ein Klingelknopf.
Saladin schellte.
Schnell hörten beide eine kratzige Stimme. »Ja, was ist?«
»Öffnen Sie. Ich bin es. Jerome Miller.«
»Ha, Mr. Miller. Haben sie ihren Wagen gut geparkt?«
»Habe ich.«
»Gut.«
Ein Summer ertönte. Saladin öffnete die Tür und schob Sheila über die Schwelle hinweg in einen düsteren Flur hinein, in dem es nach Fisch roch.
Es war allerdings nicht so dunkel, als dass sie den Weg nicht erkannt hätten. Sie mussten nur geradeaus gehen, um die vordere Seite des Hotels zu erreichen.
Ihr Ziel war eine etwas hellere Stelle. Von dort hörten sie auch ein Husten. Wenig später erreichten sie einen Bereich, der so etwas wie eine Anmeldung oder Rezeption war. Hinter einer schmutzigen Theke saß ein älterer Mann und grinste ihnen entgegen.
Es war ein Typ, der auch auf eine Theaterbühne gepasst hätte. Die graue Strickjacke beulte sich an seinem Rücken zu einem Buckel aus.
Darunter trug der Mann ein schmutziges Hemd. Tee- oder Kaffeeflecken bildeten darauf ein Muster.
Weiße Bartstoppeln wuchsen im Gesicht des Mannes. Die gleiche Farbe besaßen auch die wenigen Haaren, die vom Kopf abstanden, als hätten sie einen Stromstoß erhalten.
Er lachte meckernd. »Da haben Sie ja doch ihr Versprechen gehalten und Ihre Frau mitgebracht, Mr. Miller.« Er ließ seinen Blick über Sheila hinweggleiten. »Scharfes Teil, gratuliere.«
»Gib mir den Schlüssel und halte dich ansonsten geschlossen.«
»Nichts für ungut.«
Saladin bekam den Schlüssel in die Hand gedrückt, der an einem schmalen Brett befestigt war. Auf dem Holz leuchtete in roter Farbe die Zahl fünf.
Sheila spürte den Griff des Hypnotiseurs am Arm und wurde herumgedreht, damit sie auf die Treppe zugehen konnte. Saladin blieb auch auf den Stufen an ihrer Seite und ließ sie nicht los.
Unter ihnen bewegte sich das Holz. Es gab auch ein Geländer, aber es war Sheila zu schmutzig, deshalb fasste sie es nicht an. Der Gang in der ersten Etage lag im Dunkeln, und so musste Saladin das Licht einschalten. Bis zur Zimmertür waren es nicht mehr als drei Schritte, dann schloss der Mann auf.
»Es ist keine Luxusherberge, meine Liebe, aber als Zwischenstation durchaus geeignet.«
Sheila betrat das Zimmer. Sie schaute kaum hin wie es aussah.
»Und was geschieht danach?«, fragte sie.
»Lass dich überraschen.« Er stieß einen Finger in ihren Rücken.
»Setz dich hin.«
Sheila hatte die Wahl zwischen einem Stuhl und einem alten Bett mit einer zerschlissenen Blümchendecke als Auflage. Das Bett wollte sie aus bestimmten Gründen nicht, deshalb setzte sie sich auf den Stuhl, als Saladin die Tür abschloss.
Es wurde still. Sicherlich waren die Wände sehr dünn. Aus dem Nachbarzimmer war trotzdem nichts zu hören. Saladin trat ans Fenster und schaute hinaus. Da er es nicht öffnete, blieb die muffige Luft bestehen, was Sheila inzwischen auch nichts mehr ausmachte.
Aus irgendwelchen Gründen zog Saladin den schmutzigen Vorhang vor die Scheibe und rieb seine Hände wie ein Mensch, der mit dem Erreichten sehr zufrieden war.
Das konnte er auch sein, denn bisher war alles nach seinem Plan gelaufen.
Sheila sah keinen Grund, ihn anzusprechen. Sie beschäftigte sich mehr mit sich selbst. Bei diesen Gedanken keimte diesmal keine Hoffnung auf. Wer
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