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137 - Der trojanische Barbar

137 - Der trojanische Barbar

Titel: 137 - Der trojanische Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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bequem machen.« Er sah sich um, sondierte das Gelände. »Ein kleines Feuerchen dort drüben, ein wenig Milch für dich und ein anständiges Wisaau-Steak für den alten Rulfan – und schon sieht die Welt ein Stückchen freundlicher aus.«
    Hatte der We’pe eine realistische Chance?
    Kaum.
    Aber er würde sein Bestes geben…
    ***
    Diese so genannten Neokonservativen unter den Bunker-Autoritäten würden sich am liebsten erneut in der Erde eingraben, alle Tore hinter sich schließen, den Schlüssel wegschmeißen und die Welt Welt sein lassen. Anders sind die markigen Worte von »Seven« Duncan und Grimes nicht zu interpretieren, mit denen sie Stimmung für einen Rückzug aus der Allianz machen wollen.
    Ihr Rückhalt in der Bevölkerung ist allerdings nicht besonders groß. Die Technos kämpfen tagtäglich darum, diese große, endlos weite Welt an der Oberfläche als die wahre anzusehen, und es scheint ihnen immer besser zu gelingen.
    Auch wenn es Rückschläge gibt…
    Aber die Macht in Salisbury liegt nun mal in den Händen einiger Weniger. In den Händen von vertrockneten und inflexiblen Greisen, deren Wort Gesetz ist.
    Die alles entscheidende Wahl für einen Nachfolger von Russ St. Neven findet übermorgen statt. Wenn die Wahl so ausgeht, wie ich es befürchte, kommen schlimme Zeiten auf Salisbury zu.
    (Aus den handschriftlichen Aufzeichnungen von Eve Neuf-Deville)
     
    10. Entscheidung und Heimkehr
    Die Erinnerungen endeten.
    Rulfan erwachte, völlig zerschlagen und gehörig müde. Und dennoch war etwas Neues in ihm. Etwas, das ihn im Magen kitzelte, ihn unruhig machte und rasch aus den steifen Fellen trieb.
    Ein hungriges Winseln ertönte.
    »Guten Morgen, meine Kleine!«, sagte der Albino, Er zog den We’pen aus dem Fellsack, in den er kaum mehr hinein passte. In den vergangenen sieben Tagen war der Baby-Lupa über alle Maße gewachsen und kräftig geworden, reichte ihm heute weit über die Handfläche hinaus. »Die Fleischkur schlägt ordentlich an, wie ich sehe.«
    Rulfan nahm ein Stück Dörrfleisch, zerkaute es und stopfte es dem Tier ins Maul. »Du bist ein Wunderkind, wusstest du das? Noch vor ein paar Tagen hätte ich keinen Bax darauf gesetzt, dass du deine Mutter lange überlebst. Und jetzt sitzt du da, rund wie eine Speckmade und bereit, die Welt zu erobern.«
    Der We’pe verlangte knurrend nach mehr Nahrung, und Rulfan gab sie ihm. »Es ist an der Zeit, dir einen Namen zu geben. Was hältst du von… nein, Wulf wäre keine gute Idee. Zu viele Erinnerungen…«
    Rulfan begann mit langen Schritten das Lager zu umrunden, überlegend, den We’pen in der Hand. »Also gut. Es gibt ein altes gälisches Wort für ›Wolf‹, das auf Irland nach wie vor verwendet wird. Was hältst du von Chira?«
    Der We’pe schien ihn anzusehen und quietschte kurz.
    »Das nehme ich mal als Einverständnis. Dann wollen wir das Frühstück fortsetzen, Chira.«
    Er ließ das kleine Tier zu Boden, das mit allen Instinkten eines Jägers beschlagen war und sofort interessiert zu schnüffeln begann. Da und dort schärfte es die noch weichen Krallen, erkundete fremdartige Gerüche, leckte interessiert über eine Ameise, die über den Waldboden marschierte, befand sie für nicht besonders schmackhaft und kehrte schließlich zu Rulfan zurück, um sich weiter füttern zu lassen.
    »Weißt du«, sagte Rulfan nachdenklich, »ich hatte, als ich heute aufwachte, einen Geistesblitz. Ich habe mich daran erinnert, wie ich dich gefunden habe, unter dem Bauch deiner sterbenden Mutter.« Er streichelte dem Lupa-Baby sanft über den Rücken. »Die Wahrheit ist: Im Grunde habe nicht ich dich gefunden, sondern du mich! Das traf mich wie ein Schock. Denn es bedeutet viel mehr. Meine Mutter sagte einmal: ›Nicht du bist es, der die Regeln aufstellt. Es ist das Schicksal, das dich führt. Entweder versuchst du dich darüber hinweg zu setzen und selbst Schicksal zu spielen, dann wirst du scheitern. Oder du akzeptierst das Leben so, wie es kommt.‹ Und auf einmal erkannte ich den Grund für meine Sturheit. Die wirren Gedanken, die ich angehäuft hatte, meine Ängste… Schuld an all dem war mein verdammter Stolz! Die Jahre unter machtgierigen und psychotischen Menschen.«
    Rulfan seufzte. »Ich glaubte unverwundbar zu sein und über alles selbst bestimmen zu können. Bis mir die Daa’murin ihren Willen aufzwang. Deswegen der Schock. Deswegen die Flucht.« Er schüttelte den Kopf. »Ich wollte die Verantwortung für meine Taten auf andere

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