1368 - Glendas Feuertaufe
nachdenken, obwohl mir etwas in den Sinn gekommen ist.«
»Und was, bitte?«
»Ich dachte an Kara und Myxin. Sie schaffen es auch. Sie haben die Kräfte ebenfalls. Wie auch Assunga, die Schattenhexe. Aber sie sind in der Lage, sie zu lenken. Das kann ich nicht. Es kam plötzlich über mich, und ich konnte mich nicht dagegen wehren.«
»Du bist demnach gereist.«
»Ja.«
»Ist dir dabei etwas aufgefallen? Okay, du wirst kein Zeitgefühl gehabt haben, aber ich kann mir denken, dass du auf dieser kurzen Strecke gewisse Eindrücke aufgenommen hast. Ist das in etwa so gewesen?«
»Das kann ich nicht sagen.«
»Denk bitte nach.«
Glenda umspielte mit der Spitze des Zeigefingers ihren Mund. »Es war alles so seltsam. Ich sah, wie die Wände zusammensackten, und dann muss ich wohl transportiert worden sein oder habe mich einfach aufgelöst. Versteht ihr?«
Suko nickte, ich ebenfalls. Wir beiden hatten dies schon oft erlebt, auch über Dimensionen hinweg. Wir waren dann in andere Reiche gelangt, die längst versunken waren. Trips in die Vergangenheit, aber nicht in die Zukunft, was vielleicht auch nicht gut wäre.
»Mit den Toten habe ich reden sollen«, flüsterte Glenda.
»Hast du das denn können auf deiner kurzen Strecke?«, fragte Suko sie.
Sie atmete schwer und hob die Schultern. »Ich denke nicht. Mir ist nichts in Erinnerung. Tut mir echt Leid. Ich würde euch gern helfen. Ich habe auf dem Weg keinen Toten gesehen und auch keinen gehört. Keine Stimme oder so.«
»Schmerzen, als du dich aufgelöst hast?«
»Nein.«
Suko hob die Arme. »Dann weiß ich auch nicht mehr weiter. Jedenfalls schaffst du das, nach dem sich viele Menschen sehnen und was sie sich wünschen.«
»Ich aber nicht.« Sie fasste nach meiner Hand. »Bitte, John, ich wünschte mir, wieder normal zu sein.«
»Das kann ich verstehen.«
»Und wie schaffe ich das?«
»Das weiß ich nicht, Glenda. Ich würde dir so verdammt gern helfen, aber es geht nicht. Wahrscheinlich ist das nur möglich, wenn wir diesen Dr. Newton in unsere Gewalt bekommen und nebenbei auch noch den verdammten Hypnotiseur.«
Wenn ich an ihn dachte, bekam ich Hass. Ich musste zugeben, dass er uns schon einige Male reingelegt hatte, und er fand immer wieder eine Möglichkeit, etwas Neues in Gang zu bringen. Wie jetzt mit diesem verdammten Serum.
»Ich weiß nicht, wo sich beide aufhalten«, flüsterte Glenda. »Ich weiß überhaupt nichts mehr. Vor einigen Stunden habe ich noch im Büro gesessen und war völlig normal, doch jetzt hat sich mein Leben radikal auf den Kopf gestellt.« Sie ließ sich zurückfallen und schaute gegen die Decke. Tränen schimmerten in ihren Augen.
Jeder von uns konnte nachfühlen, was sie durchlitt, aber keiner würde ihr helfen können. Nicht zu diesem Zeitpunkt.
Ich sah nicht nur Negatives, sondern auch einen positiven Punkt.
Glenda war zwar durch das teuflische Serum verändert worden, aber es hatte ihre Normalität nicht auf den Kopf gestellt. Sie war noch immer in der Lage, so zu handeln, wie sie es auch normal getan hatte. Sie würde sich jetzt auch ins Büro setzen können, um ihrem Job nachzugehen, und das war schon ein Vorteil.
Bis sich eben die verdammte Wirkung wieder bemerkbar machte.
Willkürlich oder gelenkt?
Auch diese Frage beschäftigte mich, wobei ich leider keine Antwort geben konnte.
Ich blickte meine Freunde an. Shao und Suko standen nebeneinander und schauten ins Leere. Auch ihnen war die Depression anzusehen.
Was konnten wir für Glenda tun?
Nichts, wenn wir ehrlich waren. Wir mussten warten und hoffen, dass der Vorgang sich wiederholte.
Glenda löschte ihren Durst mit einer Mischung aus Wasser und Saft.
»Was tue ich denn nun?«, fragte sie mit einer Stimme, in der die Verlorenheit mitklang.
Ich musste einfach zu ihr und sie in den Arm nehmen. Meinen Platz fand ich auf der Sessellehne und hoffte, dass meine Nähe ihr gut tat, was sie dann auch zugab, als sie sich fest an mich gedrückt hatte.
»Ich bin ja so froh, dass du bei mir bist, John.«
»Wir lassen dich auch nicht im Stich.«
»Saladin ist ein Satan.«
»Ich weiß.«
»Er war so widerlich. Gegen ihn ist dieser Newton harmlos. Er tut immer so, als wäre ihm das alles gar nicht recht. Manchmal hat sein Gesicht sogar einen gequälten Ausdruck gezeigt, doch ich glaube, dass dies alles nur reine Täuschung war.«
»Das ist möglich. Saladin findet immer den richtigen Partner, Aber ich schwöre dir, Glenda, auch seine Zeit dauert nicht ewig.
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