138 - Der schwarze Druide
war doch gleich ihr Name gewesen? Ach ja, Anne Weaver. Eine alte, kranke, verbrauchte Frau, aber Dr. Curwick vertrat die Ansicht, daß man ihr Leben noch um ein paar Jahre verlängern konnte.
War das immer noch möglich? Shanna biß sich auf die Unterlippe. Sie wollte nicht daran schuld sein, daß Anne Weaver etwas passierte.
Der Chefarzt würde sie hinauswerfen und dafür sorgen, daß sie anderswo nicht unterkam, denn eine Krankenschwester, die ihren Dienst vernachlässigte, durfte nicht auf Patienten losgelassen werden, die hatte ihren Beruf verfehlt.
Schwester Shanna stieß die Tür zu Anne Weavers Krankenzimmer auf, und im nächsten Moment traf sie beinahe der Schlag.
»O mein Gott!« stieß sie entsetzt hervor.
Das Zimmer war schrecklich verwüstet. Fassungslos blickte Schwester Shanna auf das Chaos. Das Kopfkissen war aufgeschlitzt, das Laken zerfetzt, das Bett umgeworfen, die teuren, hochempfindlichen Geräte demoliert…
Wie konnte eine todkranke Frau solche Kräfte entwickeln? Und wo war Anne Weaver jetzt?
Hinter Schwester Shanna bewegte sich ganz langsam die Tür, und die neue Anne Weaver kam zum Vorschein! Noch sah Shanna sie nicht, denn sie kehrte ihr den Rücken zu.
Immer weiter bewegte sich die Tür zur Seite, und als sie ins Schloß fiel, fuhr Schwester Shanna erschrocken herum.
Ihre Augen weiteten sich, als sie die Frau erblickte. Es war nur noch eine entfernte Ähnlichkeit mit Anne Weaver vorhanden. Dennoch erkannte Schwester Shanna, daß sie die Patienten vor sich hatte.
Sie konnte sich Anne Weavers Veränderung nicht erklären. Die Frau war jünger, kräftiger und häßlicher geworden. Ihre dünnen Lippen vermochten die riesigen Zähne nicht mehr zu verdecken, und die Haut der Patientin glänzte grünlich.
Schwester Shanna begriff, daß sie unverzüglich den Chefarzt benachrichtigen mußte. Irgend etwas war schiefgelaufen.
Nur Dr. Curwick konnte wissen, was.
Aber würde Anne Weaver sie rauslassen? Die Patientin schien den Verstand verloren zu haben. Schwester Shanna glaubte in den Augen der Frau den Wahnsinn glitzern zu sehen.
Anne Weaver grinste diabolisch. Shanna lief es eiskalt über den Rücken. Zum erstenmal hatte sie vor einer Patientin Angst. Sie machte einen zaghaften Schritt auf die Tür zu, neben der die zum Monster gewordene Frau stand.
Anne Weaver schob sich langsam vor die Tür. Sie sagte kein Wort, aber Schwester Shanna glaubte zu wissen, daß die Frau sie nicht aus dem Zimmer lassen würde.
Sie ist verrückt! dachte Shanna aufgewühlt. Sie will zerstören, vernichten. Vielleicht auch mich!
»Bitte treten Sie zur Seite, Mrs. Weaver!« sagte Schwester Shanna krächzend.
Anne Weaver blieb, wo sie war. Ihre Krallen kratzten über die Tür. Das schrille, unangenehme Geräusch ließ Shannas Blut gerinnen.
»Bitte, Mrs. Weaver«, sagte die Krankenschwester eindringlich. »Lassen Sie mich hinaus! Ich muß den Chefarzt verständigen! Sie brauchen Hilfe!«
»Es geht mir gut!« erwiderte die gefährliche Furie rauh.
»Warum haben Sie hier alles kaputtgeschlagen?«
»Ich hasse diese Geräte. Sie helfen, menschliches Leben zu erhalten. Warum gibt es keine Geräte, die Leben vernichten?«
Shannas Herz krampfte sich zusammen. Ich muß raus! sagte sie sich. Und zwar schnell, sonst tut sie mir noch etwas an! Wenn ich energisch auftrete, gelingt es mir vielleicht, sie zu irritieren oder gar einzuschüchtern.
Sie gab sich einen Ruck, setzte einen strengen, entschlossenen Blick auf. »Weg da!« sagte sie energisch, trat einen raschen Schritt vor und wollte die Tür öffnen.
Da packte Anne Weaver zu…
Kurz darauf verließ eine Krankenschwester das Zimmer, aber es war nicht Shanna - die lag nackt und bewußtlos auf dem Boden.
***
Ein Taxi brachte mich nach Caldymull zurück. Joe Dickinsons Sierra stand noch vor dem Weaverschen Haus. Von einem Nachbarn erfuhr ich, daß die Freiwillige Feuerwehr den Brand gelöscht hatte.
Der Brandgeruch lag noch in der Luft. Ich stieg in Dickinsons Wagen und fuhr zum Gasthaus, wo ich Metal traf. Er saß an einem Tisch beim Fenster.
Ich setzte mich zu ihm. Abel Dickinson erschien. »Da sind Sie ja wieder, Mr. Ballard. Mein Sohn und ich, wir befürchteten… Geht es Ihnen gut?«
»Ich bin okay«, antwortete ich.
»Als wir von dem Feuer hörten, das in Anne Weavers Haus ausbrach… Wie kam es überhaupt dazu?«
Ich hob die Schultern. »Keine Ahnung, Mr. Dickinson.«
»Als wir hörten, daß man Sie und Mrs. Weaver nach Eldonglass ins St.
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