1365 - Belials Lügenwelt
können, stattdessen aber entstand ein Bild, auf das die Frauen stumm schauten. Sie hatten den Jungen eingerahmt, der sich nicht um sie kümmerte und weiter genau das tat, was man ihm befahl. Er war voll konzentriert. Die Umgebung hatte er vergessen. Es glitt nur ab und zu ein stilles Lächeln über sein Gesicht.
Killerengel zeichnete er – und Belial, der wie ein großer Götze über allem schwebte. Seine Fratze war deutlich zu erkennen, und natürlich auch die Körper der Engel.
Sie befanden sich in Bewegung.
Sie hatten Ziele.
Zwei Menschen.
John und Suko!
Aus der Höhe jagten sie auf die beiden Männer zu, und alles sah nach einem Frontalangriff aus. Dass sie ihr Ziel nicht verfehlen würden, stand fest, aber was passierte dann?
Zwei Engel waren verflucht nahe. Der Junge wollte sie noch genauer zeichnen. Dazu kam er nicht mehr. Plötzlich schüttelt es ihn durch, er schrie auf, und packte seinen Kugelschreiber fester. Er legte eine Faust um ihn und zog die wütenden Striche diagonal über das Zeichenpapier. Er wollte seine Zeichnung nicht mehr und feuerte den Schreiber quer durch das Zimmer, bevor er sich tief in die Couch hineinlehnte und seinen Rücken gegen die Polsterung drückte.
»Ist es vorbei?«, flüsterte Purdy Prentiss erschreckt.
»Für Bruce schon.«
»Und für John und Suko?«
»Such die Antwort selbst«, flüsterte die Detektivin mit kaum hörbarer Stimme. »Ich weiß es nicht…«
***
Es gab keine Stelle, wo wir Rückdeckung gehabt hätten. Wir standen mitten im freien Raum und sahen uns den Angriffen der Killerengel ausgesetzt.
Sie waren schnell, so verdammt schnell. Es gab keine Chance, um ihnen auszuweichen.
Auf dem Balkon hatten wir sie bereits erlebt, und auch jetzt zog Suko seine Peitsche. Sie steckte noch immer ausgefahren in seinem Gürtel, was schon mal ein kleiner Vorteil war. Wie er gegen die Angreifer kämpfte, sah ich nicht, denn ich musste mich auch gegen sie zur Wehr setzen. Gleich von vier Seiten attackierten sie mich. Ich sah die bleichen, bösen Gesichter mit den großen Augen, und duckte mich blitzschnell.
Mit meiner schnellen Reaktion hatten sie nicht gerechnet, und sie schossen dicht über meinen Kopf hinweg. Bestimmt prallten sie noch zusammen, nur das hörte ich nicht, denn ich rollte mich über den Boden und geriet in eine Rückenlage, was ich wollte.
Zweimal feuerte ich, und beide geweihten Silberkugeln fanden ihre Ziele.
Über mir tanzten plötzlich Blitze, die aus dem Nichts gekommen zu sein schienen. Es traf nicht zu, denn ihren Ursprung hatten sie im Körper der Killerengel.
Das geweihte Silber war kräftig genug, um sie noch in der Luft zu zerstören.
Erst die Blitze, danach das Glühen, das wie ein zerstörendes Licht wirkte, dann gab es sie nicht mehr.
Kein Grund zur Freude, denn ich hatte nur erst zwei erwischt. Die anderen waren noch da.
Ich hörte ihre schrillen Schreie in meinen Ohren widerhallen. Sie waren nicht mal besonders laut, doch in der Masse störten sie mich schon. Im Kopf tobten die Echos. Oder in den Ohren?
Genau ließ sich das nicht feststellen. Es war nebensächlich, denn die Killerengel wollten mich. Sie kamen, sie stießen herab, aber sie drehten über meinem Körper einen blitzschnellen Kreis. Er war so dicht, dass es keine Lücken dazwischen gab.
Noch mal schießen?
Ja, ich hätte sie erwischt, aber ich dachte auch daran, dass meine Munition begrenzt war, und deshalb versuchte ich es auf eine andere Art und Weise.
Nach außen hing das Kreuz. Ob es sich bereits von selbst aktiviert hatte und einen entsprechenden Schein abgab, das wusste ich nicht.
Es war möglich, aber ich wollte es anders haben.
Keinen ›einfachen‹ Kampf mehr.
Volle Gegenwehr!
Dazu brauchte ich das Kreuz!
Was für Menschen auf der einen Seite so harmlos und ehrfurchtsvoll aussah, war in der Wirklichkeit etwas ganz anderes. Es konnte sich zu einem Tötungsinstrument entwickeln. Es ließ den schwarzmagischen Kräften keine Chance mehr, wenn es aktiviert wurde.
Es war jetzt die einzige Rettungsmöglichkeit.
Nicht nur allein für mich, sondern auch für meinen Freund Suko, der zwar in dieser Welt kämpfte, sich aber trotzdem in einer anderen Dimension befand.
Sie flogen wieder herum, seit ihre Artgenossen verglüht waren.
Wie flinke und geschmeidige Tänzer glitten sie vor meinen Augen in die Höhe, als wollten sie eine Figur bilden.
Ihre bösen Kreidegesichter starrten auf mich nieder. In den offenen Mäulern malten sich die Zähne ab, und
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