1377 - Der rote Hauri
hin.
Shallun begleitete ihn zurück ins Schulungszentrum. Rhodan erreichte sein Quartier noch vor dem Wecksignal, doch es lohnte sich nicht mehr, für die paar Minuten einzuschlafen. Innerlich wie ausgeleert hockte Rhodan auf seinem Bett und starrte gegen die kahle Wand.
Nun überstürzten sich die Ereignisse. Rhodan ließ soeben eine wenig interessante Schulung zum Thema Hochfrequenzschaltkreise über sich ergehen, ein Thema, worüber er bestens Bescheid wußte. Plötzlich meldete sich sein Pikosyn über den Mikrolautsprecher an Rhodans Ohr: „Ich habe eine interessante Ortung, Perry."
Der Mann schaute sich um und stellte fest, daß niemand ihn beobachtete. „Einzelheiten", verlangte er mit kaum hörbarer Stimme. „Natürlich ist die Ortung weder präzise noch besonders weitreichend, meine technischen Einrichtungen sind nun mal beschränkt. Aber mir scheint, daß die Benguel und Juatafu jetzt eintreffen."
„Woraus schließt du das?"
„Ungefähr in der siebzehnten Planetenbahn tauchen Objekte aus dem Linearraum. Ich habe keine verläßlichen Werte; trotzdem meine ich, daß es Einheiten der Juatafu und Benguel sind, derzeit insgesamt zweitausend, Tendenz steigend.
Ah, warte... Es gibt eine Bestätigung. Ein sehr großes Objekt ist in viele Einzelobjekte zerfallen."
„Das waren Benguel", mutmaßte Rhodan. „Auf dem Weg vom Anklam-System hierher haben sie vielleicht eines ihrer Raumschiff-Konglomerate gebildet."
„Genau das. Wir haben jetzt fast dreitausend Einheiten."
Rhodan entschied, ein paar Minuten weiter dem Unterricht zu folgen. Er beantwortete eine Frage, die der haurische Dozent an ihn richtete, zufriedenstellend und fragte den Pikosyn: „Wie sieht es aus? Ein endgültiges Ergebnis?"
„4355 Einheiten, plus minus drei Prozent Ortungsfehler, zur Hälfte Juatafu, zur Hälfte Benguel. Sie bewegen sich auf Eperum zu ... Moment! Etwas mehr als zweitausend sind jetzt wieder in den Linearraum gegangen und tauchen überall im Ushallu-System verstreut auf."
Wesentlich zufriedener ließ Rhodan nun den weiteren Unterricht über sich ergehen. Von nun an hatte er Spielraum zum Manövrieren. Sollte er in akute Lebensgefahr geraten, konnte er die Imagosucher gewiß bewegen, zu Hilfe zu kommen.
Denn er war ja Imago, was immer der Ausdruck den Benguel und Juatafu tatsächlich bedeuten mochte. Hatte er seinen „Rattenschwanz", der ihm überallhin zu folgen suchte, bislang ausschließlich verdamrnt, so war er nun um dessen Existenz regelrecht froh.
Ein paar Tage würde der Terraner noch abwarten. Vielleicht ergab der Unterricht neue Erkenntnisse. Dann aber, so spürte er, galt es zu handeln.
6.
Rhodan versuchte alles, doch es gelang nicht, aus dem bewußt fragmentarisch angelegten Unterricht ein vollständiges Bild zu erstellen. Er konnte nicht einmal sicher sein, daß man ihn und die übrigen Schüler nach abgeschlossener Ausbildung auf Cheobad hatte zum Einsatz bringen wollen. Im Gegenteil, einiges sprach sogar dagegen. Aber es mußte sich um eine ähnliche Anlage handeln, die irgendwo erbaut wurde oder schon in Betrieb gegangen war, eine Großanlage.
Welchen Sinn machte eine zweite Materiewippe? Oder irrte er? Sollte es doch nach Cheobad gehen?
Am Ende des zweiten Tages nach Ankunft der Imagosucher war sich der Terraner noch immer nicht im klaren. Ihm fehlte die Konversation mit Beodu und Nai-Leng, weil er beiden gegenüber auf jedes Wort achten mußte. Hätte er nur Gesil oder wenigstens LEDA in greifbarer Nähe gewußt ... Aber Gesil war im Standarduniversum zurückgeblieben, während er LEDAS Aufenthalt nicht einmal erahnte.
Die letzte Veranstaltung hatte religiöse Unterweisung zum Thema.
Und nun geschah doch noch', wovor sich Rhodan bereits sicher gewähnt hatte. Er saß wie gewöhnlich in der letzten Reihe, direkt neben ihm Nai-Leng und der kleine Attavenno. Die provisorische Paralysewaffe in Form eines Abstrahlrohrs in der Handfläche und seines Energie-Paks, das per Multicore-Kabel damit verbunden war, lag bereit. Von der Seite schickten die beiden Freunde immer wieder mißtrauische, gleichzeitig mahnende Blicke herüber. Rhodan kümmerte sich nicht darum.
Narmon ald Tiil betrat den großen Schulungsraum etwas unpünktlich. „Unser Thema", sprach er mit lauter Stimme, „soll heute das Lied des Zweiten Tages sein. Am Zweiten Tag wird es keine Sterne und keine Stätten mehr geben, und alles Gestalthafte wird vereinigt sein zu einem Nebel von ungeheurer Dichte, voll glühenden
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