1380 - Blonder Satan Cynthia
Ausschnitt einer Landkarte. Da war auch ein Punkt, der grün flimmerte und nicht mehr wanderte.
»Ha, sie ist schon am Ziel.«
»Dann los!«
***
Die Diebin bewegte sich nicht von der Stelle. Es gibt Momente im Leben eines Menschen, da glaubt man, einfach nur zu träumen.
Aber so dachte die Frau nicht. Sie träumte nicht, denn was sie hier sah, das war echt. Da hockten zwei nackte Personen auf der Matratze, die sie sogar anfassen konnte, sich aber nicht traute, dies zu tun, weil der Schock sie noch immer lähmte.
Beide saßen im Yogasitz auf dem Bett. Und beide sahen nicht mal gefährlich aus, sodass man vor ihnen hätte Angst haben müssen. Die Frau war recht hübsch. Sie besaß lange, dunkle und auch lockige Haare, die sich wie ein gekräuselter Vorhang auf ihren Schultern verteilten und das runde Gesicht möglicherweise noch kleiner aussehen ließen, als es in der Wirklichkeit war. Ein herzförmiger Mund mit naturroten Lippen, dunkle Augen und volle Wangen.
Ein nicht zu dicker Körper mit schmaler Taille und kleinen, festen Brüsten. Den rechten Arm hatte sie halb erhoben. Die Finger der Hand umschlossen den Stiel eines Champagnerglases, das noch zu einem Drittel gefüllt war.
Neben ihr saß der Mann. Kräftig und mit einer dunkleren Haut, als hätte er lange in der Sonne gebadet. Die Blicke seiner Augen waren stechend, der Mund breit, die Lippen aber schmal, und an den Wangen bildete der Bart Schatten. Die nackte Brust wurde zum Teil durch einen dunklen Haarpelz verdeckt, und an den Armen zeichneten sich unter der Haut kräftige Muskeln und Adern ab.
Besonders auffallend war seine breite Stirn, an deren Seite kleine Beulen zu sehen waren, als befände sich etwas dahinter, das sich irgendwann befreien wollte.
Auch er hielt ein Glas in der Hand, in dem der Champagner leicht perlte.
Beide sagten nichts. Sie schauten die Diebin an und lächelte nur.
Sekunden verstrichen. Allmählich kam Cynthia wieder zu sich. Das schnelle Schlagen des Herzens hatte sich beruhigt, aber so richtig in der Reihe sah sich Cynthia noch nicht.
Sie fragte sich, ob mit ihr noch alles in Ordnung war. Warum hatte sie die beiden nicht vorher auf dem Bett sitzen sehen? Es war ihr ja gelungen, durch den dunklen Vorhang zu schauen, und da war das Bett wirklich leer gewesen, doch es gab dieses nackte Paar.
Der Mann und die Frau waren keine Fata Morgana und keine Einbildung. Sie hätte zugreifen und sie anfassen können, das allerdings traute sie sich noch immer nicht.
Deshalb blieb sie erst mal stehen und wartete darauf, dass die andere Seite etwas sagte.
»Was wolltest du hier?«, fragte die Frau.
»Mal schauen.«
»Einbrechen?«
Cynthia hob die Schultern. Diese Geste konnte im Prinzip alles mögliche bedeuten.
»Ja, sie wollte einbrechen«, sagte er Mann. »Sie hat bestimmt geglaubt, dass in einem so tollen Haus auch viel zu holen ist, aber da hat sie sich geirrt. Es gibt hier nicht viel. Kein Geld, keine Wertgegenstände, keinen Schmuck, einfach nichts, das wir abgeben würden. Du hast den Weg umsonst gemacht.«
»Ja, das sehe ich auch.«
»Gut.«
»Dann kann ich ja wieder gehen.«
Das Paar schaute sich an. Der Mann runzelte die Stirn, dann schüttelten beide wie auf ein geheimes Zeichen hin die Köpfe.
»Nein«, sagte die Frau. »Das möchten wir nicht. Das können wir nicht zulassen.«
»Und warum nicht?«
Sie lächelte. »Das ist ganz einfach. Wir empfangen gern Besuch.«
»Du hast uns gehört?«, fragte der Mann.
»Ihr seid nicht zu überhören gewesen.«
»Dann weißt du auch, dass du uns gefällst. Ja, als Mensch, als Frau. So etwas mögen wir.«
»Aber ich nicht.«
»Sei nicht so abweisend«, beschwerte sich der Mann, um gleich darauf eine nächste Frage zu stellen. »Wie heißt du?«
Erst wollte Cynthia ihren Namen nicht nennen, dann aber dachte sie daran, dass es besser für den Frieden war, wenn sie sich nicht weigerte, und so flüsterte sie: »Cynthia Black.«
Beide bekamen offene Münder, beide staunten, und beide sprachen davon, dass es ein wunderschöner Name war.
»Schöner als meiner«, sagte die Frau.
»Das stimmt.«
»Willst du wissen, wie ich heiße?«
»Nicht unbedingt«, sagte Cynthia.
»Ich heiße Norma. Wie die Frau aus der Oper. Wer weiß, vielleicht bin auch ich die Tochter eines Druiden.« Sie lächelte sehr geheimnisvoll, und ihre Augen fingen an zu strahlen.
»Ein Druide? Was ist das?«
»Hör auf, Norma. Sie weiß es nicht. Sie kennt sich nicht aus, was eigentlich schade
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