1364 - Killer-Engel
Cavallo zusammensitzen. Hin und wieder musste sie mal raus und ihrem Job nachgehen.
Aber keine Scheidungs- und Schnüffelfälle mehr.
Sie schloss auf. Wie immer hatte sie die Vorstellung, dass Lady Sarah sich gleich melden und sie mit neugierigen Fragen überfallen würde. Das traf nicht ein, denn die Horror-Oma lag seit einigen Monaten auf dem Friedhof.
Als sie die Tür wieder zudrückte, hatte sie den Gedanken bereits vergessen. Sie machte Licht und dachte daran, wie still es im Haus war. Das musste allerdings nicht heißen, dass ihre unfreiwillige Mitbewohnerin Justine Cavallo ausgegangen war. Wenn sie sich im Haus aufhielt, war sie oft kaum zu hören oder zu sehen, denn sie hielt sich zumeist in ihrem Zimmer versteckt. Wahrscheinlich brütete sie dann über Pläne nach, wie sie ihr Schicksal anders gestalten konnte.
So prachtvoll das Haus auch gewesen war, so kalt hatte Jane den Wohnraum ihrer Klientin empfunden. Da war keine Wärme gewesen, ein Haus ohne Gefühle, in dem man sich aus ihrer Sicht nur unwohl fühlen konnte.
Den Damen-Burberry hängte Jane an die Garderobe und ging nach oben in die erste Etage, wo ihre Wohnung lag und leider auch die der Vampirin. Auf dem Weg spürte sie das Verlangen nach einer heißen Dusche, das auch damit zusammenhängen konnte, weil dieses Prachthaus sie irgendwie angewidert hatte.
Am Ende der Treppe, im kleinen Flur, musste sich Jane nach rechts wenden, um ihre Wohnung zu erreichen. An der linken Seite wurde eine Tür geöffnet, und auf der Schwelle stand Justine Cavallo. Sie grinste Jane an. Die Augen waren leicht zusammengekniffen.
»Na, wieder da?«
»Das siehst du doch.«
»Klar, du bist ja nicht zu übersehen. Wie war es denn?«
»Prächtig«, erklärte Jane einsilbig.
»Tolle Stimmung bringst du mit.«
Die Detektivin winkte ab. »Bitte, nerv mich nicht. Mir reicht der Tag heute.«
Justine Cavallo lachte leise. »Scheinst keinen großen Erfolg gehabt zu haben.«
Jane hatte keine Lust, mit der Blutsaugerin zu diskutieren. Hinter ihr lag einer dieser Tage, die sie möglichst schnell vergessen wollte.
Einfach ausklingen lassen. Eine Dusche nehmen, sich anschließend ins Zimmer setzen, lesen, vielleicht auch Musik hören oder sich einen Film anschauen. Das war alles, was sie wollte.
Jane bedachte ihre Mitbewohnerin mit einem letzten, leicht abschätzenden Blick, bevor sie ihre Wohnung betrat und dort das Licht einschaltete. Im Gegensatz zur Cavallo lebte Jane nicht in einem dunklen Loch. Anders konnte sie das Zimmer der Vampirin nicht bezeichnen. Das machte Justine nichts aus. Die Detektivin wunderte sich nur darüber, dass die Cavallo noch in einem Bett schlief und nicht in einem Sarg, wie es für Vampire üblich war.
Jane wollte die Tür von innen schließen, als sich das Telefon meldete. Nicht das Handy, was bei ihr äußerst selten war. Sie ging hin, hob ab, beachtete aber nicht mehr die Tür, die nicht von allein ins Schloss fiel.
»Ja, bitte«, sagte sie mit einer Stimme, aus der nicht eben Begeisterung hervorklang.
»Jane?«
Die Detektivin runzelte die Stirn. Eine Frauenstimme hatte sich gemeldet.
Sie schien sich nicht sicher zu sein, ob es tatsächlich Jane Collins war.
»Ja, ich bin es.« Bei der Antwort überlegte sie fieberhaft, wo sie die Stimme schon mal gehört hatte.
»Mein Name ist Purdy Prentiss.«
In diesem Moment fiel es der Detektivin wie Schuppen von den Augen. Natürlich kannte sie die Staatsanwältin. Zumindest dem Namen nach. John Sinclair hatte einige Male von ihr gesprochen, und Jane wusste auch, dass die beiden gut miteinander auskamen.
Auch das Schicksal der Frau war ihr bekannt, und Jane wusste ebenfalls, dass sie vor nicht zu langer Zeit ihren Freund verloren hatte.
»Klar, Purdy. Sorry, dass ich nicht sofort geschaltet habe. Ich weiß natürlich, wer Sie sind.«
»Das ist gut.«
Jane stellte sich so hin, dass sie schräg durch das Fenster schauen konnte. Sie wusste, dass der Anruf wichtig war und ihr Feierabend womöglich in weite Ferne rückte. »Was kann ich für Sie tun, Purdy?«
»Ich denke, ich muss Sie über etwas informieren, dass Sie nicht eben zum Lachen bringt.«
»Hängt es mit John Sinclair zusammen?«
»Ja, das will ich meinen.«
Das unangenehme Gefühl in ihrem Inneren verstärkte sich. »Gut, Purdy, dann reden Sie.«
Was Jane Collins in den nächsten Minuten erfuhr, war nicht dazu angetan, ihre Laune anzuheben. Sie konzentrierte sich auf den Bericht, und sie vergaß dabei die Umgebung. Deshalb sah
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